Generation Kämpfer Jetzt erst recht!

05. Januar 2016, 09:33 Uhr

Simona Pöse (Jahrgang 1963) war vor der Wende Kindergärtnerin in Erfurt. Nach 1990 war ihre Ausbildung nichts mehr wert. Doch sie ließ sich nicht unterkriegen. Heute leitet sie eine Montessori-Schule in Westdeutschland.

Nach 1990 lehnen Westdeutsche Ost-Kitas als ideologisch vorbelastete Erziehungsanstalten ab. Zudem sinkt nach der Wende auch noch die Geburtenrate im Osten, viele Kindergärtnerinnen werden arbeitslos. Die Erfurter Kindergärtnerin Simona Pöse (Jahrgang 1963) geht in den Westen, wo Erzieherinnen fehlen. Für die Leiterin einer Kindertagesstätte in Wiesbaden ist Pöses DDR-Herkunft kein Makel. Die Begeisterungsfähigkeit der jungen Frau gefällt ihr. Doch im Westen ist alles anders als früher im DDR-Kindergarten. Die gewohnten Regeln gelten nicht mehr, das beginnt schon bei der Begrüßung. "In Erfurt war es völlig normal, den Mitarbeitern die Hand zu geben. Im Westen kommt man in den Raum und sagt Hallo." Damals begann Simona Pöse, sich als Ausländerin im eigenen Land zu fühlen.

Ich habe mir manchmal gewünscht, eine andere Sprache zu sprechen oder meinetwegen dunkler auszusehen, damit man wenigstens sieht: Ich gehöre hier eigentlich nicht hin. Ich bin hier nur Gast.

Simona Pöse

Die DDR-Ausbildung von Lehrern und Erziehern wird im Westen nur selten anerkannt. Für viele heißt das: Nochmal auf die Schulbank und von vorn anfangen. Auch für Simona Pöse: "Ich hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung und ein abgeschlossenes Universitätsstudium. Und dann saß ich wieder als kleine Schülerin in der Bank. Das waren die Momente, in denen mir die unterschiedliche Behandlung von Ossis und Wessis am stärksten bewusst wurde."

Doch Simona Pöse lässt sich nicht unterkriegen. "Jetzt erst recht!", lautet ihre Devise. Sie glaubt fest an sich und macht Karriere: Sie wird im Westen Leiterin einer Montessori-Schule in Heidesheim bei Mainz. Dass sie sich rundum glücklich fühlt, verdankt sie auch ihrer Tochter Anka, die studiert und auch Lehrerin werden will. Simona Pöses neuer Traum ist ein Montessori-Jugenddorf als Lebensgemeinschaft mit Kindern aller Altersstufen.