Am Himmel über Wölfis im Kreis Gotha haben die Wolken ein Herz entstehen lassen
Userfoto: Am Himmel über Wölfis im Kreis Gotha haben die Wolken im Februar 2014 ein Herz entstehen lassen. Bildrechte: MDR/Emily Steinke

Landkreis Gotha Wölfis

Das Dorf Wölfis im Landkreis Gotha existiert seit mehr als 1.220 Jahren. Markantes Wahrzeichen ist die St. Crucis Kirche (Zum heiligen Kreuz), die 1736 erbaut wurde. Zuvor war die an gleicher Stelle stehende St. Bonifatiuskirche bei einem großen Brand vernichtet worden.

Historische Belege (aus Christian Riese):

I. 5 km sö. Ohrdruf.

  • 774-814: in Wolfduze (Dob. I, 70, 21, K. 12. Jh.)
  • 779: de villa Uulfeasti (Hdschr. B: Uulfthuzzi) (UB Hersfeld, 12, 24, Or., K. 10 Jh. Hdschr. B, Herstal, Rado, Ercambald (Kontext))
  • 9. Jh.: in villa Wolfdiuzen (Cod. Eberhardi II, 70a, 136, K. um 1160,  Mönch Eberhard)
  • 9. Jh.: in villa Wolfduze (Hdschr. K427: Wolfduzen) (Cod. Eberhardi II, 292, 151, K. um 1160,  Mönch Eberhard)
  • 9. Jh.: Uuolfduzen (Hdsch. K427: Wolfduzen) (Cod. Eberhardi II, 76, 136, K. um 1160,  Mönch Eberhard)
  • 1291: Helwicus de Wolfeze (UB Erfurt, 419, 285, Or., Abt des Erfurter Schottenklosters)
  • 1301: Wolfezen (UB Arnstadt, 62, 33, Or.)
  • 1332: Wlfezze (UB EF St. III, 17, 9, Regest, Avignon)
  • 1353: in Vulfesze (UB EF St. III, 375, 178, Or.)
  • 1368: Wolffis (UB Erfurt II, 633, 462, Abschr.)
  • 1494: Hans von Witzeleubenn zu Wolffisz (UB Arnstadt, 879, 417, Or.)
  • vor 1506: Wulffs (Mainzer SubsReg., 1689, 194, Hdschr. W/R)
  • 1873: Wölfis (OV Prov. Sachsen, 249)

Zur Bedeutung des Ortsnamens:

Der Ortsname wird ausführlich und in allen Einzelheiten von Christian Riese behandelt. Er diskutiert ältere Deutungen, die sich vor allem darum drehen, ob der Wolf  in dem Ortsnamen verborgen ist. Er lehnt das ab und folgt einem Vorschlag von Uwe Ohainski und Jürgen Udolph. Sie stellen eine Reihe von ähnlich klingenden Namen zusammen und schließen daraus, dass der Wolf nicht enthalten sein kann. Es sind unter anderem folgende Namenparallelen:

  • Wulften bei Badbergen (Kr. Osnabrück), 1239/40 domus in Wlueten, 1249 Wlveten, 1402 Wulfeten, offenbar wie Wulften < *Wolᵬ-tūn.
  • Wulften bei Holzhausen (Kr. Osnabrück), 1147 Vulfeten, um 1200 Vulfeten, 1230 (A. 14. Jh.) Wulfeten, 13. Jh. Vulfeten usw., < *Wolᵬ-tūn.
  • Wölfte (Wulfte) bei Brilon, um 1300 Wulfete, vielleicht *Wolᵬ-ithi.
  • Wülfte bei Höxter, 13. Jh. Wulfete, wahrscheinlich ‑ithi-Bildung wie Wölfte.
  • Wulfenau bei Dinklage, 1197 (Abschrift 14. Jh.) Johannes de Wlvena, -n-Ableitung, alter Gewässername.
  • Wulfen auf Fehmarn, 1231 Wollwe, 1534 Woluen, später Wulfen, -n-Bildung?
  • Wulven bei Utrecht, 1196 Wluinne, wohl Bildung mit ‑n-Suffix.
  • Wolfen bei Bitterfeld, 1400 Wulffen, 1450 Wulffen.
  • Wulfen, Ort bei Köthen, 995 Vulva castellum, um 1145 villa Wlve.
  • Wülfel, Stadt Hannover, 1234 Iohannes de Wlflede usw., evtl. *Wulf-l-ithi.

Diese Namen enthalten nicht den Wolf, sondern eine Wortsippe, die wir auch aus dem heutigen Deutschen noch kennen. Es geht um deutsch wölben < welben, altenglisch hwealf "Wölbung, Bogen", deutsch Walm(-dach), Wulst (< *hwulf-sti-), mittelhochdeutsch walbe, wulbe "gewölbtes Oberblatt der Schuhe, Einbiegung des Daches", altsächsisch hwelᵬian, mittelniederdeutsch welve "Gewölbe", niederländisch welven, altnordisch hvelfa "wölben", holfinn "gewölbt, bogenförmig". Wichtig ist, dass Wölfis die niederdeutsche Variante (h)wulf-, (h)welv-, (h)welf- enthält, nicht hochdeutsch wölben. Gemeint ist offenbar ein Ort, der erhöht liegt, auf einer Art Bodenwelle.

Wölfis enthält dieses Wort auch, daneben aber im zweiten Teil althochdeutsch diozan "tosen, rauschen, fließen, hervorgehen, brausen, säuseln, murmeln, summen". Man darf Christian Riese folgen, wenn er zusammenfassend meint: "Damit ergibt sich eine sinnvolle Etymologie 'rauschendes (usw.) Gewässer an/bei/mit einer Biegung'. Diese Etymologie scheint [der Wölfis duchfließende] Gewässername Schillbach (mittelhochdeutsch schëllen, 'schallen, tönen') zu bestätigen. Fraglich ist, ob sich diese Etymologie auf den einstigen Lauf des Gewässers bezieht oder lag auch die frühe Siedlung wie der heutige Ortskern, wie die Realprobe zeigt, auf einem beulenartigen Hügel?".

Literatur-Angaben: "Ortsnamen Thüringens - Landkreis Gotha"
Christian Riese
Kartoniert · 206 Pages
Baar-Verlag Hamburg, 2010
ISBN 978-3-935536-56-1
Seite 171ff.

"Die Ortsnamen des Landkreises Osterode"
Uwe Ohainski, Jürgen Udolph
Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 40; Niedersächsisches Ortsnamenbuch 2
Bielefeld 2000, Seite 188

"Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens"
Adolf Werneburg
Nachdruck Köln-Wien, 1983
Seite 111