Landkreis Nordhausen Bliedungen - Ortsteil von Bleicherode

Bliedungen ist ein Ortsteil von Bleicherode. Der Name geht vermutlich auf sehr alte Worte zurück. Er könnte auf den sprudelnden, fröhlichen Bach hinweisen, der hier plätschert.

Der Ort liegt am Bliedebach, einem Nebenfluss der Helme.

Historische Belege:

  • 970 (K 17. Jh) Blidungen (Dobenecker I Nr. 446 S. 101)
  • 1233 Blidungen, Variante: Blidugen (UB Walkenried I Nr. 193)
  • 1334 Blidungen (Helmegau 25; WüKte 122)
  • 1338 Henningus de Blydungen (Lib PC Nr. 109)
  • 1506 Blidingen (RegSubs 177)
  • 1557 Blidingen (Helmegau 25; WüKte 122)
  • 1593 Bliedungen (Helmegau 25; WüKte 122)
  • 1833 Bliedungen (König 2,4)

In der Zuweisung der historischen Belege nicht immer sicher zu trennen von Blidungen, einer Wüstung 500 m östlich Roßla. Diesen Ortsnamen hat K. Loga in einer noch unveröffentlichten Studie ausführlich behandelt. Sie stellt zu diesem Namen die folgenden Belege:

  • 1233 apud Blidungen (UB Walkenried I Nr. 193 S. 223)
  • 1347 zuo Blidungen (Schmidt, Wüstungen S. 93)
  • 1362 Blidungen (Allmann, Sangerhausen Nr. 17)
  • 1501 Bleydungen (Schmidt, Wüstungen S. 93)
  • 1534 Blidungen (Schmidt, Wüstungen S. 93)

Die Ortsnamen auf -ungen sind nicht immer leicht zu deuten. Sie können einer sehr alten Schicht angehören und sind dann nicht mit einem Personennamen verbuden. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Albungen, Ortsteil von Eschwege, 1075 de Albungun; Birkungen, 1191 Bircunchen; Bodungen bei Bleicherode, 9.Jh., Padungen, Badungen; Gerstungen, 744/747 Gerstunge; Haferungen bei Nordhausen, 1188 Haverunge; Holungen bei Worbis, 1266 Haldungen, u.a.m.

Was bedeutet -ung(en) in Ortsnamen? Es sind entweder Ableitungen von einem Wort, das sich auf eine charakteristische Besonderheit der geographischen Umgebung bezieht oder von einem Flussnamen. Personennamen können auch vorkommen, spielen allerdings eine geringe Rolle.

Man hat bei Bliedungen nun beide Möglichkeiten. Zum einen sieht man im ersten Teil ein Wort, das bezeugt ist in althochdeutsch blidi, mittelhochdeutsch blide "heiter, freundlich". Zum Teil sieht man dann in dem Ortsnamen einen "heiteren Ort" (was kaum überzeugt), zum anderen einen davon abgeleiteten Personennamen Blido, was dann auf eine Bedeutung "Siedlung, Ort des Blido" hinweisen würde.

Es gibt aber auch die andere Möglichkeit, nämlich die Ableitung von dem Gewässernamen Bliedebach, der ja den Ort durchfließt. Diesen Flussnamen stellt E. Ulbricht auch zu dem Wort für "heiter, freundlich" und sieht in ihm einen "fröhlichen, heiteren Bach" und Bliedungen wäre dann die Siedlung an diesem Bach.

Das ist eine sehr ungewöhnliche Deutung. Aber die Ableitung von den Gewässernamen hat durchaus etwas für sich. Zum einen gibt es auch Bleidenbach und gleich mehrfach: 1. ein Ortsname bei Katzenelnbogen (Hessen), 2. ein Nebenfluss d. Löster (ein rechter Zufluss der Prims in Rheinland-Pfalz und im Saarland) und 3. ein Nebenfluss der Weil in Hessen.

Auch K.-H. Müller erwägt eine Ableitung von dem Gewässernamen.

Es gibt weitere Namen, die dieses wahrscheinlich machen. Es sind Flussnamen in England, die E. Ekwall, English River-Names, Oxford 1968, S. 38f. behandelt hat: Blithe, 944 Bliðe, Bliðan; Blyth (Suffolk), daran Ortsnamen wie Blything, Blyford, Blythburgh; ferner Blythe od. Blithe, 13.Jh. Blitha, Blithe, auch Blyth), (andlang) Blidan und Blyth (Nb), 1133-40 Blitha. Ekwall verbindet sie mit altenglisch blîðe "freundlich, nett, höflich, ruhig, friedfertig" und vermutet als Motiv der Namengebung einen "stillen, ruhig fließenden Bach". Es wird also derselbe Weg wie bei Bliedungen gesucht.

Ich denke, bei Gewässernamen muss man einen anderen Weg gehen. Am ehesten darf man eine Verbindung zu einer alten Wurzel "bhleid-, Erweiterung zu *bhlei- „aufblasen, schwellen, strotzen, überfließen", z.B. in griech. öëéäÜù "fließe von Feuchtigkeit über, schwelle davon auf", engl. bloat "anschwellen", herstellen. Man darf sogar überlegen, hier auch Blut im Sinn von "Sprudelndes“ hinzuziehen, ebenso vielleicht Blüte, blühen u.a.m.

Offenbar gab es eine alte Wortsippe in den germanischen Sprachen, die vor allem in Gewässernamen ihre Spuren hinterlassen hat.

Literatur-Angaben: E. Förstemann, Ortsnamen, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, Teil 1, Nachdruck Hildesheim usw. 1983, Sp. 484.
K.-H. Müller, Die Ortsnamen der Kreise Nordhausen und Worbis, Hausarbeit Jena 1954, S. 60f.
J. Udolph, Namenkundliche Studien zum Germanenproblem, Berlin - New York 1994, S. 153-161.
E. Ulbricht, Das Flussgebiet der Thüringischen Saale, Halle 1957, S. 32, 93.
H. Walther, Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, Berlin 1971, S. 247.
A. Werneburg, Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens, Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 59.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag mit Haase und Waage | 20. Mai 2020 | 11:50 Uhr