Mi 15.03. 2023 09:00Uhr 35:00 min

MDR KULTUR - Das Radio Mi, 15.03.2023 09:00 09:35
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MDR KULTUR - Lesezeit Die Schuldlosen (1/17)

Die Schuldlosen (1/17)

Geschichten aus dem Jahr 1923

Von Hermann Broch

  • Stereo
Der dreiteilige Roman in elf Erzählungen erschien erstmals 1950 und spielt in den Jahren 1913, 1923 und 1933 in einer mitteldeutschen Residenzstadt. In der Lesung mit dem Schauspieler Werner Rehm stellen wir den mittleren Teil des Buches mit den Geschichten aus dem Jahr 1923 vor; darunter die auch in Einzelausgaben herausgebrachte "Erzählung von der Magd Zerline". Die "starke, urwüchsige" Magd nimmt eine zentrale Stellung in den Geschichten ein; auch weil sie als Siegerin über ihre gut situierte Herrschaft hervorgeht.

Anno 1923: Der reichlich 30-jährige vermögende Holländer Herr Andreas, auf der Suche nach einem möblierten Zimmer, kommt im Hause der Baronin Elvira W. unter. Diese lebt seit dem Tode ihres Gatten, eines ehemaligen Gerichtspräsidenten, mit der Tochter Hildegard und der alten Zerline, dem Stubenmädchen, zurückgezogen. Andreas, der sich als Edelsteinhändler ausgibt, ist in der Stadt und ihrer Umgebung während der Inflation auf der Jagd nach billigen Immobilien. Weder von der Baronin noch von deren Tochter kann Andreas Einzelheiten über die Familienverhältnisse erfahren. Diese delikaten Geheimnisse teilt ihm Zerline in ihrer Erzählung mit.

Später begegnet Andreas der 19-jährigen Wäscherin Melitta E., Enkelin des alten Wanderlehrers und Imkers Lebrecht Endeguth. Aus beiden wird ein Paar. Zerline trägt das ihrige bei. Hildegard, die Tochter der Baronin, ist indigniert. Sie ist Andreas von Anfang an mit Misstrauen begegnet. Auch die Baronin selbst ist irritiert und fordert von Andreas Aufklärung. Daraufhin verlässt Melitta das feine Haus.

Andreas hegt Absichten, das Alte Jagdhaus zu erwerben und möchte dieses seiner - inzwischen mütterlichen - Freundin, der Baronin, schenken. Nach dem Tod der Baronin soll Zerline das Anwesen erben. Wenig später erreicht das herrschaftliche Haus eine Schreckensnachricht: Melitta ist unmittelbar nach einem Besuch der Baronin Hildegard W. umgekommen. Doch Andreas durchschaut Hildegard.

* Folge 1: Verlorener Sohn

Hermann Broch, geb. 1886 in Wien, war ein österreichischer Schriftsteller und Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten. Nach einer technische Ausbildung zum Textilingenieur war Broch bis 1927 leitender Direktor der väterlichen Firma. 1928-31 studierte er Mathematik, Philosophie und Psychologie. 1935 zog Broch nach Tirol, später in die Steiermark. 1938 Inhaftierung durch die Nazis. Mit Hilfe von James Joyce gelang ihm die Ausreise nach England. Von dort aus, auf Betreiben von Thomas Mann und Albert Einstein, emigrierte er in die USA. 1950 wurde er Professor an der Yale-Universität. Mit der Romantrilogie "Die Schlafwandler" verfasste er Anfang der 1930er-Jahre eines der wichtigsten Werke des europäischen modernen Romans. Hermann Broch starb am 30.05.1951 in New Haven/USA.
Mitwirkende
Produktion: SFB 1990
Darsteller
Mitwirkende: Werner Rehm