Fakt ist ...! | 26.09.2011 | Protokoll Chat zum Nachlesen: "Mythos Ehe"

25. September 2019, 11:59 Uhr

Kann man eine Ehe, die verloren scheint, vielleicht doch noch retten und wenn ja, wie? Kann eine Paartherapie helfen? Und was ist, wenn die Ehe eben nicht mehr zu kitten ist?

Im Chat drehte sich diesmal alles um den "Mythos Ehe". Es antworteten Diplom-Psychologin Jeannette Mätzold, Diplom-Psychologin Astrid Becker und Rechtsanwältin Katrin Niederl.


Moderator:
Hallo und herzlich willkommen zum Chat mit dem Thema "Mythos Ehe". Unsere Experten sind: Diplom-Psychologin Jeannette Mätzold, Diplom-Psychologin Astrid Becker und Rechtsanwältin Katrin Niederl. Ein herzliches Guten Abend an unsere Gäste.

Sonja:
Wie viele der Scheidungen, die Sie bisher betreut haben, gingen tatsächlich gütlich einher? Man hört immer davon, aber ist das möglich?

KatrinNiederl:
Das lässt sich nicht in Prozenten ausdrücken, aber es gibt tatsächlich schon eine größere Anzahl von Paaren, die es gut schaffen, sich über die Fragen und Probleme im Zusammenhang mit einer Scheidung gütlich zu einigen.

Manu:
Ich lebe mit meinen Freund (47 Jahre) (ich 45 Jahre) seit über zwei Jahren in einer art Fernbeziehung. Er hat ein Haus und ich habe ebenfalls ein Haus. Er arbeitet von Mo. bis Sa. und hat kaum Zeit für mich. Er hat einen 9 Jahre alten Sohn um den er sich rührend kümmert. Dennoch stellt er seinen Sohn über unsere Beziehung,w enn die Mutter mit den Fingern schnippt werde ich hinten angestellt, das betrübt mich sehr. Er möchte auch nicht zu mir ziehen. Wir lieben uns auch wenn unsere Beziehung des öfteren auf der Kippe stand, dennoch fühlen wir uns immer zueinander hingezogen. Ich fürchte, das wir uns auseinanderleben und ich weiß nicht wie ich mich Verhalten soll. Mit seinem Sohn komme ich nicht klar, weil die Eltern ihn sehr verzogen haben. Habe ja selbst zwei Kinder, komme wunderbar klar. Was würden sie mir Raten, bin etwas Verzweifelt. Danke für Ihren Rat.

J.Mätzold:
Hallo Manu, ich kann mir vorstellen, daß Sie sich zurückgesetzt fühlen. Die Zuneigung füreinander wird sehr deutlich, in dem was Sie schreiben. Sie haben schon einige Krisen bewältigt. Man weiß, daß Sie es perse als Paar schwerer haben, aufgrund der Fernbeziehung. Ich rate Ihnen, Ihre Bedürfnisse und Wünsche weiter anzusprechen und zu versuchen, mit Ihrem Partner auch die unterschiedlichen Sichtweisen zu klären. Eine psychologische Beratung diesbezüglich ist m.E. empfehlenswert.

Sonja:
Kann man fordern, wenn eine Ehe bereits geschieden ist, ein klärendes Gespräch noch mal mit der Partnerin zu führen oder ist das vergebene Mühe. Bei Gericht würde sich ja um so was nicht mehr gekümmert. Jedoch meine ehemalige Partnerin vermeidet dies in jedweder Form.

A.Becker:
Dass das Bedürfnis da ist, ein klärendes Gespräch zu führen, ist vollkommen verständlich, v.a. wenn man von der Frage nach dem "Warum?" gequält wird oder Dinge noch unausgesprochen oder ungeklärt sind. Diesen Wunsch zu äußern ist angemessen. Der frühere Partner hat aber als eigenständige Person auch immer das Recht, dies abzulehnen. Manchmal braucht der andere auch noch einige Zeit, braucht den Abstand, bevor er wieder zu einem Gespräch bereit ist. Lassen Sie ihr Zeit, es wird sich unter Umständen lohnen.

Manu:
Warum brauche ich einen Ehevertrag?

KatrinNiederl:
Vor allem dann, wenn größere Vermögenswerte vorhanden sind oder Beteiligungen an Unternahmen, sollte man einen Ehevertrag schließen. Auch bei sehr guten Einkommensverhältnissen kann ein Vertrag später Streit vermeiden. Aber auch ein großer Altersunterschied zwischen den Ehegatten kann einen Ehevertrag sinnvoll machen. Die Frage, ob ein Ehevertrag notwendig bzw. sinnvoll ist, lässt sich aber nur im Einzelfall beantworten. Lassen Sie sich im Zweifel dazu individuell beraten.

carsten:
Frage an die Psychologin: Wenn man sich bei einer Scheidung gütlich einigen möchte, wie sollte man das angehen, also haben Sie Tipps, wie man miteinander umgehen sollte?

J.Mätzold:
Hallo Carsten, wichtig ist, zu versuchen in einer neutralen und ruhigen Athmosphäre die Dinge, die zu klären sind, anzusprechen, auch sagen zu können, dass man traurig ist, wenn es so ist. Sollten Sie Kinder haben, sagen Sie es gemeinsam den Kindern und versuchen Sie sie in Ihren Gefühlen zu unterstützen und zu verstehen. Sprechen Sie nicht schlecht über den Anderen. Wenn Sie resümieren über die vergangenen Jahre, sehen Sie auch das Gute. Eine Mediation oder Beratung dazu kann sinnvoll sein, wenn Sie merken, es klappt nicht zu zweit und Sie enden immer wieder im Streit.

solo41:
Hallo,folgende frage: wenn es nicht zu einer Scheidungsvereinbarung beim Notar kommt, werden dann automatisch alle angelegenheiten beim familiengericht verhandelt?

KatrinNiederl:
Nein. Das Familiengericht entscheidet bei einer Scheidung nur automatisch mit über den Versorgungsausgleich, also die Verteilung der Rentenanwartschaften. Alle anderen sogenannten Folgesachen werden nur durch das Gericht entschieden, wenn hierzu einer der Ehegatten einen Antrag stellt.

Silvi:
Ist nicht eine gekittete Ehe eh verloren? Habe in meinem Bekanntenkreis nie anderes erlebt.

A.Becker:
Es gibt tatsächlich Paare, dei erfolgreich den Schritt erneut gewagt haben. Oft braucht man dafür viel Mut, sich auf einer neuen Ebene zu begegnen, die Persönlichkeit des Partners neu kennenzulernen, denn dieser hat sich oftmals "weiterentwickelt" und man hat diese Entwicklung als Paar nicht miteinander gemacht, sondern aneinander vorbei. Zu "kitten" ist m.E. auch erfolgreich möglich.

Sonja:
Was sind Anzeichen dafür, dass man eine Paartherapie braucht?

A.Becker:
Je nach Mensch und Paar sind die Anzeichen sicher unterschiedlich gelagert. So können emotionaler und körperlicher Rückzug damit einhergehen.Verachtende oder gehässige Äußerungen, die an den Partner gerichtet werden, oder auch ein ständiges "Testen" der Absichten des Partners,weil man diesem nicht mehr vertraut.Meist ist es allerdings nicht nur eins dieser Dinge, sondern mehrere treffen aufeinander als warnzeichen.

solo41:
Halten Sie demzufolge eine Scheidungsvereinbarung vor der eigentlichen scheidung für nig bzw sinnvoll?

KatrinNiederl:
Das kommt darauf an, was mit bzw. vor der Scheidung zu klären ist. Stehen Unterhaltsansprüche im Raum, ist Vermögen auseinanderzusetzen, zB. eine Immobilie, oder gibt es Zugewinnausgleichsansprüche, ist eine Scheidungsfolgenvereinbarung auf jeden Fall sinnvoll. Und auch preiswerter, als alle Dinge vor dem Familiengericht auszustreiten.

Evi:
Ich lebe seit 14 Jahren in einer Lebensgemeinschaft, wir sind also nicht verheiratet. Meine Tochter aus einer anderen Partnerschaft ist 28 Jahre als und ist seit ihrem Studium wirtschaftlich selbständig und lebt 500 km weit weg. Ich verstehe mich mit meinem Partner, ja, ich muss es so sagen, ohne größere Zwischenfälle gut. Mit den Jahren jedoch stieg in mir eine Unzufriedenheit auf, weil er sehr introvertiert ist und wir völlig unsere Nähe und das Interesse an Nähe verloren haben. Das heißt, mit den Jahren (seit etwas 4 Jahren) haben wir keine Liebesbeziehung mehr. (Wir sind 47 und 48 Jahre alt). Das führte dazu, dass ich in eine andere Beziehung gefunden habe und dort auch Liebe und Nähe erfahre. Mir fällt trotz allem eine Entscheidung zur Trennung schwer, und ich weiß, dass ich dies hätte auch schon längst tun müssen. Ich mache mir natürlich Vorwürfe und bin nach tiefgründigem Dachdenken schon zu dem Ergebnis gekommen, dass wir beide unsere schönen und guten Jahre hatten. Ich würde einschätzen, dass wir noch freundschaftlich zusammen sind, aber die Liebe nicht mehr vorhanden ist. Wie gehe ich fair und richtig mit dieser Situation um. Welcher Weg hilft mir, eine Entscheidung zu treffen?

A.Becker:
Sie scheinen bereits entscheiden zu sein und dennoch dankbar ob der gemeinsamen Zeit. Manchmal hilft es,diese Entscheidung zu untermauern, wenn man sich vorstellt, was für Konsequenzen eine Trennung hat..nach einem Monat, nach einem Jahr, nach 5 Jahren - wie werden Sie sich fühlen? Sicher überlegen Sie bereits einige Zeit und haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wenn Sie diese für sich getroffen haben, ist es sicher "fair", dem Partner die eigenen Gefühle darüber mitzuteilen alsbald. Ihre Sicht der Dinge in der "ICH"-Form ist sicher hilfreich, damit ihr Partner besser verstehen kann, was der Grund für Ihre Entscheidung ist.Sprechen Sie Gefühle an, die Sie bewegen und auch, wie dankbar Sie für die gemeinsame Zeit sind. Eventuell ist ein persönlicher Brief hilfreich.

harry34:
Muss das Trennungsjahr eigentlich immer sein oder wie kann ich es umgehen?

KatrinNiederl:
Das Trennungsjahr ist grundsätzlich einzuhalten. Nur im Fall einer besonderen Härte kann schon vor Ablauf des Jahres die Scheidung eingereicht werden. Solche Härtefälle können etwa bei Gewalt in der Ehe gegeben sein. In der Praxis läuft es aber so,dass das Gericht nicht überprüft, ob die Ehegatten tatsächlich schon ein Jahr getrennt leben. Es findet lediglich eine Befragung der Eheleute dazu statt.

Inge:
Was erwartet mich eigentlich bei einer Paartherapie? Wie läuft das ab?

A.Becker:
Eine Paartherapie hat unterschiedliche Bausteine, je nachdem, mit welchem Auftrag das Paar kommt. Wollen wir unsere Beziehung verbessern?Wollen wir uns gütlich trennen?Wissen wir noch gar nicht,wie es mit uns weitergeht? Zu Beginn folgt deshalb eine kurze diagnostische Phase, in der die Problematik des Paares beleuchtet werden soll - u.a. auch, in welchen Bereichen es denn "gut läuft". Anschließend wird meist zu zweit bzw. manchmal in Einzelsitzungen daran gearbeitet. In regelmäßigen Abständen (z.B. alle 2 Wochen) finden dann Sitzungen statt, je nach Bedarf kann dies 2 Monate oder schon einmal 1 jahr dauern.

hannelore:
Braucht man im Fall einer Scheidung eigentlich immer einen Anwalt?

KatrinNiederl:
Einer der Ehegatten braucht auf jeden Fall einen Anwalt, ohne den kann man die Scheidung nicht bei Gericht einreichen. Aber wenn man sich über alle Scheidungsfolgen vorab einig geworden ist, braucht sich der andere Ehegatte nicht auch anwaltlich vertreten zu lassen. Man kann sich in diesem Fall auch darauf einigen, sich die Kosten für einen Anwalt zu teilen.

Moderator:
Die Fragen sind mitunter sehr lang, vielen Dank dafür. Bitte haben Sie ein wenig Geduld bis die Fragen beantwortet sind.

carsten:
Wie lange dauert üblicher weise solch eine Paartherapie?

A.Becker:
Das hängt u.a. davon ab, was das Paar für sich erreichen möchte. Aus unserer Erfahrung sind manchmal nur 5-6 Sitzungen (à 50 Minuten) nötig, andere Paare sehen wir in größeren Abständen auch noch nach 1 -2 Jahren. Vielfach wird das als hilfreich empfunden, um die langfristige Beziehungsqualität zu wahren, und sich weider neu positiv aufeinander einzustimmen.

hannelore:
Zum Trennungsjahr habe ich auch eine Frage: Kann man den Beginn eines Trennungsjahres selbst festlegen oder muss das ein Gericht bestimmen?

KatrinNiederl:
Zum Zeitpunkt der Trennung werden die Eheleute nur durch das Gericht befragt. Sie geben dort nur selbst an, seit wann sie getrennt leben. Die Trennung muss nicht vorab angezeigt werden oder ähnliches.

carsten:
Frage an die Psychologin: Wenn man sich bei einer Scheidung gütlich einigen möchte, wie sollte man das angehen, also haben Sie Tipps, wie man miteinander umgehen sollte?

A.Becker:
Das wichtigste Kriterium ist die sogenannte "Transparenz", i.e. bezüglich eigener Wünsche und Vorstellungen immer offen zu sein und diese zeitnah mitzuteilen, auch wenn darauf eine potenziell negative Antwort folgt. Manchmal kann auch ein vermittelnder und neutraler Dritter hilfreich sein.

Heike:
Hallo. Nach vielen, vielen Krisen und Aussprachen bin ich der Meinung, dass unsere Ehe ( 28 Jahre ) gar nicht mehr zu retten ist. Ich möchte mich wirklich eines Tages von meinem Mann trennen - und er von mir, glaube ich. Wir leben getrennt unter einem Dach - und unser Haus ist das Problem: wer soll ausziehen, und wie hoch werden die zuaätzlichen finanziellen Belastungen sein?

KatrinNiederl:
Eine gemeinsame Immobilie sollte immer im Einvernehmen der Ehegatten auseinandergesetzt werden. Wenn beide Ehegatten im Grundbuch stehen, gibt es im Grunde zwei Möglichkeiten: Entweder übernimmt einer Haus und Kredite und zahlt den anderen aus oder das Haus wird gemeinsam verkauft. Einigt man sich nicht, kann das Gericht zwar festlegen, ob einer das Haus während er Trennungszeit und ev. auch danach alleine bewohnen darf, aber es kann nicht das Miteigentum aufheben. Dies kann gegen den Willen eines Partners dann erst nach der Scheidung durch eine Teilungsversteigerung erwirkt werden. Es ist auf jeden Fall ratsam, sich an einen Tisch zu setzen und die bestehenden (auch finanziellen) Möglichkeiten zu besprechen. Wenn keiner den anderen ausbezahlen oder die Kreditraten alleine bezahlen kann, ist ein Verkauf oft unvermeidbar. Außerdem hat es auch Auswirkungen auf mögliche Unterhaltsansprüche, wer im Haus bleibt und wer weiter die Raten bezahlt.

sinaa:
Frau Becker, ich habe aus Ihrer Antwort an Inge entnommen, dass manche Paare auch kommen, um ihre Beziehung zu verbessern. Ist soetwas denn wirklich notwendig? In jeder Ehe oder Partnerschaft gibt es gute und schlechte Zeiten? Ist es nicht ein bisschen übertrieben, bei Problemen gleich den Therapeuten zu bemühen? Vielleicht unterschätze ich das aber auch und es ist ganz ratsam.

A.Becker:
Das ist richtig. Und nein, es ist nicht immer notwendig, vor allem, wenn man als Paar schon viele Aufs und Abs miteinander durchgestanden hat. Schwierigkeiten gibt es in jeder Beziehung, sogar die Konfliktthemen sind die gleichen. Der Unterschied der dennoch relativ zufriedenen Paare zu unzufriedenen Paaren ist jedoch, dass es eher unzufriedenen Paaren an Lösungsstrategien mangelt, diese Konflikte langfristig anzugehen.Dann kann eine Beratung/Therapie hilfreich sein.

carsten:
Wie teuer ist eine Scheidung durchschnittlich? Kann man Beihilfen beantragen?

KatrinNiederl:
Das hängt davon ab, wie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute sind und welche Dinge vor Gericht geregelt werden müssen. Mit Kosten von mindestens 1.000 - 2.000 EUR muss man in der Regel schon rechnen. Bei vielen Streitpunkten kann es erheblich mehr werden. Wer sich das nicht leisten kann, hat Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe (früher Prozesskostenhilfe).

Manu:
Hallo, ist bei der Scheidung eine Scheidungsvereinbarung im Vorfeld der Scheidung von Vorteil, bzw. ist dies überhaupt nötig. Oder werden bei nicht vorhandener Scheidungsvereinbarung automatisch dann alle Angelegenheiten vom Familengericht verhandelt und per Urteil festgelegt? Danke für Ihre Auskunft

KatrinNiederl:
Eine Vereinbarung ist auf jeden Fall von Vorteil, wenn es Ansprüche zwischen den Ehegatten zu regeln gibt. Aber sie kommt natürlich nicht immer zustande, weil es nicht immer gelingt, dass die Eheleute sich darüber einigen können, wieviel Unterhalt oder Zugewinnausgleich etc. zu bezahlen ist. Dann kann man diese Fragen auch vom Gericht regeln lassen. In den meisten Fällen verzögert sich das Verfahren hierdurch jedoch erheblich.

Sonja:
Kann man fordern, wenn eine Ehe bereits geschieden ist, ein klärendes Gespräch noch mal mit der Partnerin zu führen oder ist das vergebene Mühe. Bei Gericht würde sich ja um so was nicht mehr gekümmert. Jedoch meine ehemalige Partnerin vermeidet dies in jedweder Form.

J.Mätzold:
Dahinter steht häufig Angst sich mit dem Ex-Partner zu konfrontieren. In der Praxis der Paartherapie ist es hin und wieder ein Anliegen mit dem Menschen kommen, um in einer neutralen Umgebung zu resümieren. Neben dem Schlechten auch das Gute zu sehen ist langfristig wichtig.Akzeptieren Sie jedoch, wenn Ihre Partnerin dazu (noch)nicht bereit ist.

solo41:
Sind mit der Scheidung beim familiengericht dann anschließend alle Angelegenheiten als abgeschlossen zu betrachten, oder können nach erfolgter Scheidung vom Expartner noch Forderungen betreffend der Ehe gestellt werden?

KatrinNiederl:
Es können auch nach der Scheidung noch Ansprüche erhoben werden, zB. auf Unterhalt oder Zugewinnausgleich.

Manu:
Was sind Anzeichen dafür, dass man eine Paartherapie braucht?

A.Becker:
Der Partner kann sich z.B. vermehrt zurückziehen oder in Arbeit flüchten. Ein anderes Anzeichen könnte sein, dass selbst positive Gesten des Gegenübers ihm zum Nachteil ausgelegt und kritisch hinterfragt werden. Ein In-sich-Zurückziehen kommt u.U. vor, dann haben oft nur sachliche Themen Platz in Gesprächen. Keines dieser Merkmale kann allein Vorbote sein, erst ein gehäuftes Auftreten über längere Zeit und verschiedene "Anzeichen" könnten aufmerken lassen.

Manu:
Klingt vielleicht etwas komisch aber: Wenn man nach einigen Wochen Ehe merkt, dass ist es doch nicht, kann man aus der Sache noch irgendwie rauskommen?

KatrinNiederl:
Im Normalfall muss man das Trennungsjahr abwarten und dann ganz normal die Scheidung einreichen. Eine kurze Ehe zieht aber weniger finanzielle Folgen nach sich, was etwa den Rentenausgleich oder Unterhaltsansprüche angeht.

Sonja:
Was sind Anzeichen dafür, dass man eine Paartherapie braucht?

J.Mätzold:
Beziehungen können immer wieder in eine Krise kommen z.B. beim Zusammenziehen oder wenn Kinder da sind. Streits sind ein häufiges Thema, wenn sie sehr heftig sind. Es kommt auf den Leidensdruck an, ob man sich verstanden und aufgehoben fühlt. Beide sollten bereit dazu sein.

hannelore:
Werden die Kosten bei einer Scheidung dann gerecht auf beide aufgeteilt? Wonach richtet sich das?

KatrinNiederl:
Die Gerichtskosten werden automatisch auf beide Ehegatten verteilt. Den Anwalt muss zunächst alleine der bezahlen, der ihn beauftragt hat. Man kann sich aber einigen, sich auch die Anwaltskosten zu teilen, wenn beide geschieden werden möchten.

Inge:
Mein Mann will die Trennung. Hilfe von außen lehnt er ab, will absolut nicht mit sich reden lassen. Ich komme einfach nicht an ihn heran. Kann ich für meine Ehe noch irgendetwas tun?

J.Mätzold:
Sie sollten in dieser schweren Situation etwas für sich tun. Suchen Sie Unterstützung bei Ihren Freunden. Es ist schwierig, wenn Ihr Mann die Kommunikation mit Ihnen ablehnt. Dies kann aus Scham oder Angst heraus entstehen. Bieten Sie von sich aus immer wieder Ihre Gesprächsbereitschaft an-mehr können Sie im Moment nicht tun.

Manu:
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine Paartherapie?

J.Mätzold:
Weder die gesetzlichen noch die privaten Krankenkassen übernehmen die Paartherapie.

stefan:
Hallo, meine Ex Frau lässt seit 5 Jahren nicht mehr zu, dass ich meine Tochter sehe, weil ich eine Gefahr für sie darstelle. Ich hatte im Internet Ponrograhpie angesehen und siebenmal bin ich auf kinderpornographische Seiten gestossen. Deswegen wurde ein Strafbefehl gegen mich verhängt. Reicht das auch um meine Tochter nicht mehr sehen zu dürfen. Das ganze ist jetzt 6 Jahre her.

KatrinNiederl:
Ein Umgangsausschluss kommt nur dann in Frage, wenn der Umgang eine konkrete Gefahr für das Kind bedeutet. In Zweifelsfällen kann das Gericht anordnen, dass zunächst ein sogenannter begleiteter Umgang stattfindet, also der Umgang zumeist in einer Familienberatungsstelle stattfindet und ein dortiger Mitarbeiter dabei ist. Dies ist bei Gewalt- oder Missbrauchsverdacht die Regel. Lassen Sie sich auf jeden Fall beim Jugendamt oder einem Anwalt beraten, ich denke schon, dass Ihnen ein Umgangsrecht mit Ihrer Tochter zusteht.

harry34:
Ich möchte mich der Frage von Inge anschließen. Ich würde gern eine Paartherapie machen, meine Frau will absolut nicht. Wie kann ich Sie dazu bewegen?

J.Mätzold:
Paartherapie ist eine Dienstleistung. Die meisten Paartherapeuten bieten Vorgespräche an, in denen Ihre Frau und Sie entscheiden, ob Sie sich gut beraten fühlen und davon profitieren könnten. Vielleicht nimmt das Ihrer Frau die Scheu.

carsten:
Können auch Kinder in einer Paar-Therapie teilnehmen? Oder ist das eher ungünstig?

J.Mätzold:
Die meisten Paartherapeuten arbeiten auch familientherapeutisch. Es wird am Anfang der Therapie geklärt, worauf der Fokus liegt. Es ist möglich, auch die Kinder zu unterstützen.

fine:
ich verfolge das hier schon eine weile. ich glaube wir erwarten alle heutzutage viel zu viel von Liebe und Glück. Sollten wir nicht einfach die Ansprüche etwas runterschrauben und zufrieden sein mit dem, was wir haben?

A.Becker:
Die Ehe/Partnerschaft hat früher sicher eine andere Funktion erfüllt als heute. Wo vormals eine Grundsicherung im Vordergrund stand, sind es heute vor allem die Ansprüche an emotionale Unterstützung durch den Partner. Diese sind weniger konkret nachprüfbar und damit auch schwerer zu erfüllen. Diese Ansprüche sollte man sich von zeit zu Zeit bewusst machen, um sich wiedre darauf zu konzentrieren, was der Partner bereits alles gibt! Hinter vielen Handlungen des Anderen steckt sicher eine gute, beziehungsorientierte Absicht. Auch das ist Glück in der Liebe - dem anderen wohlgesonnen sein ohne große Gesten.

Inge:
Frau Mätzold, ich habe das Gefühl, es nervt meinen Mann, wenn ich ihn immer wieder auf die angespannte Situation anspreche. Zwischenzeitlich hatte ich sogar den Eindruck, es wäre besser, für einige Zeit getrennte Wege zu gehen. Ich habe nur Angst, dass wir uns dann nie wieder zusammenraufen und fürchte mich deshalb vor einer Trennung auf Zeit.

J.Mätzold:
Liebe Inge. Manchmal ist etwas Abstand ganz gut um sich wieder anzunähern. Sprechen Sie Ihre Gefühle offen an, Sie haben ein Recht darauf. Sollte es Ihnen von der Stimmung her schlecht gehen, suchen Sie Unterstützung in einer Einzeltherapie.

Hansi:
Erleben Sie es oft, dass sie denken, das hat hier bei den eiden gar keinen Sinn - und dann werden sie eines besseren belehrt?

J.Mätzold:
Naja, wir sind Wissensvermittler, aber keine Schiedsrichter und für Überraschungen gern zu haben. :-)

jenny:
Hallo

Moderator:
Ein runde Stunde ist um, unsere Gäste arbeiten noch einige Fragen ab. Ein paar Minuten haben wir noch.

carsten:
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Fernbeziehungen auf lange Sicht keine Chance haben. Haben Sie Tipps, aus Ihrer Arbeit, wie es doch etwas werden kann?

A.Becker:
Partner in einer Fernbeziehung haben es sichtbar schwerer. Es fehlen oft gemeinsame Erlebnisse. Berichten Sie über Ihren Alltag und wie Sie sich in kleinen Situationen geärgert, gefreut oder bedrängt gefühlt haben. Die emotionale Nähe trägt eine Beziehung, nicht das Austauschen von Fakten. Und der Humor ist wichtig - lachen Sie wenn möglich gemeinsam, das schweißt zusammen.

Moderator:
Unsere Zeit ist um. Ich bedanke mich ganz herzlich bei unseren Gästen für die Teilnahme am Chat.

J.Mätzold:
Alles Gute und einen interessanten Abend.

KatrinNiederl:
Einen schönen Abend noch und danke für Ihr Interesse!

A.Becker:
Danke für die vielen interessierten und überlegten Fragen! Alles Gute Ihnen.

Moderator:
Das Chat-Protokoll kann in wenigen Minuten auf der Internetseite: http://www.mdr.de/fakt-ist nachgelesen werden. Wir wünschen allen noch einen schönen Abend - und sagen Tschüss.