Thüringische Landeshauptstadt Erfurt

Erfurt ist die Hauptstadt des Bundeslandes Thüringen. Die Stadt, die 742 erstmals urkundlich erwähnt worden war, liegt am Südrand des Thüringer Beckens, im Tal der Gera. Doch woher hat sie ihren Namen? Namenforscher Jürgen Udolph vermutet, dass in Erfurt ein alter Name der Gera steckt.

Historische Belege:

Aus der reichen Überlieferung für diesen Ort hat Prof. Jürgen Udolph nur einige Belege aufgenommen, vornehmlich die älteren. Zahlreiche alte Belege - bis zum Jahr 1200 - bietet E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, l. Hälfte, Bonn 1913, Sp. 203.

  • 742: in loco qui nominatur Erphesfurt (Erpesfurd), qui fuit iam olim urbs paganorum rusticorum (= am Erfurt genannten Ort, einer schon seit langem bestehenden heidnischen Landesburg (E. Eichler/H. Walther, Städtenamenbuch S. 91)
  • 802: (Kopie 12. Jh.) actum ad Erfesfurt (UB RA Hersfeld Nr. 21 S. 38)
  • 805: Erpesfurt (MGH LL Cap. I Nr. 44)
  • 9./10. Jh.: Erphesfurt, Erphesfurd. Erpesfurt (mehrfach)
  • 936-1147: Erpesfort, -ford
  • 1083, 1110, 1124: Erp(e)sfurt

Aus der Sammlung von E. Förstemann bis 1200 in ungefährer chronologischer Reihenfolge:

  • Erpisford
  • Erpesfurt
  • Erpesfordi
  • Erpesford
  • Erpesfort
  • Erpesvort
  • Erfasfurt
  • Erfesfurt
  • Erfesfurd
  • Erfesfurt
  • Erphesfurth
  • Erphesfurt (oft)
  • Erphesfort
  • Erphesfurdt
  • Herpfesfurt
  • Erbesfurt
  • Erfordia
  • Erfurt
  • Erpfesfurt
  • Letztlich mit allmählich Übergang zur heutigen Form Erfurt.

Zur Bedeutung des Ortsnamens:

Der Ortsname ist vielfach behandelt worden. Letztlich hat sich die folgende Meinung durchgesetzt:

Da der Name das Wort Furt enthält, muss gefragt werden, was sich hinter dem ersten Teil des Namens, der zunächst Erpes- (niederdeutsch) oder Erphes-/Erfes- (hochdeutsch) lautete, verbirgt. Im Vergleich mit weiteren Orts- und Gewässernamen, so etwa Erfa, heute Friedrichswerth bei Gotha, 1154 Erpha, ferner Erpe und Erps in den Niederlanden und Erf(a), ein Nebenfluss des Mains bei Miltenberg, 1243 Erphe, sieht man heute in Erpesa/Erfesa einen alten Namen der Gera bei Erfurt, einen sogenannten Teilabschnittsnamen. Das hieße, dass ein Teil der Gera bei Erfurt ursprünglich Erpesa/Erfesa geheißen habe.

Diesen Namen kann man ganz gut erklären. Bildungen mit einem -s- im Namen sind auf altgermanischem Gebiet sowohl in Orts- wie in Flussnamen gut bezeugt (ausführlich behandelt bei Udolph, Germanenproblem, S. 199-218). Und daher fällt es nicht schwer, im ersten Teil des Namens eine -s-Bildung zu einem altgermanischen Wort zu sehen, das man im Wortschatz gefunden hat. Es ist althochdeutsch erpf "dunkelfarben, bräunlich, schwärzlich", das Entsprechungen im Altenglischen und Altnordischen besitzt (ausführlich behandelt im Etymolog. Wörterbuch des Althochdeutschen, Bd. III, Sp. 1148-1150).

Ausgehend von einem Ansatz *Erpesa o.ä. kann man in diesem Namen eine Grundbedeutung "die Braune, Dunkle" annehmen. Aus diesem Teilabschnittsnamen der Gera wäre dann der heutige Ortsname Erfurt entstanden.

Allerdings ist an diesem Vorschlag auch Kritik geübt worden, vor allem von H. Tiefenbach. Er weist darauf hin, dass bei -furt-Namen im ersten Teil nur selten der Flussname enthalten ist und schließt daher auch einen Personennamen Erp, Erph ("Dunkler, Brauner") nicht aus. Das würde bedeuten, dass der Ort nach einer Person benannt worden ist, die Verantwortung für die Furt trug.

Allerdings hat H. Tiefenbach in einer gesonderten Studie zu den -furt-Namen selbst Belege dafür erbracht, dass Flussnamen durchaus auch in -furt-Namen vorkommen können. Er führt unter anderem an: Lupfurdon bei Ptolemäus, 801 Suuarzachafurt (Nebenfluss der Fulda), Vilvoorden bei Brüssel, 7779 Filfurdo, das 1045 erwähnte Ascahafurt (zur Aschach), Wipperfürth an der Wupper und Illfurth bei Mülhausen im Elsaß.

Ich denke daher, dass nichts Grundlegendes gegen die Vermutung, dass in Erfurt ein alter Name der Gera steckt, gesagt werden kann.

Literatur-Angaben: E. Eichler, H. Walther: "Städtenamenbuch der DDR", Leipzig 1986, S. 91f.

K. Hengst, in: "Deutsches Ortsnamenbuch", Hrsg. von M. Niemeyer, Berlin-Boston 2012, S. 163.

H. Tiefenbach, "Erfurt". In: "Reallexikon der Germanischen Altertumskunde", Bd. 7, Berlin - New York 1989, S. 488f.

H. Tiefenbach: "Furtnamen und Verwandtes". In: "Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit". Teil V (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen; Philologisch-Historische Klasse Nr. 180). Göttingen 1989, S. 262-290.

J. Udolph: "Namenkundliche Studien zum Germanenproblem", Berlin - New York 1994.

H. Walther: "Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts", Berlin 1971, S. 235, 243.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag mit Haase und Waage | 26. April 2018 | 11:10 Uhr