Arztpraxis, Elektronische Gesundheitskarte, Detail von Leonardo-Logo und Datenchip
Laut Thüringer Landesdatenschutzbeauftragtem Lutz Hasse gilt ein umfangreiches Sicherheitskonzept für elektronische Patientendaten. Bildrechte: imago images/Martin Bäuml Fotodesign

Hörer machen Programm Können Ärzte einfach einen Notfalldatensatz anlegen?

24. Januar 2023, 05:00 Uhr

Ein MDR AKTUELL-Hörer aus Thüringen, der anonym bleiben möchte, hat erzählt, dass nach Arztbesuchen die Position "Notfalldatensatz" regelmäßig in seinen Rechnungen auftauche. Er habe nie die Zustimmung dafür gegeben, dass solch ein Datensatz angelegt werde. Dürfen Ärzte einen Notfalldatensatz einfach anlegen?

Den sogenannten Notfalldatensatz gibt es tatsächlich. Das bestätigt der Landesdatenschutzbeauftrage von Thüringen, Lutz Hasse. Mögliche Allergien, verschriebene Medikamente, die Blutgruppe: Diese und andere Dinge können auf der sogenannten elektronischen Gesundheitskarte abgespeichert werden, der modernen Version der Karte, die man bei Arztbesuchen immer vorzeigen muss. In einem Notfall könnten diese Daten dann digital herausgelesen werden.

Notfalldatensatz: Nur unter Zustimmung der Patienten

Doch: "Wenn es stimmt, was ihr Hörer sagt, dann ist da etwas schief gelaufen." Denn es gebe ein umfangreiches Sicherheitskonzept. Jeder Patient könne bestimmen, ob überhaupt und welche Notfalldaten über ihn gespeichert werden. "Das läuft technisch so ab, dass der Patient seine elektronische Gesundheitskarte dem Arzt gibt. Der Arzt hat einen Heilberufeausweis. Beide Karten werden in ein System eingeloggt. Und dann werden noch vom Arzt und vom Patienten PIN-nummern eingegeben."

Genauso verlaufe es auch, wenn der Arzt neue Informationen abspeichert. Zustimmung kommt vom Pressesprecher der Kassenärztliche Vereinigung Thüringen, Matthias Streit: "Grundsätzlich gilt: Sofern ein Notfalldatensatz angelegt wird, muss der Patient zustimmen."

Streit hat allerdings eine Idee, was bei unserem Hörer offenbar abgerechnet wurde. Es handele sich um eine sogenannte Strukturpauschale: "Die Pauschale soll die Kosten der Praxis für die Schnittstelle des Notfalldatenmanagements abgelten. Das heißt aber auch konkret: Sie sagt jetzt nichts darüber aus, ob vom Patienten überhaupt jemals ein Datensatz erhoben wurde."

Datenschutzexpertin: Notfalldatensatz ohne direkte Einwilligung auslesbar

Entwarnung also für unseren Hörer? Nicht ganz, findet Lea Schwarzlmüller. Sie ist Mitglied im Chaos Computer Club, Datenschutzexpertin und studiert in Berlin Medizin. Ärzte können in Notfallsituationen oder solchen, in welchen der Patient nicht ansprechbar ist, den Notfalldatensatz auch ohne PIN und damit ohne direkte Einwilligung des Patienten auslesen.

Lea Schwarzlmüller empfiehlt gut zu überlegen, wie man trotz der Datenschutzprobleme mit den Notfalldaten umgehe. "Ist es mir ein Bedürfnis, dass Rettungskräfte im Notfall wissen, welche Medikamente ich nehme, welche Vorerkrankungen ich habe – und wenn "ja": Was möchte ich darauf hinterlegen? Ich habe natürlich das Risiko, dass es in falsche Hände gelangt. Dessen muss ich mir bewusst sein."

Apps sollen Daten ausschließlich lokal speichern

Der Landesdatenschutzbeauftragte von Thüringen denkt inzwischen selbst darüber nach, seinen eigenen Notfalldatensatz anzulegen. "Ich bin jetzt auch schon ein bisschen älter. Für ältere Menschen, die vielleicht auch ein bisschen vergesslich werden, halte ich die Sache für gut."

Lutz Hasse verweist auch auf Apps, die den Datensatz ausschließlich auf dem eigenen Handy speichern – unabhängig von der Gesundheitskarte.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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