MDR Landesfunkhaus Sachsen-Anhalt in Magdeburg
Kritische Stimmen innerhalb des MDR unerwünscht? Diese Frage debattierte die Enquete-Kommission zum öffentlichen-rechtlichen Rundfunk am Freitag im Landtag. Bildrechte: MDR/Andreas Lander

Enquete-Kommission im Landtag Wie der MDR mit kritischen Beiträgen umgeht

05. April 2024, 19:39 Uhr

Im Landtag hat sich die Enquetekommission zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk am Freitag mit der Frage beschäftigt, wie der MDR mit internen kritischen Stimmen umgeht. Dazu wurde der Redaktionsrat gehört. Auch ein selbsternanntes Manifest vermeintlicher Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Rundfunks war Thema.

MDR San Mitarbeiter Lars Frohmüller
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Welchen Einfluss nehmen die Redaktionen auf die Beiträge und Themenvorschläge der Autoren? Das Fazit vorweg: Nur im nötigen Rahmen. Das bedeutet: Redaktionen diskutieren wie Geschichten und Beträge entstehen sollen, immer in Abstimmung mit den jeweiligen Autoren. Die Redaktionen bremsen jedoch keinen Diskurs aus, um eine Mainstream-Meinung durchzusetzen. Ein Vorwurf, der von Außenstehenden immer wieder geäußert wird.

Wo Ideen entstehen und Themen diskutiert werden, gibt es auch gelegentlich Streit über Inhalte. Um dann zu vermitteln, wurde vor einigen Jahren der Redaktionsrat im MDR gegründet. Hier prüfen unabhängige MDR-Kollegen – die nicht Teil der sich im journalistischen "Streit" befindlichen Redaktionen sind – ob es eine redaktionelle Fehlentscheidung für oder gegen einen Beitrag gab. Damit soll unabhängiges journalistisches Arbeiten ermöglicht werden.

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Im Interview mit MEDIEN360G spricht Prof. Dr. Christian Hoffmann von der Universität Leipzig über Heterogenität im Berufsfeld Journalismus. Bildrechte: MDR MEDIEN360G | Universität Leipzig Tobias Tanzyma
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Sind Redaktionen zu homogen aufgestellt? Prof. Dr. Christian Hoffmann von der Uni Leipzig meint, es sei schwierig, mehr Heterogenität im Journalismus zu schaffen.

Di 10.01.2023 10:46Uhr 40:39 min

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Rechte: MDR MEDIEN360G

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Vertreter des Redaktionsrates sprechen über Kontrollmechanismen des MDR

Seit 2014 gibt es den Redaktionsbeirat im MDR. Ein Gremium, das zwar nicht im Rundfunkstaatsvertrag verankert, mittlerweile aber trotzdem ein fester Bestandteil des Mitteldeutschen Rundfunks geworden ist. Birgit Hettwer, eine Vertreterin des Redaktionsrates, sagte im Magdeburger Landtag: "Wir verteidigen Redaktionen, Redakteure und Autoren, die ihre Themen durchsetzen wollen, auch gegen Chefs und Chefinnen, die das möglicherweise nicht so sehen oder die lieber etwas Anderes gemacht hätten." MDR-Kollegen können sich bei Streitigkeiten an den Beirat wenden, bekräftigt sie: "Wir verteidigen diese Themen und wir sorgen dafür, dass solche Themen im Haus umgesetzt werden."

Häufig geht es jedoch nicht um die große Auseinandersetzung, sondern mehr um Vertragliches, wie beispielsweise die Nennung von Autoren in Beiträgen. Dennoch wäre für den Rat eine Festschreibung seiner Aufgaben im Staatsvertrag wichtig – weil die jetzige Regelung der Arbeit des Redaktionsrates jederzeit auch wieder aufgehoben werden könnte.

Kritik aus vermeintlichen Reihen der Redaktion

Seit Donnerstag findet sich ein sogenanntes Manifest von vermeintlichen Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Umlauf. Diese werfen den Anstalten einseitige redaktionelle Ausrichtung vor.

Der Medienpolitiker Stefan Gebhardt von den Linken wollte hierzu die Einschätzung des Redaktionsrates und der ebenfalls anwesenden Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse erfahren. Diese weisen die vorgebrachten Anschuldigungen zurück. "Wir sind gegen die Unterstellung, dass Meinungsvielfalt nicht stattfindet. Es gibt in diesem Schreiben Punkte, die zutreffen; es ist halt wie mit einer Schrotflinte zu schießen. Da treffen Sie immer etwas. In den entscheidenden Punkten sehen wir die Dinge aber anders." Die Enquete-Kommission will sich von den Vorwürfen des Schreibens selbst ein Bild verschaffen und prüft, ob das Schreiben in der nächsten Sitzung im Mai auf die Tagesordnung gepackt wird.

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Kritik an der Abwesenheit des Freienrates und der Personalvertretung des MDR

Ebenfalls geladen waren zur Sitzung der Enquete-Kommission Vertreter des Freienrates des MDR und die Personalvertretung. Der Freienrat vertritt die Interessen der freien, der Personalrat die der festen Mitarbeitenden gegenüber dem Unternehmen MDR.

Beide Vertretungen ließen den Abgeordneten jedoch nur ein schriftliches Statement zukommen. "Mir fehlen für diese Missachtung der Enquete-Kommission die Worte", sagt Stefan Gebhardt zu Beginn der Sitzung. Guido Kosmehl (FDP) ergänzt: "Aus Sicht der Freien Demokraten ist es befremdlich, dass die Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim MDR, die hier eine Chance haben, direkt ihre Anliegen auch gegenüber der Politik und insbesondere hier auch in Sachen Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu adressieren, dies nicht wahrnehmen." Die Vorschläge aus den Reihen der MDR-Mitarbeiter hätten die Abgeordneten gerne mit den MDR-Vertretern direkt diskutiert. Die Kommission will dem Freienrat und der Personalvertretung zu ihrer Stellungnahme eine Antwort zukommen lassen.

MDR (Lars Frohmüller, Oliver Leiste, Sebastian Gall)

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