95. Geburtstag"Alter Schwede", Herbert Blomstedt
Am 11. Juli feiert der Dirigent Herbert Blomsteadt seinen 95. Geburtstag. Längst gilt der 1927 in San Francisco geborene Schwede als der älteste aktive Dirigent. Eigentlich wollte Blomstedt seine Festwoche in Leipzig begehen. Wegen eines Beinbruchs feiert er nun zuhause in Luzern. Hinter ihm liegen fast sieben Jahrenzente einer bewegten Karriere.
Herbert Blomstedt scheint sich kaum zu verändern, wirkt geradezu gewitzt, wenn er Publikum und Orchester begrüßt. Taucht dann aber ganz ein in die Musik. "Ich weiß, dass ich vielleicht einiges kann. Aber das sind alles nur Vorstufen von dem, was ich hoffe, morgen machen zu können", so Blomstedt.
Da ist immer Entwicklung, in dieser bin ich noch Anfänger. Ich entdecke noch, das hält mich jung.
Bei anderen Dirigenten würde das nach Koketterie klingen, nicht aber bei ihm. Er ist nicht nur der dienstälteste Maestro, sondern auch einer der freundlichsten.
Überall auf der Welt ist er ein willkommener Gast, Dresden und Leipzig aber ist er in besonderer Weise verbunden. Blomstedt war über ein Jahrzehnt Chefdirigent der Staatskapelle Dresden. "Ich habe sehr gezögert, die Position in Dresden damals anzunehmen. Nicht weil das Orchester nicht gut genug war – umgekehrt, war ich gut genug für das Orchester?"
Eine fast 70-jährige Karriere
Blomstedts Karriere umfasst beinahe sieben Jahrzehnte, unter anderem als Chef mehrerer schwedischer Klangkörper. Zudem konnte er immer wieder mit so ziemlich allen großen Klangkörpern in Europa, den USA und Japan arbeiten.
Seine Dresdner Jahre möchte er jedoch nicht missen, auch wenn dieser Schritt im Jahr 1975 für ihn zunächst eine Überwindung darstellte: "Ein totalitärer Staat ist nicht, was ich mir wünsche. Grundsätzlich würde ich ablehnen, in einem totalitären Staat zu wirken. Das zeigt die große Anziehung von der Kapelle und von der Bevölkerung in Dresden."
Klare Entscheidung für das Gewandhaus
Der alte Schwede, wie der Dirigent respektvoll genannt wird, hat das sächsische Musikleben sowohl vor als auch nach dem Mauerfall erlebt und gestaltet. Von 1998 bis 2005 war er Gewandhauskapellmeister in Leipzig – zu politisch völlig gewandelten Zeiten.
Bei seiner Entscheidung für das Gewandhausorchester habe er keine Sekunde gezögert, so Blomstedt. Anderenorts mag sie jedoch vielleicht Neid hervorgerufen haben: "Ich hatte eben einen Vertrag mit dem NDR in Hamburg unterschrieben. Wenn dann aber das Gewandhausorchester anklopft, kann man nicht Nein sagen."
Ein Leben im Dienst der Musik
Auch in fortgeschrittenen Jahren wirkt Blomstedt noch immer geradezu knabenhaft jung, strahlt eine unglaubliche Frische aus, und vermittelt am Pult eine erstaunliche Energie. Keine Theatralik, schon gar kein Gehabe, sondern ganz klare Zeichen und eine inzwischen etwas reduziertere Gestik.
Immer wieder wird klar, Blomstedts Leben steht ganz im Dienst der Musik, geprägt von Hingabe und Demut. Für ihn sei es noch immer eine große Ehre, am Pult stehen zu dürfen, so Blomstedt.
"Beide Orchester sind hervorragend. Sowohl in Dresden wie in Leipzig verehrt man die Musik noch heute auf besondere Weise. Das Publikum reagiert anders als in Berlin oder München. Man merkt, dass die Leute mit einer enormen Konzentration und Intensität zuhören."
Der Dirigent Herbert Blomstedt feiert am 11. Juli seinen 95. Geburtstag. Nicht wie geplant in Leipzig, sondern zuhause in Luzern.
Mehr zu den Orchestern in Leipzig und Dresden
Dieses Thema im Programm:MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 11. Juli 2022 | 08:40 Uhr