Mietspiegel Warum Mieten in Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau steigen könnten

11. Februar 2022, 19:18 Uhr

Ein neues Gesetz sieht vor, dass große Städte einen Mietspiegel anlegen müssen. In Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau soll es solche Zahlenwerke bis spätestens 2024 geben. Durch Mietspiegel sollen Mieter und Mieterinnen vor Wucherpreisen geschützt werden. Doch in den drei Städten in Sachsen-Anhalt könnten die Mieten durch die neuen Spiegel zunächst sogar steigen.

  • In Halle wurden schon Daten für einen neuen Mietspiegel gesammelt. Der letzte Mietspiegel ist von 2010. Stellenweise könnte sich in Halle die Miete verdoppeln.
  • In Magdeburg wird kontrovers über den Mietspiegel diskutiert. Dennoch hat bereits die Arbeit an ihm begonnen.
  • Dessau-Roßlau hat bereits einen Mietspiegel, wird aber einen neuen erstellen.

Auf Mieterinnen und Mieter in den Städten Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau könnten in den kommenden Jahren Mieterhöhungen zukommen. Grund dafür ist die Mietspiegelreform, die vorsieht, dass Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern einen Mietspiegel erstellen müssen. Spätestens ab Januar 2024 müssen die Spiegel in Halle, Magdeburg und Dessau fertig sein.

Mietspiegel Der Mietspiegel bildet die Mieten in einer Stadt ab. Er ist eine Datensammlung, in der Mieten in ähnlicher Lage und ähnlicher Ausstattung der Mietobjekte miteinander verglichen werden.

Eigentlich sollen Mietspiegel Mieter vor Wuchermieten schützen. Doch gerade dann, wenn erstmalig für eine Stadt ein Mietspiegel erstellt wird, kann es laut Experten passieren, dass die Mieten zunächst steigen.

Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Universität Regensburg, begründet das im Handelsblatt wie folgt: "Es wird durch einen Mietspiegel auch für Vermieter, die bisher gar nicht so stark auf die allgemeine Preisentwicklung geschaut haben, leichter, die Mietpreise nach oben anzupassen."

Laut Entwurf könnten sich Mieten in Halle verdoppeln

Genau davor haben Mieter in Halle Angst. Zwar hat Halle schon einen Mietspiegel. Der ist aber von 2010. Für einen neuen wurden aber bereits Daten erhoben und der Entwurf ist schon bekannt. Im Südpark in Halle könnte sich demnach die Kaltmiete in einer Plattenbausiedlung laut Entwurf beispielsweise fast verdoppeln. Peter Scharz vom Mieterrat Halle ist damit unzufrieden. Er sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Halle liegt viel viel höher als Leipzig, Dresden und Frankfurt an der Oder. Für uns ist das absolut unverständlich."

Warum Halle sehr wahrscheinlich einen höheren Mietspiegel als beispielsweise Leipzig bekommen wird, erklärt René Rebenstorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung und Umwelt: "Leipzig hat seit 1998 einen Mietspiegel. Der letzte der Stadt Halle ist von 2010. Da Leipzig das Mietspiegelverfahren permanent fortgeführt hat, hat man immer wieder die aktuellen Mieten erhoben. Und auf der anderen Seite besteht in Leipzig die sogenannte Kappungsgrenze bei maximal 15 Prozent. In Halle könnte man nach der Gesetzeslage auf bis zu 20 Prozent über die Vergleichsmieten erhöhen."

Unterschiedliche Meinungen zum Mietspiegel in Magdeburg

So weit wie in Halle ist man in Magdeburg noch nicht. Daten wurden noch nicht erhoben. In der Landeshauptstadt laufen aber die Vorbereitungen für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels. Die Stadt teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit, dass Ende Januar das Amt für Statistik, Wahlen und Digitalisierung der Landeshauptstadt damit beauftragt wurde. Außerdem sei ein beratender Arbeitskreis geplant, in dem Interessenvertreter von Mietern wie Vermietern am Prozess beteiligt werden, hatte die Stadt bereits vor einigen Wochen in der Volkstimme angekündigt.

Was ist ein qualifizierter Mietspiegel? Ein qualifizierter Mietspiegel besteht aus einer repräsentativen Stichprobe und muss wissenschaftlichen Grundsätzen standhalten. Die Stichprobe muss dafür so zusammengesetzt sein, dass sie die Gesamtzielgruppe in allen wichtigen Merkmalen widerspiegelt.

Bei einem einfachen Mietspiegel ist kein besonderes Verfahren vorgeschrieben, die Stichprobe muss also auch nicht zwingend repräsentativ sein. Aber auch hier muss dokumentiert werden, wie man zu den Zahlen gekommen ist.

Die Mietspiegelreform gibt vor, dass qualifizierte Mietspiegel bis zum 1. Januar 2024 erstellt sein müssen, einfache Mietspiegel bis zum 1. Januar 2023.

In Magdeburg wird ähnlich wie in Halle kontrovers über den Mietspiegel diskutiert. Die Fraktion Grüne/future! hatte bereits im August vergangenen Jahres einen Antrag für einen qualifizierten Mietspiegel gestellt.

Fraktionsvorsitzende Madeleine Linke sieht darin vor allem Vorteile für Mieter und Mieterinnen. Sie sagte MDR SACHSEN-ANHALT, Vermieter könnten dann nicht wie bisher wahllos drei Mietobjekte, die möglicherweise auch die eigenen sein könnten, als Maß für die ortsübliche Miete heranziehen. Sie müssten dagegen auf den qualifizierten Mietspiegel zurückgreifen, der viel genauer die ortsübliche Miete abbilde.

Ein Eckhaus im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld Ost
Im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld-Ost sind die Mieten vergleichsweise teuer. (Archivbild) Bildrechte: MDR/Pia Uffelmann

René Hempel, Fraktionsvorsitzender von DIE LINKE, sieht den Mietspiegel kritisch. Auch wenn dieser eine gute Idee sei, um Transparenz in die Mieten eines Wohnungsmarktes zu bekommen, wie er MDR SACHSEN-ANHALT sagte. Die Transparenz betreffe auch die Vermieter und Vermieterinnen. Diese könnten dadurch überprüfen, ob die bestehenden Mieten mit den Mieten in der Umgebung übereinstimmen.

"Da Mieten nie nach unten angepasst werden, ist klar, in welche Richtung das geht", so Hempel. Durch die gesetzlich mögliche Mieterhöhung von 20 Prozent entstehe zudem eine Dynamik, die schon in anderen Städten zu starken Erhöhungen geführt habe. Die Stadt selbst teilte mit, dass noch nicht klar sei, welche Auswirkungen der Mietspiegel auf die Mieten in Magdeburg haben werde.

Dessau-Roßlau hat bereits einen Mietspiegel

Dessau-Roßlau hat bereits seit 2014 einen bis heute geltenden Mietspiegel. Die Stadt will aber ein externes Unternehmen mit der Erstellung eines neuen beauftragen. Geplant ist ein qualifizierter Mietspiegel wie in Magdeburg. Oberbürgermeister Robert Reck (parteilos) sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Der Mietspiegel ist ein Instrument, um einen neutralen Blick auf die Mietverhältnisse in unserer Stadt zu haben. Dies sehe ich als Orientierungshilfe für Mieter, Vermieter und auch für Planer."

MDR (Frank Nowak, Fabian Frenzel)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 10. Februar 2022 | 19:00 Uhr

6 Kommentare

Fakt am 12.02.2022

@Thommi Tulpe:

Wird die Miete nach § 558 BGB erhöht, wird sie also während eines laufenden Mietverhältnisses bis zur Höhe der ortsüblichen Miete erhöht, erlaubt das Gesetz eine Zustimmung des Mieters nicht nur, sondern schreibt diese Zustimmung ausdrücklich vor.
Oder aber er will die Miete einvernehmlich erhöhen, dann bedarf es eben der Zustimmung beider Parteien, Mieter/Vermieter. Sonst wäre es nicht einvernehmlich ;-)

Üblich ist aber der erstgenannte Fall, wo dann die Zustimmung gesetzlich vorgeschrieben wäre.

hilflos am 12.02.2022

@susi, ich bin ganz bei thoralf l., Heder darf arbeiten und dann entscheiden was er mit dem Geld macht. Der eine mag Urlaubsreisen, Autos und/oder schön, schöner oder eben zweckmäßig oder billiger wohnen. Wenn ich von irgendetwas mehr oder etwas besseres will, muss ich auch zahlen. Alternativen gibt es. Klar ist auch, dass viele die hippen sanierten Altbauwohnungen in zentraler Lage möchten, am besten auf Kosten der anderen

Thommi Tulpe am 12.02.2022

Ich hatte neulich Post vom Vermieter mit der "Bitte", einer Mieterhöhung zuzustimmen. War so, als wenn mich der fragt, der mich erschießen will will, um Zustimmung bittet. Schitzophrän.
Das Gesetzt erlaubt dieses - noch schtzophräner!

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