Abstand zum Bürgergeld Mehr Geld für Beamte in Thüringen: Was die Erhöhung finanziell bedeutet
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31. Januar 2023, 11:58 Uhr
Weil die Grundsicherung gestiegen ist, müssen auch die Thüringer Beamten mehr Geld erhalten. Denn das Bundesverfassungsgericht hat einen Mindestabstand der Einkommen vorgegeben. Wir haben im Detail nachgerechnet, was die Erhöhung finanziell bedeutet.
Thüringen will die Beamtenbesoldung rückwirkend zum Jahresbeginn 2023 um 3,25 Prozent anheben. Am Dienstag soll im Landtag über das dafür notwendige Gesetz zur sogenannten Beamten-Alimentation beraten werden. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgericht vom Mai 2020.
Es verlangt, dass Beamte in der niedrigsten Besoldungsgruppe mindestens 15 Prozent mehr Geld zum Leben haben als Menschen in der Grundsicherung. Gleichzeitig müssen die Abstände zwischen den Besoldungsstufen gewahrt bleiben. Bereits im Dezember wurde die Besoldung der Thüringer Beamten um 2,8 Prozent angehoben.
Niedrigste Besoldungsgruppe derzeit nur knapp über Grundsicherung
MDR THÜRINGEN hat im Finanzministerium nachgefragt, wie genau der zugrundeliegende Einkommensvergleich zwischen Beamtenbesoldung und Grundsicherung in Thüringen aussieht. Dem Gerichtsurteil folgend werden die Einkommen zweier Familien modellhaft vergleichen. Beide bestehen aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern. In einer der Familien gibt es einen alleinverdienenden Beamten, die andere ist vollständig auf das Bürgergeld angewiesen.
In der niedrigsten Thüringer Beamten-Besoldungsgruppe A6 Stufe 2 ergibt sich für eine solche Familie nach bisherigem Gesetzesstand ein Nettohaushaltseinkommen im Jahr 2023 von 37.382,00 Euro. Dabei ist das Kindergeld einberechnet und es wird unterstellt, die beiden Erwachsenen nutzen das steuersparende Einkommensteuersplitting.
Damit hätte die Beamtenfamilie lediglich 4,69 Prozent mehr Geld zur freien Verfügung als sie in der Grundsicherung erhalten würde. Denn eine identische vierköpfige Familie ohne Arbeitseinkommen würde im Jahr 2023 Bürgergeldleistungen in Höhe von 35.705,76 Euro erhalten. Leistungen für Kinder wurden hierbei rechnerisch auf 18 Lebensjahre gleichmäßig verteilt. Die Kosten für Wohnen und Heizung sind in der Summe in durchschnittlicher Höhe enthalten.
Regelsatz zwei Erwachsene | 902,00 € |
Regelsatz zwei Kinder | 708,00 € |
Unterkunft/Heizung (Rechengröße) | 1.050,00 € |
Bildung/Teilhabe zwei Kinder | 161,18 € |
Kinderbetreuungskosten zwei Kinder | 85,34 € |
berücksichtigte Sozialtarife | 10,60 € |
Rundfunkbeitragsbefreiung | 18,36 € |
Sofortzuschlag zwei Kinder | 40,00 € |
Monatlich: | 2.975,48 € |
Jahr: | 35.705,76 € |
Geplante Erhöhung erfüllt juristische Auflagen
Um den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Abstand zu erreichen, sollen nun die Beamtenbezüge in Thüringen angehoben werden. Werden die Pläne beschlossen, käme dieselbe vierköpfige Familie im Jahr 2023 auf ein verfügbares Nettohaushaltseinkommen von 41.422,04 Euro. Das sind gut 4.000 Euro beziehungsweise fast elf Prozent mehr. Zusätzlich einberechnet wird jedoch eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro, die Arbeitgeber derzeit zahlen dürfen, die jedoch nicht zur regulär festgelegten Besoldung gehört.
Sofern der Landtag zustimmt, will die Landesregierung diesen Zuschuss zusätzlich zur Tariferhöhung zahlen. Die Beamtenfamilie würde so im laufenden Jahr 16 Prozent mehr als die Familie in Grundsicherung erhalten. Der laut Bundesverfassungsgericht notwendige Abstand wäre zumindest 2023 knapp erfüllt.
Aktuell | Erhöht | |
---|---|---|
Beamter A6 II mit Familienzuschlägen brutto | 42.339,84 € | 43.715,88 € |
Einkommensteuer nach Splitting | -2.431,00 € | -2.767,00 € |
Nettoeinkommen | 39.908,84 € | 40.948,88 € |
Kindergeld | 5.688,00 € | 5.688,00 € |
Kranken- und Pflegeversicherung | -8.214,84 € | -8.214,84 € |
Inflationsprämie | - | 3.000,00 € |
Nettoeinkommen | 37.382,00 € | 41.422,04 € |
Auch höhere Besoldungsgruppen sollen mehr Geld erhalten
Werden die Beamtenbezüge so wie von der Landesregierung vorgeschlagen erhöht, dann betrifft das nicht nur die niedrigste Besoldungsgruppe A6, sondern alle Landesbeamten. Denn das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass auch die Gruppen zueinander Verdienstabstände haben müssen. Es wäre also nicht rechtens, nur die niedrigsten Verdienste anzuheben.
Somit steigen zum Beispiel auch die Brutto-Mindestverdienste von Referenten (A14) in Landesbehörden im Jahr von 55.171,92 Euro auf 56.964,96 Euro zuzüglich eventueller Familienzuschläge. Bei Referatsleitern/Ministerialräten (A16) erhöht sich die Mindestbesoldung von 74.426,64 Euro auf 76.845,48 Euro.
Fast 440 Beamte in niedrigster Besoldungsgruppe
In der niedrigsten Besoldungsgruppe A6 waren nach Angaben des Thüringer Finanzministeriums Ende vergangenen Jahres 438 Beamte eingruppiert. Sie arbeiten als Sekretäre in den Behördenverwaltungen oder auch als Justizoberassistenten. Diese kümmern sich bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften um den störungsfreien und sicheren Ablauf von Gerichtsverhandlungen. Sie bewachen unter anderem Gefangene und kontrollieren Gerichtsbesucher.
MDR (kah)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 31. Januar 2023 | 19:00 Uhr