Ungarn Viktor Orbáns neuer Feind: Die UNO

21. März 2018, 15:23 Uhr

Während sich der Wahlkampf in Ungarn seinem Ende zuneigt, entdeckt die Regierung einen neuen Feind: die Vereinten Nationen. Der Streitpunkt sind natürlich: Flüchtlinge.

Am 19. und 20 März wurde Ungarn turnusgemäß einer Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat unterzogen. Wie das Centre for Civil and Political Rights berichtet, wurde die schlechte Behandlung von Flüchtlingen und Zuwanderern sowie ihre Internierung in sogenannten Transit-Zonen dabei kritisiert.

Ungarns neues Feindbild

Die ungarische Regierung lässt sich davon aber kaum beeindrucken. Sie schürt im laufenden Wahlkampf gezielt die Angst vor Flüchtlingen und Zuwanderern und stigmatisiert jene Ungarn, die ihnen helfen wollen. Die Regierungspartei nutzt die UNO-Kritik nun, um – neben dem Milliardär György Soros, den Nichtregierungsorganisationen und der Europäischen Union –  ein neues Feindbild aufzubauen, mit dem sie auf Stimmenfang gehen kann.

Anti-UN Plakat der ungarischen Regierung.
Bildrechte: Ungarische Regierung

"Die UNO will, dass wir stetig Flüchtlinge aufnehmen. Ungarn entscheidet, nicht die UNO!" - das steht auf einem Plakat, das seit einigen Wochen überall in Ungarn zu sehen ist. Darüber in kleinen Buchstaben: Regierungsinformation. So wird die UNO als eine Organisation dargestellt, die vermeintlich die Sicherheit und das Wohlergehen der Ungarn von außen bedroht.

Migration ist schlecht und gefährlich

Im Kern des Konfliktes liegt – wie eigentlich bei allem, was die ungarische Regierung dieser Tage sagt und tut – die Flüchtlingsfrage. Erst vergangene Woche hat der ungarische Außenminister Péter Szijjártó die Positionen der Regierung zu diesem Thema in New York präsentiert. Anlass war die zweite Verhandlungsrunde über einen globalen Migrationsvertag. Zuvor hatte Ungarn verhindert, dass die EU bei diesen Verhandlungen mit einer Stimme sprechen kann.

Migration ist schlecht und gefährlich, und wir wollen, dass die Vereinten Nationen dies endlich zugeben.

Ungarischer Außenminister Szijjártó

Das sagte Szijjártó der staatlichen Presseagentur MTI. Und: "Dass sie (die Vereinten Nationen- d. Red.) behaupten, dass Migration gut sei und dass sie folglich gefördert und organisiert werden müsse, ist eine Gefahr für die Sicherheit, Souveränität und Identität eines jeden Landes – einschließlich Ungarns".

Darüber hinaus forderte die ungarische Regierung internationale Bemühungen, um Migrationsprozesse zu stoppen. Jeder Mensch habe das Recht, in seinem Heimatland in Frieden und Sicherheit zu leben. Sollte das aktuell nicht möglich sein, müsse er sich in unmittelbare Nähe aufhalten, bis die Gefahr vorüber sei. Flüchtlingsbewegungen über mehrere Landesgrenzen hinweg lehnt die ungarische Regierung entsprechend ab.

Schlagabtausch zwischen Ungarn und UNO

Der Konflikt zwischen Ungarn und der UNO schwelt bereits länger. Mehrfach hatten UNO-Sonderberichterstatter ungarische Gesetzesvorhaben kritisiert – darunter einen Gesetzentwurf, der die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen zugunsten von Flüchtlingen weiter einschränken will.

Ende Februar kam es zudem zu einem Schlagabtausch zwischen der ungarischen Regierung und dem UNO-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad al-Hussein, der dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán Rassismus vorgeworfen hatte. In einer Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf nannte er Orbán als Beispiel für "fremdenfeindliche Menschen und Rassisten in Europa", die jedes Gefühl der Peinlichkeit über Bord geworfen hätten.

Ungarns Außenminister Péter Szijjartó forderte daraufhin al-Husseins Rücktritt. Der Menschenrechtskommissar habe Orbán mit den "schlimmsten Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts" verglichen – was schlicht inakzeptabel sei.

Der Hochkommissar für Menschenrechte konterte, er stehe zu jedem einzelnen seiner Worte: "Die Überzeugung, dass das Vermischen von Rassen einen unauslöschlichen und schädlichen Makel schafft, war früher in vielen Ländern weit verbreitet; in Teilen der Vereinigten Staaten, genauso wie in Südafrika waren Gesetze zur Rassenmischung ein integraler Bestandteil der Demütigung und Unterdrückung von Menschen, die vermeintlich 'minderwertigen Rassen' angehörten." Solche Äußerungen von Orbán, dem Regierungschef eines EU-Landes zu hören, sei empörend, erklärte al-Hussein.

Dass diese öffentliche Orbán-Schelte und die Ermahnungen des UN-Menschenrechtsrates im wahlkämpfenden Ungarn irgendeine Wirkung zeigen, ist aber mehr als fraglich. Im Gegenteil: Die Regierung hat Ihre Rhetorik noch einmal verschärft – denn am 8. April wird gewählt.

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: Radio | 25.02.2018 | 04:05 Uhr