Machtkampf in Rumänien: Erneuter Wechsel an der Regierungsspitze

16. Januar 2018, 15:51 Uhr

Rumäniens Ministerpräsident Mihai Tudose ist im Streit mit seiner sozialdemokratischen Partei PSD zurückgetreten. Verteidigungsminister Mihai Fifor übernimmt vorübergehend die Amtsgeschäfte. Eine Nachfolgerin ist bereits im Gespräch.

Er wolle die Partei nicht spalten - so begründete Rumäniens Ministerpräsident Tudose am Montag seinen Rücktritt. Zuvor hatte ihm die Partei-Spitze das Vertrauen entzogen. Der erst seit einem halben Jahr amtierende Regierungschef war immer stärker mit seinem Parteichef Liviu Dragnea in Konflikt geraten. Bis die regierenden Sozialdemokraten einen Nachfolger für den Posten des Ministerpräsidenten gefunden haben, übernimmt Verteidigungsminister Mihai Fifor vorübergehend die Amtsgeschäfte.

Seit dem Wahlsieg der sozialdemokratischen Partei PSD im Dezember 2016 ist dies schon der zweite Wechsel an der Regierungsspitze in Bukarest. Auch Tudoses Amtsvorgänger Sorin Grindeanu war Ende Juni 2017 durch ein Misstrauensvotum seiner eigenen Partei gestürzt worden – ebenfalls nach einem Zerwürfnis mit Liviu Dragnea.

Der Strippenzieher

Hintergrund der Streitigkeiten ist Dragneas Bestreben, sich in die Regierungsgeschäfte einzumischen, so Kritiker. Dragnea selbst kann nicht Ministerpräsident werden, weil er wegen Wahlmanipulation vorbestraft ist. Darüber hinaus wird gegen Dragnea wegen des Verdachts der Veruntreuung von EU-Geldern ermittelt. Die rumänische Antikorruptionsbehörde wirft ihm Amtsmissbrauch und Dokumentenfälschung vor.

Vom Protegé zum Gegner

Der 50-jährige Mihai Tudose war von PSD-Chef Dragnea im Juni 2017 für das Amt des Ministerpräsidenten selbst vorgeschlagen worden. Doch ihr Verhältnis verschlechterte sich schnell: In einem Fernsehinterview warf Tudose Dragnea vor, wichtige Entscheidungen ohne Rücksprache mit anderen führenden Parteimitgliedern zu treffen. Vor drei  Monaten brachte Tudose den Parteichef gegen sich auf, weil er eigenmächtig das Kabinett umbildete. Und in der vergangenen Woche gab es Streit, weil Tudose wegen eines Pädophiliefalles in Polizeikreisen den Rücktritt von Innenministerin Carmen Dan forderte, eine enge Vertraute Dragneas. Die Ministerin lehnte jedoch ab zurückzutreten.

Der Präsident mahnt

Angesichts der ständigen Krisen in der Regierungspartei PSD hatte der Präsident Rumäniens, Klaus Iohannis, bereits im Oktober 2017 Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Partei geäußert und angedeutet, er könne sich weigern, erneut einen Sozialdemokraten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Auch jetzt zeigt sich der konservative Staatschef wieder besorgt und mahnt: "Wir brauchen schnell eine neue Regierung, damit aus dieser Phase der Unsicherheit nicht politische Instabilität wird."

Unterdessen haben die regierenden Sozialdemokraten die EU-Parlamentarierin Viorica Dancila als Nachfolgerin des zurückgetretenen Mihai Tudose ins Auge gefasst. Der PSD-Vorstand will diesen Vorschlag Präsident Iohannis unterbreiten, damit dieser die 52-jährige PSD-Politikerin dem Parlament vorschlage. Dancila gilt als Verbündete des umstrittenen PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea.


Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im TV am: 10.02.2017 | 17:45 Uhr