Welttag des Radios am 13. Februar Das Radio: Eine medientechnische Revolution
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23. Februar 2024, 11:35 Uhr
Die Worte eines Postbeamten gelten als Geburtsstunde des deutschen Radios: "Hallo, hallo! Hier ist Königs Wusterhausen auf Welle 2700" So startete die erste zivile Rundfunkübertragung in Deutschland. Mit der Liveübertragung eines Weihnachtskonzerts gelang am 22. Dezember 1920 der Schritt von der drahtlosen Telegrafie zum Radio! Es holt so große Ereignisse in den Alltag, sorgte zunächst für Unterhaltung und Bildung. Später wurde es als Massenmedium auch zum Propaganda- und Machtinstrument.
Eine medientechnische Revolution für wenige Hörer
Auf dem Mühlenberg in Königs Wusterhausen, auf dem die Deutsche Reichspost ihre Hauptfunkstelle betrieb, war zwei Tage vor Heiligabend viel Betrieb. Schon am Nachmittag war ein Harmonium den Hügel hinauf transportiert worden. In den frühen Abendstunden folgten mehrere Männer mit Musikinstrumentenkoffern. Sechs Enthusiasten bereiteten sich auf einen Auftritt vor. Zum ersten Mal sollte an diesem Abend ein Instrumentalkonzert über den auf der Anhöhe befindlichen Langwellen-Sendemast gesendet werden. Davor wurde die Radiotechnik nur militärisch genutzt oder es wurden Morsezeichen übertragen. Zivilisten war das Radiohören verboten. Deshalb waren es nur sehr wenige Hörer, welche der medientechnischen Revolution lauschten, die sich am 22. Dezember 1920 in der Hauptfunkstelle der Deutschen Reichspost auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen abspielte. Diese Übertragung gilt als die Geburtsstunde des deutschen Rundfunks.
Musizieren unter erschwerten Bedingungen
Eine Stunde lang musizierten die Hobby-Musiker, Beamte der Deutschen Reichspost. Dabei saß der Geige spielende leitende Techniker Erich Schwarzkopf direkt neben einem Fünf-Kilowatt-Lichtbogensender. Zur Schalldämmung wurde der Raum mit Schlafdecken aus dem Militärbestand ausgelegt. Cello und Klarinette spielende Postbeamte hätten ebenfalls bereitgestanden, doch ein Zusammenspiel vieler Instrumente zu übertragen, bereitete wegen akustischer Kopplungen in der Frühphase des Rundfunks Schwierigkeiten. Deshalb erklangen nur die von Schwarzkopf gespielte Geige, ein Harmonium und Gesangstimmen, die "Stille Nacht" und weitere Weihnachtslieder vortrugen. Auch Gedichte wurden vorgelesen und Grüße ausgesprochen. Musik und Wort – die typische Radiomischung gab es also schon vor 100 Jahren. Funktechniker sorgten dafür, dass das "Weihnachtskonzert" auch gehört werden konnte. Die Reichspost-Sendestelle verfügte über mehrere Sendemasten, die bis 1919 vom Militär genutzt worden waren. Obwohl es noch keine Radiogeräte gab und der Empfang nur über entsprechende Telegraphie-Empfänger mit Kopfhörern möglich war, wurde das Konzert in behördlichen Empfangsstationen verfolgt. Technisch klappte alles und fand großen Zuspruch – auch im Ausland, wie spätere Zuschriften aus Luxemburg, Holland, England und den nordischen Staaten bestätigten. In den folgenden Monaten folgten ähnliche Darbietungen.
Rundfunk für alle
Zwei Jahre später waren die Techniker in Königs Wusterhausen noch mutiger und wagten sich an die Übertragung von "Madame Butterfly" aus der Berliner Staatsoper oder von Reden aus dem Reichstag. Ab Herbst 1922 bemühte man sich um eine regelmäßige Programmgestaltung, schon an mehreren Wochentagen fanden stundenweise Rundfunkübertragungen statt - meist aus einem einfachen Studio und Aufnahmeraum. Das neue Medium entwickelte sich rasant.
Zerstreuung und Bildung
Am 29. Oktober 1923 startete aus dem Berliner Vox-Haus am Potsdamer Platz der "Unterhaltungsrundfunk für alle" – die nächste Stufe in der medialen Revolution jener Jahre. Das Programm sollte "zerstreuen und ein wenig bilden". Hans Bredow war als Staatssekretär für das Telegrafen-, Fernsprech- und Funkwesen der wichtigste Rundfunkaktivist der Weimarer Republik. Er legte besonderen Wert auf Bürgernähe: "Der Rundfunk wird für die Allgemeinheit freigegeben, zur Erholung und Abwechslung. Es soll gelingen, allen Schichten künstlerisch und geistig hochstehende Vorträge aller Art zu Gehör zu bringen."
Bredow selbst betreute eine Vortragsserie, deren Titel von "Französischer Literaturgeschichte", über "Hygiene im Kindesalter", "Briefmarken", "Hühnerzucht" bis zur Vorlesung über "Internationale Gauner" reichten. Dieser Unterhaltungsrundfunk war zunächst nur mit Detektorengeräten per Kopfhörer und mittels einer viele Meter langen Antennenleitung zu empfangen. Trotzdem fand er eine rasante Verbreitung. 1923 hörten ihn nur 467 Teilnehmer. Zwei Jahre später waren es schon 549.000. 1929 waren es dann schon drei Millionen Hörer. Auch die Industrie hatte sich inzwischen auf das neue Medium eingestellt: Röhrenempfänger und Lautsprecher wurden zum Standard.
In Leipzig, München, Breslau, Königsberg, Hamburg und anderen deutschen Städten entstanden weitere Rundfunkgesellschaften. In der Berliner Masurenallee wurde das "Haus des Rundfunks" gebaut, welches 1932 als das damals modernste Funkhaus Europas in Betrieb ging. Die Entwicklung des Rundfunks glich der des Computers: innerhalb eines Jahrzehnts setzte sich eine neue Technik durch.
(Der Artikel wurde erstmals im Dezember 2020 veröffentlicht)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 100 Jahre Radio - Deutschland On Air | 25. Februar 2024 | 22:20 Uhr