Eine Künstlerin reproduziert ein Gemälde von Vincent van Gogh für den Film 'Loving Vincent'.
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Oscar 2018 "Loving Vincent": Gewinnt Polens Animations-Überraschung den Oscar?

04. März 2018, 00:47 Uhr

Über 60.000 Ölgemälde stecken in dem Animationsfilm "Loving Vincent". Der Maler und Zeichner Vincent Van Gogh erwacht zum Leben. Der preisgekrönte Film ist jetzt für den Oscar nominiert.

And the Oscar goes to...?

Am 4. März 2018 werden in Los Angeles zum 90. Mal die Oscars verliehen. In der Kategorie "Bester animierter Spielfilm" ist der polnisch-britische Animationsfilm "Loving Vincent" für den Oscar nominiert. "Loving Vincent" ist der erste vollständig in Öl gemalte Animationsfilm der Welt. Bei der Nominierung ist erstmals auch eine Regisseurin mit von der Partie.

Der Film erzählt die Todesumstände des niederländischen Malers und Zeichners Vincent Van Gogh. Hinter der Produktion steckt ein polnisch-britisches Dream-Team: Die beiden Regisseure, einmal die polnische Malerin und Animationskünstlerin Dorota Kobiela und der britische Filmproduzent Hugh Welchman sind ein Paar - im Leben wie auch bei der Arbeit. Sie schrieben zusammen an dem Drehbuch für "Loving Vincent".

Weltweit einzigartig

Absolut ungewöhnlich ist die Machart des Films, denn er besteht aus animierten Ölgemälden, für die rund 100 Werke van Goghs die Vorlagen lieferten. 120 Künstler, davon 65 aus Polen, schufen etwa 65.000 Ölgemälde, die Bild für Bild wie bei einem Zeichentrickfilm zu einem Film zusammengefügt wurden. Dabei wurde jedes einzelne Bild von Hand gefertigt.

Die Künstler arbeiteten an drei Standorten. Der Großteil malte in der polnischen Hafenstadt Danzig. Für das Projekt hatten sich rund 5.000 Menschen weltweit beworben. Davon hatten rund 100 Künstler die Aufnahmeprüfung bestanden. Nach einer erfolgreichen Aufnahmeprüfung folgte ein Intensiv-Training für die Künstler im Zeichnen des Van Gogh Stils.

Das Team arbeitete sechs Jahre an dem Kunstfilm. Die Handlung wurden mit echten Schauspielern vor Blue- oder Green-Screens gedreht. Das sind Leinwände, auf die beliebige Hintergründe projiziert werden können.

Alle waren außer sich, als sie von der Nominierung für den Oscar erfuhren: "Wir standen kurz vor einem Herzinfarkt", sagte die Regisseurin Dorota Kobiela in einem Interview mit der polnischen Tageszeitung "Wyborcza".

Oscarverdächtig

Der Animationsfilm erwies sich als der größte finanzielle Erfolg in der Geschichte des polnischen Kinos und brachte weltweit 20 Millionen US-Dollar an den Kinokassen ein, in Polen 1,5 Millionen Dollar.

Das Filmteam von "Loving Oscar" feiert die Nominierung für den Oscar
Das Filmteam von "Loving Vincent" feiert die Nominierung für den Oscar Bildrechte: Hugh Welchman/Facebook

Ein Oscartitel würde das Image der polnischen Filmindustrie sicherlich aufpolieren denn "Polen ist offen für Neues“, erklärte der Brite Hugh Welchman gegenüber der Zeitung “Wyborcza“. Nach Angaben des polnischen Senders "TVP Info" hat der Film in Polen 350.000 Zuschauer in die Kinos gelockt und sorgte für "hervorragende Kritik". Kein anderer polnischer Film konnte so gut auf dem weltweiten Filmmarkt mithalten wie die "Loving Vincent" Animation, so TVP.

Wiederholt sich die "Ida-Oscargeschichte" von 2015?

Der Film "Ida" des Regisseurs Pawel Pawlikowski war vor drei Jahren mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ausgezeichnet worden. Der Schwarz-Weiß-Film erzählt die Geschichte der polnischen Nonne und Jüdin Ida im Polen der 1960er-Jahre. Die damalige Kulturministerin Polens Malgorzata Omilanowska würdigte den Film als den "größten Erfolg des polnischen Kinos".

"Loving Vincent" ist mittlerweile von der prestigeträchtigen British Academy of Film und Television Arts (BAFTA) ausgezeichnet worden. Außerdem gewann "Loving Vincent" 2017 den Europäischen Filmpreis in der Kategorie Animationsfilm.

Was die Chancen auf die begehrte Oscar-Trophäe betrifft, äußert sich die polnische Regisseurin Kobiela zurückhaltend. Schließlich betrage das Budget für "Loving Vincent" gerade mal fünf Millionen Dollar, wie Kobiela dem polnischen Sender TVN berichtete. Die Konkurrenz ist groß und "Loving Vincent" muss sich gegen wesentlich kostspieligere Filmproduktionen, mit einem deutliche größeren Budget von über 100 Millionen Dollar behaupten, wie beispielsweise "The Boss Baby", einer amerikanischen computeranimierten Komödie, "The Breatwinner" oder "Coco".

Über dieses Thema berichtete MDR KULTUR auch im Radio: Kultur Kompakt | 23. 01. 2018 | 15:30 Uhr