Münzen und Stift auf Wohngeldantrag
Was den einen Geld einbringt, kostet an anderer Stelle. Bildrechte: IMAGO / Andreas Gora

Verwaltung Neues Wohngeld lässt Sachsens Ämter schnaufen

06. Januar 2023, 18:31 Uhr

Seit wenigen Tagen gibt es auch in Sachsen für viele Haushalte mehr Wohngeld. Gleichzeitig haben durch die Wohngeldreform deutlich mehr Menschen Anspruch auf den Mietzuschuss. Für viele Kommunen eine Herausforderung. Denn bis zuletzt wurde an dem neuen Wohngeldgesetz gebastelt.

Der Landkreis Meißen sieht eine Antragsflut auf sich zurollen, so wie die anderen Kreise auch. Die Zahl der Empfänger werde sich verdreifachen, sagt CDU-Landrat Ralf Hänsel - und das bei chronischem Personalmangel. "Wir füllen ständig Lücken. Der Personalmangel macht vor der öffentlichen Verwaltung nicht halt. Aber wir sind durch die Krisen der letzten zwei Jahre noch zusätzlich herausgefordert gewesen." Hänsel denkt dabei an Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg und nun die Wohngeldreform.

Wohngeldrechner Glauben schenken

Der Landkreis appelliert an die Antragsteller, mit dem Wohngeldrechner im Internet zu prüfen, ob sie Anspruch auf Wohngeld haben. Dazu Hänsel: "Aber wenn ich mich in die Leute reinversetze, dann sagt vielleicht der ein oder andere - was ich aber nicht hoffe: 'Ich probiere es trotzdem.' Da wären wir ganz schnell bei der Verzehnfachung der Antragszahl." Acht Stellen hat der Landkreis für seine Wohngeldstelle ausgeschrieben. 35 Bewerbungen liegen vor. Noch sind die Arbeitsverträge aber nicht unter Dach und Fach.

Landkreis Bautzen setzt auf Digitales

Etwas anders ist die Lage im Landkreis Bautzen. Der Kreis hat die Zahl der Mitarbeiter bereits aufgestockt. Zudem werden zunehmend Anträge online gestellt, das beschleunige das Verfahren, schreibt der Landkreis. Die bisher älteste Nutzerin sei übrigens Jahrgang 1934.

Wohngeldreform - Verdreifachung des Anspruchs Die Wohngeldreform sorgt deshalb für einen erheblichen Mehraufwand bei den Behörden, weil sich durch sie der Kreis der Menschen mit Wohngeldanspruch mehr als verdreifacht: Nach Angaben der Bundesregierung können ab 2023 rund zwei Millionen Haushalte Wohngeld erhalten, bisher waren es rund 600.000. Das bedeutet: Rund 1,4 Millionen Haushalte mit kleinen Einkommen haben durch die Reform erstmalig oder erneut einen Wohngeldanspruch. Laut Bundesregierung sind dadurch etwa 380.000 Menschen künftig nicht mehr auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II angewiesen. Mit der Reform soll der Auszahlungsbetrag von durchschnittlich rund 180 Euro pro Monat auf rund 370 Euro pro Monat steigen.

Sachsenweit noch keine Antragsflut

Sachsenweit geschaut, gibt es die befürchtete Antragsflut noch nicht. Was aber daran liegt, dass sich Antragsteller und Ämter erstmal mit den neuen Regeln beschäftigen mussten, sagt André Jakob, Geschäftsführer des Landkreistags. Dazu kommen laut Jakob komplizierte Anträge, acht Seiten lang, denen eine Vielzahl an Nachweisen beigefügt werden müssen.

Es ist deutlich komplexer als der Wohngeldrechner einen glauben macht. Es sind 45 Positionen, acht Seiten, die vom Antragssteller auszufüllen sind. Es sind eine ganze Reihe von Nachweisen nötig. Es braucht nur einer zu fehlen und auch das führt zu erheblichen Aufwand und einer Zeitverzögerung.

André Jakob Geschäftsführer des Landkreistags

Amtshilfe aus der Großen Kreisstadt

Die Bitte an Bund und Land, in den ersten Monaten vorübergehend mit Personal auszuhelfen, blieb bisher ungehört, der Geschäftsführer des Städte und Gemeindetags Mischa Woitscheck. Die Kreise und großen Städte versuchen, sich innerhalb der Ämter und mit Hilfe externer Personaldienstleister über Wasser zu halten.

Allerdings gibt es auch Lichtblicke. So erzählt Woitscheck: "In Mittelsachsen übernimmt die Große Kreisstadt Freiberg einen Teil der Bearbeitung. Das ist ein Einzelbeispiel, dass eine Kommune für die Umlandgemeinden tätig wird. Das wird nicht überall möglich sein, weil überall fehlt ja das Personal, das auch finanziert werden muss. Das ist auch noch nicht geregelt." Darüber wird derzeit mit dem Finanzminister verhandelt. Die Personalnot hat Folgen - die Wohngeld-Empfänger werden teilweise Monate warten müssen, bis sie ihren Bescheid in den Händen halten.

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 05. Januar 2023 | 12:33 Uhr

3 Kommentare

lk2001 am 05.01.2023

Da möchte eine Behörde die Menschen davon Abhalten ihr gutes Recht wahrzunehmen. Man sollte sich einfach mal darum bemühen nicht zu jammern sondern den Job vernünftig zu machen.

MDR-Team am 06.01.2023

Hier im Artikel wird vor allem auf den Personalmangel im Landkreis Meißen hingewiesen.

Lyn am 05.01.2023

45 Positionen auf 8 Seiten, holla.
Da dürften einige Zeitgenossen überfordert sein.
Ob das so gewollt ist?

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