Katrin Schumacher 57 min
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Wir reden über die Debatte zu "Gittersee" von Charlotte Gneuß: Ob eine junge, im westlichen Teil Deutschlands geborene Autorin über die DDR schreiben "darf". Außerdem Bücher von u. a. Annie Ernaux und Esther Kinsky.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 27.09.2023 18:00Uhr 56:39 min

Zur Debatte "Darf sie das?"
Die Autorin Charlotte Gneuß hat einen Roman verfasst, der in das Dresden der 70er Jahre, also in die DDR führt. "Gittersee" stand auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Das vermeintliche Problem: Charlotte Gneuß ist Jahrgang 1992, nördlich von Stuttgart geboren. Ihr Ost-Erleben beschränkt sich darauf, dass ihre Eltern in der ehemaligen DDR aufgewachsen sind und dass sie selbst in Leipzig studiert hat. Es gibt den Vorwurf: Wie kann sie als Wessi über den Osten schreiben, wer hat die Deutungsmacht über Geschichte? Pikantes Detail: der Verlag S. Fischer hatte den Autor Ingo Schulze gebeten, vor dem Erscheinen als Experte über den Text zu schauen. Diese verlagsinterne Liste von ein paar zu korrigierenden Fehlern wurde der Jury für den Deutschen Buchpreis zugespielt – und die Jury hat diese Liste wiederum der FAZ zugespielt, ein unguter Vorgang. MDR KULTUR spricht mit dem Schriftsteller Matthias Jügler über den Fall.

Annie Ernaux: "Die leeren Schränke". Vor einem Jahr hat Annie Ernaux den Literaturnobelpreis gewonnen. Erstmals in deutscher Sprache ist das vor 50 Jahren geschriebene Debüt der französischen Schriftstellerin erschienen. Alexander Solloch (NDR) stellt es vor.

"Solange wir schwimmen": Julie Otsukas dritter Roman ist auf Deutsch erschienen, übersetzt von Katja Scholtz. Gelesen von der Schauspielerin Sascha Icks ist es überdies nun bei argon als Hörbuch erschienen. Eva Gaeding stellt es vor.

Esther Kinskys Werk wurde vielfach ausgezeichnet. 2020 zum Beispiel zusammen mit Ulrike Draesner mit dem Deutschen Preis für Natur Writing. Eine Auszeichnung, die Kinsky, zumindest was die Tradition des Begriffs "Nature Writing" angeht, für sich in Frage stellt. Nicht um Naturerfahrung geht es ihr, sondern darum, Abgelebtes, Verschüttetes, Überlagertes zur Sprache zu bringen. Ihr neuer Essay "Störungen" betont diese Sicht nachdrücklich. Angela Gutzeit stellt ihn vor.

Der Roman "Bild ohne Mädchen" von der Schweizer Autorin Sarah Elena Müller verarbeitet die Geschichte des Kindesmissbrauchs. Dies geschieht auf so intensive Weise, dass die Autorin für ihr literarisches Werk am 20. September 2023 mit dem Literaturpreis des Kantons Bern geehrt wird. Und: Sie ist für den Schweizer Buchpreis nominiert. Alexander Kühn hat das Buch gelesen.

Wir hören die Lyrikerin Andra Schwarz mit einem Gedicht aus ihrem gerade erschienenen Band "Tulpa".

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