Die First Ladys des Sozialismus Titos Frau Jovanka Broz - schillernde First Lady

13. März 2019, 12:46 Uhr

Jovanka Broz, die Ehefrau des jugoslawischen Herrschers Josip Broz Tito, war eine schillernde First Lady. Sie war elegant und klug und ihr luxuriöses Leben sagenumwoben. Hinter den Kulissen war sie auch politisch aktiv. Doch nach dem Tod ihres Mannes fiel sie in Ungnade.

Es ist der 7. Mai 1952. Der jugoslawische Herrscher Josip Broz Tito wird 60. Und genau an seinem Geburtstag feiert er auch Hochzeit. Er heiratet seine Hausangestellte, Jovanka Budisavljević. Sie ist eine attraktive Frau - elegant, braunäugig, mit langen schwarzen Haaren. Und sie ist jung - noch keine 27 Jahre alt. Seit sieben Jahren ist sie in Titos Haus beschäftigt. Gerüchte besagen, die beiden seien bereits seit Jahren ein Liebespaar.

Die Hochzeit jedenfalls ist der Beginn eines märchenhaften Aufstiegs einer jungen Frau, die aus ärmlichsten Verhältnissen stammt.

Partisanenhauptmann Jovanka Budisavljević

Jovanka Budisavljević wird am 7. Dezember 1924 als Kind serbischer Eltern in einem Dorf in Kroatien geboren. Sie besucht eine Grundschule und schließt sich 1941, kaum 18-jährig, als Partisanin der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee im Kampf gegen Hitlerdeutschland an. Die junge Frau soll die Kommandeure durch ihren Mut und ihre Kaltblütigkeit beeindruckt haben und so wird sie sukzessive befördert. Am Ende des Krieges ist sie Hauptmann der Volksbefreiungsarmee. Eine eindrucksvolle Karriere in einer von Männern dominierten Armee ... Die junge Partisanin fällt jedenfalls Geheimdienstleuten auf, die nach verlässlichen Hausangestellten des Partisanengenerals Josip Broz Tito suchen. Jovanka Budisavljević nimmt deren Angebot an und gehört ab 1945 zur Entourage Titos.

Märchenhafter Aufstieg

Nach ihrer Heirat mit dem jugoslawischen Alleinherrscher avanciert Jovanka Broz schnell zu einer ebenso schillernden wie beliebten First Lady Jugoslawiens. Sie ist fast immer an der Seite ihres Mannes, sowohl bei Empfängen in Belgrad als auch bei mehr als 100 Staatsbesuchen in aller Welt. Mit ihrer Eleganz und Fröhlichkeit beeindruckt sie Präsidenten, Regierungschefs und Könige. Der sowjetische KP-Chef Nikita Chruschtschow etwa schwärmt ganz unverhohlen für Jovanka. Gemeinsam mit ihrem Mann symbolisiert Jovanka Broz in den 1970er-Jahren aber vor allem auch die Bewegung der blockfreien Staaten, die sich als eine Alternative im Kalten Krieg der Systeme verstehen.

Luxusleben

Jovanka Broz, die schillernde First Lady Jugoslawiens, genießt einen nicht nur für sozialistische Verhältnisse beeindruckenden Luxus an der Seite ihres Mannes: Herrschaftliche Villen in jeder Teilrepublik Jugoslawiens nennen die beiden ihr eigen, Yachten, Luxuslimousinen, Garderobe und Schmuck aus Frankreich und Italien. Geradezu legendär sind die Begegnungen und Partys mit Hollywoodschauspielern und Spitzenpolitikern aus aller Welt auf Brioni, der zauberhaften Privatinsel des jugoslawischen Herrschers vor der Küste Istriens.

Sowjetische Kundschafterin?

Als Mitte der 1970er-Jahre der Kampf um die Nachfolge des greisen Tito ausbricht, wird Jovanka Broz, die mittlerweile erheblichen politischen Einfluss besitzt, von Parteigenossen beschuldigt, eine Kundschafterin der UdSSR zu sein. Zwar entbehren die Anschuldigungen jeder Grundlage, was auch eine interne Kommission der Partei rasch bestätigt, doch Tito bricht kurz darauf mit Jovanka: Er zieht aus dem gemeinsamen Haus in Belgrad aus und nimmt sie nicht mehr mit zu Staatsbesuchen. Die Denunzianten haben ihr Ziel erreicht - das Ehepaar zu trennen. Scheiden lässt sich Tito aber nicht.

Jovanka Broz fällt in Ungnade

Als Tito 1980 stirbt, beginnt der unbarmherzige Fall der Jovanka Broz. Und das hat vor allem zwei Gründe: Ohne den einstigen Partisanengeneral Tito, das Symbol des Vielvölkerstaates Jugoslawien, werden die Teilrepubliken alsbald ihre Autonomie anstreben. Das ist ziemlich schnell klar. Jovanka Broz aber steht schon durch ihre Biografie für den Vielvölkerstaat und verteidigt ihn auch vehement. Zum anderen geht das Gerücht in Belgrad um, Tito habe ein politisches Testament hinterlassen, in dem er seine Frau zur Nachfolgerin bestimmt habe. Das beunruhigt die Rivalen um die Macht selbstverständlich ungemein und sie versuchen, Jovanka Broz kaltzustellen.

Leben in Armut

Zunächst verweigert man ihr die Teilnahme am Begräbnis ihres Mannes. Angeblich hat erst eine Intervention der indischen Regierungschefin Indira Ghandi die Parteikader umstimmen können. Jovanka wird zähneknirschend gestattet, mit ihren beiden Söhnen dem Begräbnis beiwohnen zu dürfen. Einige Wochen später wird sie aus der Villa, in der sie mit ihrem Mann mehr als 30 Jahre gelebt hat, vertrieben und all ihrer Besitztümer beraubt. Auch ihr Bankkonto wird geschlossen. Darüber hinaus nimmt man ihr Pass und Reisepass ab. Untergebracht wird Jovanka Broz in einer heruntergekommenen Staatsvilla am Rande Belgrads, die eher einer Ruine ähnelt - die Heizung funktioniert nicht, das Dach ist undicht und an den Wänden wächst Schimmel. Da sie unter Hausarrest gestellt ist, darf sie sich keine andere Bleibe suchen. Geld hat sie auch keines - erst viele Jahre später wird ihr eine bescheidene Rente gewährt. Bis dahin unterstützen sie ihre Schwestern.

Von allen vergessen

So lebt die einstige First Lady demütig und klaglos über mehr als ein Vierteljahrhundert in ihrer trostlosen Residenz. Sie ist völlig vergessen, die meisten Menschen im mittlerweile zerfallenen Jugoslawien denken, sie sei schon lange gestorben. Erst 2009 erhält Jovanka Tito überraschend wieder ihren Pass zurück und der Hausarrest wird aufgehoben. Eine neue Bleibe bekommt sie aber dennoch nicht. Jovanka Broz, die schillernde First Lady Jugoslawiens, deren Absturz so tief war wie ihr märchenhafter Aufstieg, stirbt am 20. Oktober 2013 im Alter von 89 Jahren in einem Belgrader Spital.

(SL)

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Heute im Osten - Das Magazin | 23.06.2013 | 16:00 Uhr