Ein Doktor sitzt an einem Computer.
Die Mitarbeiter in Krankenhäusern müssen viel Zeit für die Dokumentation aufwenden. Bildrechte: IMAGO / HalfPoint Images

Fachkräftemangel Weniger Bürokratie in Krankenhäusern: Verband macht Vorschläge

07. August 2024, 17:55 Uhr

Ärzte und Pflegekräfte verbringen drei Stunden am Tag mit der Dokumentation ihrer Arbeit. Würde das nur um eine Stunde am Tag reduziert, könnten bereits tausende Kräfte freigesetzt werden – und so der Fachkräftemangel deutlich reduziert werden. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage. Was die Deutsche Krankenhausgesellschaft zum Abbau von Bürokratie in Kliniken vorschlägt.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat eine Reihe an Vorschlägen zum Abbau von Bürokratie in Krankenhäusern vorgelegt. Aus Sicht des Dachverbandes der Krankenhausträger sind die aktuellen Zahlen "erschütternd". So würden sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Pflegekräfte im Schnitt pro Tag drei Stunden – also rund ein Drittel ihrer Arbeitszeit – mit Dokumentationsarbeiten verbringen. Würde sich dieser Aufwand nur um eine Stunde verringern, würde dies rein rechnerisch 21.600 Vollkräfte im ärztlichen Dienst freisetzen, im Pflegedienst seien es etwa 47.000 freigesetzte Vollkräfte.

"Das Problem von medizinisch und pflegerisch viel zu oft nicht notwendiger Schreibarbeit ist völlig außer Kontrolle geraten", erklärte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß am Mittwoch auf einer Pressekonferenz, bei der auch die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zur Bürokratiebelastung in deutschen Allgemeinkrankenhäusern und Psychiatrien des Deutschen Krankenhausinstituts im Auftrag der DKG vorgestellt worden.

Ein Mann steht vor einer Wand die mit Begriffen tapeziert ist. 44 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Diese Fachkräfte stehen in der Zeit, in der sie die ausufernden Bürokratiepflichten erfüllen müssen, nicht der Patientenversorgung zu Verfügung, erklärte die DKG weiter. Angesichts des Fachkkräftemangels dürfte Arbeitskraft nicht so verschwendet werden. Hinzu komme, dass die immense Bürokratie auch die Motivation mindere. So kritisierten laut Umfrage fast 100 Prozent der Beschäftigten der Allgemeinkrankenhäuser den Dokumentationsaufwand – der Großteil sogar sehr oft.

Die wichtigsten Forderungen des Krankenhaus-Verbandes

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will in dieser Legislaturperiode eine Krankenhausreform umsetzen. Doch die derzeitigen Gesetzentwürfe dazu, würden aus Sicht der DKG zu noch mehr Bürokratie führen. Der Verband, der die Interessen von 2.000 Krankenhäuser mit 1,4 Millionen Mitarbeitenden vertritt, habe deshalb 55 Vorschläge zur Entbürokratisierung vorlegt – fünf davon seien Kernanliegen.

So fordert die Krankenhausgesellschaft etwa, dass Nachweispflichten grundlegend reduziert werden sollten, um das Personal zu entlasten. Außerdem sollte in Verfahren zur Gesetzgebung mit einbezogen werden, welche Folgen der entsprechende Beschluss auf die Bürokratie hätte.

Weitere wichtige Punkte seien ausreichende Umsetzungsfristen für neue gesetzliche Verpflichtungen sowie eine strikte Trennung zwischen Normgebung und Gesetzgebung. "Nicht zuletzt müssen wir die Digitalisierung vorantreiben, denn sie kann ein zentraler Punkt sein, um Bürokratielasten zu vermindern", sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG, Henriette Neumeyer.

Welche Folgen weniger Bürokratie haben könnte

Aus Sicht der Krankenhausgesellschaft, die die Interessen ihrer Mitglieder in der Bundes- und EU-Politik vertritt, würde sich die Entbürokratisierung positiv auf die Patentienversorgung auswirken. Die Ärzte und Plegekräfte hätten mehr Zeit für die Patienten, der Personaleinsatz sei effizienter und die Arbeitszufriedenheit höher. Hinzu komme, dass das Fachkräfteproblem durch eine Reduzierung der Dokumentationsarbeit deutlich verringert werden könnte.

Medizinforschungsgesetz könnte Bürokratie noch erhöhen

Statt Bürokratie abzubauen, könnte das sogenannte Medizinforschungsgesetz diese noch erhöhen. Der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Thüringen, Rainer Poniewaß, sagte MDR AKTUELL, die Regierung habe das Gesetz auf den letzten Drücker verändert. Das Ergebnis sei ein absoluter Bürokratiewahnsinn. Schon jetzt brauche ein Arzt pro Tag 2,9 Stunden, um die Dokumentationspflichten zu erfüllen. Das werde weiter zunehmen.

Poniewaß zufolge muss ein Arzt künftig auf die Minute genau dokumentieren, für welche Leistung er wieviel Zeit gebraucht hat. Anders als Ampel-Politiker behaupteten, handle es sich nicht um ein Missverständnis. Die Vorgaben seien im Gesetz fixiert.

KNA (mpö)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 07. August 2024 | 09:35 Uhr

2 Kommentare

Wagner vor 9 Wochen

Nach Abbau sieht das nicht aus. Nachweispflichten reduzieren wäre schon gut. Nur bleibt die Frage :was ist das,was soll da passieren. Die Anästhesie während der OP sowie die Verfahren der OP und weiterhin die Medikation sollten schon dokumentiert werden. Es gibt andere Dinge,die auch automatisiert werden können :Wartezeiten,Transportzeiten usw.. Man bewegt sich meiner Meinung nach beim Ansagen von Scheinmassnahmen,die die gesamte Situation wenig verbessern.

Wilhelm vor 9 Wochen

Was für ein Bohei macht die Krankenhausgesellschaft um zu viel Bürokratie. Andere Unternehmen/Branchen sind viel weiter mit der Erfassung von Leistungen und Kosten. Die Mediziner sollten endlich mit der maschinellen Leistungs-/Kostenrechnung ernst machen. Dabei fallen viele Daten automatisch an, die jetzt per Hand erhoben werden. Meine Güte, was für eine organisatorisch rückständige Organisation.

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