AOK-Fehlzeitenreport Mehr Beschäftigte klagen über psychische Belastungen

18. Oktober 2023, 20:03 Uhr

Psychisch unter Druck: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland beklagen eine hohe Belastung durch psychische Beschwerden. Im Langzeitvergleich zeigt sich auch in Mitteldeutschland das Ausmaß. Einem aktuellen Fehlzeitenreport der AOK zufolge leiden Beschäftigte vor allem unter Erschöpfung, Wut oder Lustlosigkeit.

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland kämpfen nach wie vor mit psychischen Belastungen. Wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten AOK-Fehlzeitenreport hervorgeht, leiden rund 78 Prozent mehr oder weniger häufig unter Erschöpfung, 75 Prozent unter Wut sowie Verärgerung und 66 Prozent unter Lustlosigkeit. Durchschnittlich hätten sich Mitarbeitende im vergangenen Jahr an 29,6 Tagen je Fall wegen psychischer Beschwerden krank gemeldet.

Zukunftsängste sind weit verbreitet

Rund jeder Vierte hat nach eigenen Angaben Angstgefühle bei und vor der Arbeit, 46 Prozent haben Zweifel an den eigenen Fähigkeiten. Dabei sind die Werte in diesem Jahr verglichen mit den Vorjahren, der Hochphase der Corona-Pandemie, zwar leicht gesunken. Doch sie liegen höher als vor der Pandemie.

47 Prozent der Beschäftigten geben an, in ihrem Betrieb starke bis sehr starke Veränderungen wahrzunehmen – und zwar im Zuge der Pandemie, aber auch wegen technologischer Entwicklungen. 35 Prozent der Befragten haben demnach ausgeprägte Zukunftsangst bezüglich der gesamtgesellschaftlichen Situation, aber nur 8 Prozent bezüglich ihres Arbeitgebers.

Weniger Fehlzeiten verzeichnen hingegen Betriebe, die von ihren Mitarbeitenden als zukunftsfähig eingeschätzt werden. Diese Beschäftigten fehlten nach eigenen Angaben in den vergangenen zwölf Monaten vor der Befragung im Schnitt 11,6 Tage erkrankungsbedingt. Bei Beschäftigten, die die Zukunftsfähigkeit schlechter beurteilen, waren es durchschnittlich 16,2 Tage.

Langzeitvergleich zeigt knappe Verdoppelung der Fälle

Für Sachsen zeigt sich den Daten der Krankenkasse zufolge ein starker Anstieg bei Fällen psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit. Demnach lag die Zahl mit rund 13,4 Fällen je 100 Versicherte 2022 um 47 Prozent über der von 2012. Im vergangenen Jahr führten psychische Erkrankungen im Schnitt zu 28,4 Tagen Arbeitsunfähigkeit.

Bei Erkrankungen der Atemwege seien es nur 7,9 Tage gewesen, der Durchschnitt über alle Erkrankungsgruppen habe bei 12 Tagen gelegen. Dabei waren vor allem Beschäftigte in den Bereichen Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Banken und Versicherungen von den Ausfallzeiten betroffen.

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Längere Fehlzeiten bei psychischen Erkrankungen

Auch für Thüringen lässt sich aus dem Report ein starker Anstieg der Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen herauslesen. Die Fälle von Arbeitsunfähigkeit nach psychischen Diagnosen seien von 2012 bis 2022 im Freistaat um 51 Prozent gestiegen.

Die beruflichen Fehltage wegen psychischer Erkrankungen lagen 2022 den Angaben nach bei 429 Tagen je 100 AOK-Versicherten in Thüringen. Sie waren somit 91 Prozent höher als zehn Jahre zuvor. Bei allen anderen Erkrankungsgruppen sei ein Anstieg von 59 Prozent verzeichnet worden.


Der stärkere Anstieg von Fehltagen im Vergleich zu den Krankheitsfällen zeigt, dass in den letzten zehn Jahren Menschen mit psychischen Erkrankungen deutlich länger krankgeschrieben wurden als noch 2012.

Hannelore Strobel AOK-Sprecherin

Nach eigenen Angaben sind rund eine Million Menschen über die AOK in Thüringen versichert.

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Insgesamt sind die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen laut dem Report der AOK von 2012 bis 2022 um 48 Prozent gestiegen. Bei allen anderen Erkrankungsgruppen gab es einen Anstieg um 35 Prozent – vor allem wegen der pandemiebedingten Höchststände der Atemwegserkrankungen im Jahr 2022.

dpa, KNA, lik

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 18. Oktober 2023 | 17:45 Uhr

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