Ein Mann sitzt allein auf einer Bank vor einem geschmückten Weihnachtsbaum
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MDRfragt - das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland Mehrheit fürchtet, Corona könnte Einsamkeit an Weihnachten verstärken

01. Dezember 2020, 11:00 Uhr

83 Prozent der mitteldeutschen Befragten befürchten, dass sich wegen Corona dieses Weihnachten viele Menschen einsamer fühlen könnten. In Bezug auf sich selbst haben allerdings nur die Wenigsten Sorge vor einsamen Weihnachten. Generell sieht die MDRfragt-Gemeinschaft Einsamkeit als großes und auch wachsendes Problem in der Gesellschaft. Vor allem die fortschreitende Digitalisierung wird dafür als wichtiger Grund angesehen.

Kaum Weihnachtsmärkte, strenge Kontaktbeschränkungen in der Adventszeit, keine Kultur- und Freizeitangebote: Durch Corona fällt die Weihnachtszeit in diesem Jahr anders aus, als viele Menschen es bislang gewohnt waren. Ein großer Teil der MDRfragt-Mitglieder - 83 Prozent - macht sich daher Sorgen, dass viele Menschen dieses Weihnachten einsamer sein könnten als sonst. Das ist das Ergebnis einer Befragung vom 26. November, an der sich mehr als 12.500 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligt haben.

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Drei Viertel denken, dass sie sich persönlich nicht einsamer fühlen werden

In Bezug auf sich selbst sind die Meisten guter Dinge: Dreiviertel der Teilnehmer fürchten nicht, dass Ihr Weihnachtsfest in diesem Jahr einsamer sein könnte. Für jeden vierten MDRfragt-Teinehmer sieht es jedoch anders aus: 25% der Teilnehmer haben Sorge vor einem einsamen Weihnachtsfest durch Corona.

Mehr Einsamkeit persönlich
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Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns dazu Kommentare geschrieben:

Ich habe Angst, Weihnachten alleine verbringen zu müssen, da die Zahlen ja in Bezug auf Corona leider noch sehr hoch sind.

40-jährige Teilnehmerin aus Dresden

Ich habe drei Kinder und sieben Enkel, die ich schon lange nicht gesehen habe und jetzt sieht es so aus, dass wir uns auch Weihnachten nicht sehen können. Das macht mich sehr traurig.

69-jährige Teilnehmerin aus Stendal

Ich saß schon im Frühjahr zu Hause und jetzt sitze ich wieder alleine zu Hause. Kann keine Schwester oder Nichten sehen, da ja nur 2 Familienstände sich treffen dürfen. Frohe Weihnachten.

59-jährige Teilnehmerin aus Chemnitz

Fast die Hälfte fühlt sich seit Corona häufiger einsam

Aber auch jenseits der Weihnachtszeit fühlen sich viele seit Beginn der Corona-Pandemie einsamer als früher. Das ergab eine weitere Befragung zum Thema, an der sich 17.800 Menschen aus Mitteldeutschland beteiligt haben. Demnach hat für 46 Prozent Corona ein verstärktes Gefühl von Einsamkeit zur Folge. Mehr als die Hälfte (52 %) können dies jedoch nicht feststellen.

Häufiger einsam durch Corona?
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Einige MDRfragt-Mitglieder haben ihre Situation in Kommentaren geschildert:

Die Kontaktbeschränkungen haben für mich den größten Einfluss. Ich bin ein sehr kommunikativer Mensch und brauche neben meiner Familie auch Freunde und Kollegen, um mich auszutauschen, zuzuhören und zu lachen, auch mal zu weinen. Es macht mich regelrecht krank, dass mir das jetzt genommen ist, dazu noch in der Vorweihnachtszeit.

65-jährige Teilnehmerin aus dem Kreis Bautzen

Für mich hat sich durch Corona nichts verändert im Allgemeinen, aber im Umgang mit unseren Eltern sind wir schon sehr vorsichtig geworden und damit hat die ältere Generation echt zu kämpfen, wir natürlich auch.

49-jähriger Teilnehmer aus Leipzig

Die Kontaktbeschränkungen fallen mir zunehmend schwer, weil sie mehr oder weniger seit Frühjahr gelten. Kulturelle Veranstaltungen sind weitgehend weggebrochen und ich war fleißiger Theatergänger.

70-jähriger Teilnehmer aus Zwickau

Mehrheit sieht Einsamkeit als großes Problem in Deutschland

Mehr als die Hälfte der MDRfragt-Mitglieder, die bei der Befragung mitgemacht haben, sehen Einsamkeit als großes Problem in Deutschland (59 %). Weitere 23 Prozent finden, Einsamkeit ist sogar ein sehr großes Problem. Als eher kleines Problem sehen es 15 Prozent. Nur 2 Prozent nehmen Einsamkeit nicht als Problem wahr.

Einsamkeit in Deutschland
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Wichtigste Gründe für Einsamkeit in Gesellschaft: Digitalisierung, Individualisierung und weniger Familienzusammenhalt

Wir wollten von den Befragten wissen, was ihrer Meinung nach Gründe für Einsamkeit in der Gesellschaft sind. Diese fünf Gründe wurden dabei am häufigsten ausgewählt:

Gründe für Einsamkeit
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Deutliche Mehrheit findet, Einsamkeit hat zugenommen – und wird es weiter tun

Die deutliche Mehrheit der MDRfragt-Mitglieder, die sich an der Befragung beteiligt haben, ist der Ansicht, dass die Einsamkeit in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren zugenommen hat (86 %). Fast ebenso viele (82 %) schätzen außerdem, dass Einsamkeit auch künftig noch weiter zunehmen wird.

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Persönlich ist Einsamkeit jedoch für die Meisten kein oder ein kleineres Problem: So geben zusammengerechnet 76 Prozent an, dass sie sich eher bis selten oder nie einsam fühlen. Oft, eher oft oder immer einsam fühlen sich dagegen 22 Prozent.

Haustiere, Natur, digitale Kommunikation: Was hilft gegen Einsamkeit?

Wir haben die Befragten auch gebeten zu schreiben, was bei ihnen am meisten hilft, wenn sie sich einsam fühlen. Die 25 Wörter, die dabei am häufigsten genannt wurden, haben wir hier für Sie zusammengefasst:

Was hilft gegen Einsamkeit?
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Neben Haustieren und Naturerlebnissen sind es vor allem Hobbys wie Lesen, Sport oder das Vereinsleben, das vielen Menschen hilft. Zudem sind Fernsehen und der Kontakt zu anderen Menschen, beispielsweise durch Videotelefonie oder Telefonate, für viele wichtig.

Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns auch geschrieben, was sie persönlich gegen die Einsamkeit von anderen Menschen tun - oder gern tun würden:

Ich kümmere mich um einen älteren Herren (92), gehe einkaufen und rede mit ihm.

66-jähriger Teilnehmer aus Leipzig

Wenn ich es finanziell und platzmäßig könnte, würde ich einmal in der Woche eine Art Kaffeekränzchen für unsere älteren Mitmenschen ausrichten. Es ist schlimm zu sehen, wie sie jeden Tag alleine unterwegs sind oder auf einer Bank vor der Haustür sitzen.

44-jährige Teilnehmerin aus dem Harz

Für eine 91-jährige Frau gehen mein Mann und ich einmal in der Woche einkaufen und wir versuchen, ihr Wege abzunehmen, z. B. Arztbesuche oder einen Besuch auf dem Friedhof, um ihren verstorbenen Mann zu besuchen. Auch nehmen wir sie ab und zu in die Salzgrotte mit.

70-jährige Teilnehmerin aus Mittelsachsen

Über die Befragungen Die Ergebnisse zum Thema Einsamkeit stammen aus zwei Befragungen von MDRfragt, die im November 2020 stattfanden.

Die Befragung vom 21.-25.11.2020 stand unter der Überschrift:
Einsam oder gemeinsam - wird Vereinsamung zum gesellschaftlichen Problem?

An ihr haben 17.831 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 30 Jahre: 287 Teilnehmende
31 bis 50 Jahre: 2.962 Teilnehmende
51 bis 64 Jahre: 7.786 Teilnehmende
65+: 6.796 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 9.104 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 4.565 (26 Prozent)
Thüringen: 4.162 (23 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Männlich: 54 Prozent
Weiblich: 46 Prozent


Die Ergebnisse zur Einsamkeit in der Weihnachtszeit stammen aus einer Blitzbefragung zu den Verschärfungen der Corona-Maßnahmen. Sie lief am Donnerstag, den 26.11., zwischen 8.30 und 16 Uhr.

An ihr haben 12.582 Menschen teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 30 Jahre: 266 Teilnehmende
31 bis 50 Jahre: 2.340 Teilnehmende
51 bis 64 Jahre: 5.195 Teilnehmende
65+: 4.781 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 6.316 (50 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 3.218 (26 Prozent)
Thüringen: 3.048 (24 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Männlich: 56 Prozent
Weiblich: 44 Prozent

Insgesamt sind mittlerweile 32.949 registrierte Mitglieder aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Teil der MDRfragt-Gemeinschaft (Stand 26.11.2020).

Die Befragungen sind nicht repräsentativ, aber sie werden nach statistischen Merkmalen wie Geschlecht, Bildung und Alter gewichtet. Die Gewichtung ist eine Methode aus der Wissenschaft bei der es darum geht, die Befragungsergebnisse an die real existierenden Bedingungen anzupassen. Konkret heißt das, dass wir die Daten der Befragungsteilnehmer mit den statistischen Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgleichen.

Wenn also beispielsweise mehr Männer als Frauen abstimmen, werden die Antworten der Männer weniger stark, die Antworten der Frauen stärker gewichtet. Die Antworten verteilen sich dann am Ende so, wie es der tatsächlichen Verteilung von Männern und Frauen in der Bevölkerung Mitteldeutschlands entspricht.

Dabei unterstützt ein wissenschaftlicher Beirat das Team von "MDRfragt". Mit dem MDR Meinungsbarometer soll ein möglichst breites Stimmungsbild der Menschen in Mitteldeutschland eingefangen werden – mit möglichst vielen Teilnehmenden.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 30. November 2020 | 16:00 Uhr