Landkreis Gotha Ohrdruf

Die Stadt Ohrdruf liegt am Nordrand des Thüringer Waldes. Sie ist bekannt als Bachstadt, für ihre Puppen- und Spielzeugindustrie und für den inzwischen stillgelegten Truppenübungsplatz. Außerdem wird in einem großen Werk Schokolade hergestellt. Und was der Ortsname Ohrdruf bedeutet, erfahren Sie hier.

Die historischen Belege für den Ortsnamen sind bei Christian Riese zusammengestellt, fast alle der folgenden stammen aus seiner Arbeit.

Historische Belege:

  • 725 (A. 11. Jh.): prope flumen, cui nomen est Oraha (Vita S. Bonifatii, 136)
  • 725 (A. 11. Jh.): in loco que dicitur Ordorf (Vita S. Bonifatii, 136)
  • 777: in Ordorf (Mon. Erf., 28, Abschr. 12. Jh.)
  • 837: in pago Salageuue (. . . ) Hurdorpf (Cod. Dipl. Fuldensis, 495, 219, Frankfurt?)
  • 9. Jh.: cellulam unam nomine Ordorf (UB Hersfeld, 38, 72, Kopialbuch Kl. Hersfeld M., 12. Jh.)
  • 9. Jh.: in Vrdorf (Cod. Eberhardi I, 157va, 36, 276, K. um 1160, Mönch Eberhard)
  • 907: Vrdorf (Cod. Eberhardi II, 126r, 240, K. um 1160 Fulda, Mönch Eberhard)
  • 961: actum Ordorp (CDS I, 1; 3, 239, Or., Ohrdruf)
  • 961: Ordorp (Dob. I, 413, 94, K. Ende 11. Jh., Ohrdruf)
  • 1005/06: Ordorf (UB Hersfeld, 77, 147, Or., Wallhausen)
  • 1047-50: Ordorf (UB Hersfeld, 96, 175, Or., Wiehe, Bertholt)
  • 1137: Reginbodo prepositus de Ordorf (CDS I, 2; 123, 90, Or.)
  • 1168: Ordorf (Dob. II, 361, 64, Anm. 2, Or., Gotha, Notar Gumbert)
  • 1195: Arnoldus canonicus de Ordorf (UB Mainz II/2, 607, 1002, Or., Würzburg, Diktat u. Schrift vom Empfänger Propst Wezelin von Vessra)
  • 1251: Cunradum de Ordorf (UB Erfurt, 149, 85, Or., Erfurt)
  • 1287: de Ordorf (UB EF St., 578, 333, Or., Hattstedt u. Erfurt)
  • 1303: Theodericus sacerdos de Ordorf (UB Erfurt, 506, 350, Or.)
  • 1321: in Ordorph (UB EF St., 1149, 633, Abschr. 15. Jh. Georgent. Kopiar)
  • 1364: Conrad von Ordorf (UB Erfurt II, 572, 432, Or.)
  • 1397: Gunther Ordorf (Stadtbuch Weimar, 503, 121, Weimar, Hand C)
  • 1487: Ordorf; Ordorff (Lex, S. 91)
  • 1495: Ordorff (EF St. III, 238, 164, Abschr. 15. Jh. Kopiar Augustinerkl., Erfurt)
  • 1500: Ordruf (EF St. III, 342, 234, Abschr. 16. Jh. Kopiar Augustinerkl.)
  • 1523: Ordorf (Stadtrecht Gotha, 53, 270, 2 Or., Weimar)
  • 1713: Anno ætatis tertio decimo Ordrufium (Hist. Goth., 188, Druck 1713)
  • 1756: Ordruf, Ohrdorf, Ohrtruf, Ordorf, Ortruf (Postlex. 2., Teil, 176)
  • 1796: Ohrdruf (Bube 93)
  • 1873: Ohrdruf (OV Prov. Sachsen, 161)

Zur Bedeutung des Ortsnamens:

Die Überlieferung gibt klar zu erkennen, dass der zweite Teil der heutigen Ortsnamenform Ohrdruf erst recht spät aus einer ursprünglichen Form -dorf, gelegentlich auch -dorp, entstanden ist.

Die Forschung ist sich einig, dass der Ortsname eine Ableitung von dem Flussnamen Ohra ist, der Ohrdruf durchfließt. Dessen Deutung ist umstritten. Es kommt darauf an, ob man mit einem slavischen Einfluss auf den Flussnamen rechnen kann oder muss. Dagegen hat sich m.E. E. Ulbricht überzeugend ausgesprochen und zur Annahme, dass das O- in Ohra durch slavische Vermittlung aus A- entstanden sei, geäußert: "Unerklärt bleibt dann das o- der heutigen Namensform … Doch wird es sich bei unserm Flussnamen kaum um einen von Slaven umgeprägten handeln".

Alte Formen des Flussnamens zeigen fast immer O-, gelegentlich mit einem H- davor: Hora. Dieses dürfte durch lateinisch hora "Stunde" beeinflusst sein:

  • (725): (Kopie 11.Jh.) flumen cui nomen est Oraha (MGH. SS. II 344 nach Othlonus lib. I. cap. 23; Förstemann II, 1, 176; der Beleg zeigt eine deutsche Erweiterung mit -aha "Wasser, Fluss")
  • 1276 Hora (Dobenecker IV 194; E. Ulbricht, DS. 2, 193)
  • 1378: an der molstat die ora, das Wasser ... zu dem gemeinen born, ora genannt (Gerbing 243)
  • 1512: Die Ohra (Gerbing 494)
  • 1580: Uhra (Gerbing 494)
  • 1639: uff der Uhr (Gerbing 494)
  • 1642: die Uhre (Gerbing 494)
  • mua. (1911): Der wille Groaben oder de Uhr (Gerbing 243)

Es gibt zwei Quellflüsse, die wie folgt in den Quellen erscheinen:

  • 1580: Die zweyen Uhren (Gerbing 494)
  • 1638: Das Ohrgesrpung (Gerbing 494)
  • 1642: zwischen den zwei Ohren (Gerbing 494)

Der Flussname gehört zu einer alten Schicht, zu der verwandte Namen in weiten Teilen Europas gehören, unter anderem sind diese: Ohrn (Kocher), 795 Oorona, 1235 Oren, aus *Aurana; Ohre, Nebenfluss der Elbe, mit Ohrekreis; Auras, Fluss auf dem Balkan; Auerfluss in Ostpreußen; *Aura in Norwegen; Vallée d’Aure in Frankreich (Pyrenäen-Gebiet); *Aurano, *Auranos, Flüsse im Süden Frankreichs, u.a.m.

Aufgrund der weiten Streuung gehört der Name keiner einzelsprachlichen Schicht, zum Beispiel dem Germanischen, an, sondern ist älter. Die Basis für den Namen findet man u.a. in den Wörtern altnordisch aurr "Wasser, Naß", altenglisch ēar "Meer", griech. Tíáõñïò "wasserlos" (woraus man schließen kann, dass -auros "Wasser" bedeutet haben muss).

Literatur-Angaben: D. Berger, "Duden: Geographische Namen in Deutschland", 2. Aufl., Mannheim usw. 1999, S. 220.

E. Eichler, H. Walther, "Städtenamenbuch der DDR", Leipzig 1986, S. 208.

D. Freydank, "Zur Entwicklung von germ. au im Altniederdeutschen, Wiss. Zs." Halle-Wittenberg, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 8 (1959), S. 717-718.

L. Gerbing, "Die Flurnamen des Herzogtums Gotha und die Forstnamen des Thüringerwaldes", Jena 1910.

K. Hengst, in: "Deutsches Ortsnamenbuch", hrsg. von M. Niemeyer, Berlin-Boston 2012, S. 474.

B. Lex, "Ortsnamen der ‘Thüringischen Landeschronik’" (Codex Gothanus Chart. B 180), Mag.-Arbeit Jena 2001 (s. Internet), S. 55.

E. Ulbricht, "Das Flußgebiet der Thüringischen Saale", Halle 1957, S. 193.

H. Walther, "Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts", Berlin 1971, S. 233, 304.

Über dieses Thema berichtet MDR THÜRINGEN auch im Programm: Servicestunde | MDR THÜRINGEN - Das Radio | 04.05.2017 | ab 11:00 Uhr