Türkische Doppelmoral?

21. März 2017, 10:44 Uhr

Die türkische Regierung fordert von Deutschland und anderen EU-Staaten, Wahlkampfauftritte ihrer Politiker zuzulassen. Einigen bulgarischen Politikern verbietet sie allerdings Wahlkampfauftritte in der Türkei.

Seit einigen Wochen schwelt ein Streit zwischen Deutschland und der Türkei über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in deutschen Städten. Die Türkei fordert, dass türkische Politiker Wahlkampfauftritte in Deutschland absolvieren dürfen. Dafür habe der deutsche Staat auch Sorge zu tragen.

Nun scheint es Belege dafür zu geben, dass die für türkische Politiker in Deutschland (und anderen EU-Staaten) eingeforderten Auftrittsrechte bei Wahlkämpfen nicht in gleicher Weise bulgarischen Politikern in der Türkei gewährt werden. Dies jedenfalls legt eine Äußerung des Sprechers des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, auf der Bundespressekonferenz am 15. März 2017 nahe. Schäfer sagte: "Es gibt Staaten, die nicht so großzügig sind wie wir. Ich will Ihnen ein Beispiel dafür nennen. Es gibt in der Türkei eine kleine, aber relativ große Minderheit bulgarischer Staatsangehöriger, die seit Langem in der Türkei leben. In Bulgarien werden Ende des Monats Parlamentswahlen stattfinden. Wir haben doch mit einiger Verwunderung gesehen, dass die Großzügigkeit, die die Bundesregierung mit der gestrigen Entscheidung an den Tag legt und auf die die türkische Regierung ja allergrößten Wert zu legen scheint, im umgekehrten Fall, nämlich dann, wenn es darum geht, Wahlkampfauftritte bulgarischer Politiker in der Türkei zu genehmigen, nicht in der gleichen Weise angewandt wird."

Der Hintergrund für die Äußerung des Außenamtssprechers war eine Meldung der "Welt" vom März 2017, nach der die Türkei Wahlkampfauftritte bulgarischer Politiker in der Türkei verbieten würde. Etwa die des bulgarischen Politikers Erdinc Hayrula. Hayrula hatte vor türkischstämmigen Bulgaren, die einen bulgarisch-türkischen Doppelpass besitzen und in der Türkei leben, Ende November 2016 einen Wahlkampfauftritt absolvieren wollen. Hayrula beantragte ordnungsgemäß ein Visum beim türkischen Außenministerium. Als er auf dem Landweg in die Türkei einreisen wollte, verweigerten ihm türkische Grenzbeamte jedoch die Weiterreise mit der Begründung, dass an Personen, gegen die ein Einreiseverbot vorliege, kein Visum ausgestellt werden kann. Hayrula musste wieder umkehren.

Inzwischen sind weitere Fälle bekannt geworden, in denen türkische Behörden bulgarischen Politikern die Einreise zu Wahlkampfauftritten verweigert haben sollen. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes warf der Türkei in diesem Zusammenhang eine Art Doppelmoral vor, wenn sie etwa von Deutschland fordere, Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland in jedem Falle zuzulassen. Dieses Recht aber bulgarischen Politikern, die in der Türkei Wahlkampfauftritte absolvieren wollen, verweigere.