Zwischen Gartenstuhl und Richter*innenbank Zu Besuch bei einem Schöffen

16. Oktober 2019, 14:55 Uhr

Nicht nur studierte Richter*innen fällen Urteile. Auch Schöff*innen – ehrenamtliche, rechtsprechende Personen – begleiten Prozesse. Ein Tag zwischen Gartenarbeit und Richter*innenbank.

Schöffe Thomas Heil in Leipzig mit Volontär Julian 3 min
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Sa 12.10.2019 13:42Uhr 03:01 min

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Thomas Heil hat keine juristische Ausbildung – auf der Bank, wo sonst Richter*innen sitzen, sitzt er trotzdem. Als Schöffe hat er bei einer Verhandlung das gleiche Stimmrecht wie ein*e Volljurist*in. Über 50 Verhandlungen hat er im Landgericht Leipzig schon mit geführt, darunter auch Mordprozesse – wie den gegen Dovchin D.

Gleiches Stimmrecht für alle

Im Jahr 2016 hat Dovchin D. zwei Frauen erwürgt und ihre Leichen anschließend zerstückelt. Lebenslange Haft – so lautete das Urteil der Strafkammer. Sie besteht am Landgericht immer aus zwei Schöff*innen und drei Berufsrichter*innen. Alle haben das gleiche Stimmrecht, für eine Entscheidung braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit. Viel Verantwortung also für Schöffe Thomas Heil, der sich erst als Rentner für dieses Amt beworben hat.

„Ich habe mich öfter über Gerichtsurteile gewundert. Manche fand ich zu lasch, manche zu hart.“

„Ich wollte mich nicht nur über Gerichtsurteile aufregen, sondern selbst in die Gerichtsarbeit reinschnuppern," sagt der 70 Jahre alte Heil. Dort schaut er, wie er selbst sagt, auch „in die Abgründe des Menschen.“ Durch die Erfahrungen als Schöffe bildet er sich heute aber kein vorschnelles Urteil  mehr über die Angeklagten, sagt Heil.

Nach bestem Wissen und Gewissen

Viele Täter*innen hätten psychische Probleme und Brüche in der Biographie – auch wenn das in keinem Fall als Entschuldigung gelten würde, betont er. Aber es gehört zu einer umfassenden Urteilsfindung dazu, auch diese Hintergründe zu berücksichtigen. Thomas Heil will das nach besten Gewissen tun. Bis 2023 ist er von der Stadt Leipzig als Schöffe nominiert.