Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF ist verantwortlich für die Durchführung von Asylverfahren und den Flüchtlingsschutz.
Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge müssen Asylanträge zunächst offiziell abgelehnt und Asylsuchende als ausreisepflichtig erklärt werden, damit sie auch offiziell zur Ausreise verpflichtet werden. Bildrechte: IMAGO/Panama Pictures

Asylrecht Warum nicht jeder Dublin-Flüchtling ausreisepflichtig ist

09. September 2024, 09:16 Uhr

Reisen Asylsuchende über ein anderes EU-Land nach Deutschland ein, können sie als ausreisepflichtig gelten. Doch damit das offiziell ist, müssen sie erst abgelehnt und als ausreisepflichtig erklärt werden. Daher sind nur knapp 7.000 Menschen in Deutschland zur Ausreise verpflichtet. Insgesamt könnten es 25.000 werden, doch einer Sprecherin der Linken zufolge gibt es auch an dieser Zahl Zweifel.

Raja Kraus, Autorin, Reporterin
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Bis Ende Juni sind rund 25.000 Asylsuchende über ein anderes EU-Land nach Deutschland eingereist – aber nur knapp 7.000 von ihnen sind laut Bundesinnenministerium tatsächlich ausreisepflichtig. Das hat eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger ergeben. "Das ist die faktische Zahl. Also es leben gerade mal 6.840 Personen in Deutschland für die ein anderer EU-Mitgliedstaat asylrechtlich zuständig ist und sie ausreisepflichtig sind. Und mit dieser Zahl muss man arbeiten."

Experte: Ausreisepflicht muss formell festgestellt werden

Doch was ist mit den 18.000 Menschen, die ebenfalls über ein anderes EU-Land eingereist sind – warum sind die nicht ausreisepflichtig? Auf diese Frage hat das Bundesinnenministerium weder der Abgeordneten Bünger noch MDR AKTUELL bisher geantwortet. Geert Mackenroth war sächsischer Justizminister und ist aktuell der Ausländerbeauftragte der sächsischen Landesregierung. Er kommt zu dem Schluss: "Also rechtlich ist die Sache so, dass man mit der unerlaubten Einreise noch nicht automatisch ausreisepflichtig ist, wenn man einen Asylantrag stellt." Die Ausreisepflicht müsse durch das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration festgestellt werden. Erst mit der formellen Ablehnung und der rechtskräftigen Ablehnung des Asylantrages trete die Ausreisepflicht ein, erklärt Mackenroth. Daher stamme auch die Zahlendiskrepanz.

Die Linken-Politikerin Clara Bünger findet, die Zahl von 25.000 Menschen in Deutschland, für die vermerkt ist, dass ein anderes EU-Land zuständig ist, ohne, dass schon eine Ausreisepflicht festgestellt wurde, müsse man ohnehin mit Vorsicht genießen. "Wir haben die Bundesregierung außerdem gefragt, wann in diesem Ausländerzentralregister der Vermerk, dass ein anderer EU-Staat zuständig ist, wieder gestrichen wird." Darauf habe die Bundesregierung jedoch bisher nicht geantwortet. Das bedeute, die Zahlen seien eventuell nicht repräsentativ, bemerkt Bünger.

Trotz Einreise über anderes EU-Land kann Deutschland zuständig sein

Clara Bünger meint, dass dort möglicherweise auch Leute erfasst sein könnten, für die trotz Dublin-Verfahren eine Ausreisepflicht gar nicht infrage kommt. "Zum Beispiel bei unbegleiteten, minderjährigen Geflüchteten gelten Ausnahmen, auch, wenn bereits enge Verwandte in Deutschland leben. Dann muss die Familieneinheit hergestellt werden." Außerdem reisten viele Schutzsuchende visumsfrei oder mit einem Visum ein. Auch dann gelte nicht das Ersteinreiseprinzip, was ansonsten in der Dublinverordnung ein Kernprinzip sei, erklärt Bünger.

Hinzu kommt: Wer als ausreisepflichtig gilt, muss binnen sechs Monaten in das andere EU-Land überstellt werden – gelingt das nicht, wird Deutschland für das Asylgesuch zuständig. Clara Bünger sagt: Sie wundert es nicht, dass viele Erstaufnahmeländer da blockieren, da das Dublin-Verfahren sie benachteilige.

Der sächsische Ausländerbeauftragte und CDU-Mitglied Geert Mackenroth meint, wenn es eine zentrale Behörde in Deutschland gebe, die Rückführungen schneller und besser organisieren würde, könnten mehr Überstellungen gelingen. Und auch Zurückweisungen an den Grenzen hält er juristisch für möglich.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 09. September 2024 | 06:00 Uhr

157 Kommentare

wodiho vor 3 Wochen

@Wessi
Und um diese Ihre unsägliche Aussage von "meinem Volk" noch mal mit absoluten Zahlen zu untermauern.
Zum unsäglichem "anderem Volk" in Dt, die AfD wählen, gehören 3,7 Mill. "ostdeutsche Wähler".
Zu "ihrem Volk" gehören dann die restlichen 8,1 Mill, sprich "westdeutsche Wähler".
Da wüßte ich jetzt aber, aus welcher Ecke die größere Gefahr für unsere Demokratie droht.
Von irgendwo her müssen die ja kommen, oder haben Sie da eine andere Erklärung.
Die Zahlen habe ich übrigens vom Deutschen Bundestag.

Wessi vor 3 Wochen

"Mein Volk" sind alle, die keine Nazis sind @ wodiho....republikweit.Da ist es egal, ob sie aus dem Osten oder Westen kommen.Und ja, ich zitierte schon vor ca. 5 Jahren Höcke.Er sagte damals, daß das Potential, bundesweit, bei 20% läge.Laut Dawum (Durchschnitt aller vorliegenden Umfragen) liegt die mir extrem feindliche Partei, die ein anderes Land will, bei 17%.Ausserdem liegen wir weit vom Thema weg.Dazu...nein, ich will nicht schuldig werden (wie derzeit die Länder die Flüchtende abwiesen), daß es wieder Millionen Tote gibt.Das überlasse ich den National-denkenden.Und da kommen wir zurück: die sind mir fremd.

Frank L. vor 3 Wochen

Sorry ,aber das ist an Blauäugigkeit nicht zu überbieten. Zu hoffen das man mit Fluchtursachenbekämpfung die Probleme der Migration in den Griff bekommt, wo sie ja selber zugeben das dies niemals , angesichts der Vielzahl der Probleme, der Fall sein wird ,ist an Realitätsverleugnung nicht zu überbieten. Wir werden die Probleme und Fluchtursachen nie so lösen können das Fluchtursachen obsolet sind, was wir aber schaffen ist unsere eigene Gesellschaft zu überfordern ,wirtschaftlich ,politisch und gesellschaftlich. Das kann nicht die Lösung sein. Was außerdem zu kurz kommt, die Lebensverhältnisse und damit eventuelle Fluchtursachen in den entsprechenden Ländern zu ändern ,ist zuallererst Aufgabe der eigenen dortigen Bevölkerung, nicht die von DE bzw EU. Es gibt keine Alternative zu einer Restriktiven Migrationspolitik.

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