Geld für Kultur Wie Musikschaffende und Radiosender von der EU profitieren
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12. Mai 2024, 17:06 Uhr
In einer Serie vor der Europawahl am 9. Juni geht MDR SACHSEN-ANHALT der Frage nach, wie Menschen hierzulande von der Europäischen Union profitieren. Im zweiten Teil geht es um die Kulturbranche. EU-Fördergeld fließt nicht nur in die großen Kultureinrichtungen des Landes, sondern zum Beispiel auch in ein europaweites Radio-Vernetzungsprojekt, an dem der Sender Radio Corax aus Halle teilnimmt. Die Band "Left For Pleasure" hat davon bereits profitiert.
- Die Post-Punk-Band "Left For Pleasure" aus Halle geht auf Europa-Tour und profitiert dabei von der EU.
- Radio Corax macht beim europaweiten Vernetzungsprojekt "IndieRE" mit – dadurch erreichen Künstlerinnen und Künstler ein größeres Publikum.
- Das EU-Geld für "IndieRE" wird in Förderperioden gewährt – langfristig ist die Finanzierung deshalb unklar.
Die Vorzüge der EU zeigen sich für Luise und Tobi in der Praxis. Für zwei Auftritte in Großbritannien musste sich das Musik-Duo "Left For Pleasure" aus Halle zuletzt extra einen Reisepass besorgen – kurzfristig und gegen viel Geld. "Das war schon nervig", sagt Sängerin Luise. Für die Auftritte innerhalb der EU entfällt der Aufwand. "Es ist schon cool, dass man einfach sagen kann: Ich buche jetzt 'n Zug oder 'n Flug und muss mir darüber keine Gedanken machen."
"Man braucht viel Durchhaltevermögen"
"Left For Pleasure", das sei eher "düstere und melancholische" Musik, erklärt Tobi. Einordnen könne man sie in die Genres Dark Wave und Post-Punk. Der 26-Jährige schreibt die Musik, die 29-jährige Luise die Texte. Und Europa spielt für die hallesche Band dabei eine immer wichtigere Rolle: In diesen Tagen sind "Left For Pleasure" auf Tour, spielen unter anderem in Paris, Brüssel und Amsterdam. Bis dahin war es ein weiter Weg. "Man braucht auf jeden Fall sehr viel Durchhaltevermögen", sagt Tobi.
Ein kleiner Baustein: das von der EU geförderte Radio-Vernetzungsprojekt "IndieRE". Europaweit spielen Radiosender dabei Musik von Künstlerinnen und Künstlern abseits des Mainstreams. Auch "Left For Pleasure" waren so außerhalb Deutschlands zu hören – und nach und nach entstanden neue Kontakte und Auftritte.
Europaweit acht Radiosender bei "IndieRE" dabei
Radio Corax, ein freier Radiosender aus Halle, macht bei "IndieRE" (kurz für Independent Radio Exchange) mit. "Wenn eine Band da viel gespielt wird, ist das schon mal so ein Fuß in der Tür, um einen Gig dort zu kriegen", sagt Redaktionsmitglied Joshua Riehl. Vernetzung, Austausch, Reichweite – davon profitieren die Radios, die Hörerinnen und Hörer, und eben auch die Bands vor Ort.
Derzeit beteiligen sich acht Sender an "IndieRE" – unter anderem in Irland, Frankreich, Ungarn, Kroatien oder Spanien. Wöchentlich abwechselnd stellen sie regionale Bands vor und produzieren eine Sendung, die dann auf allen Sendern ausgestrahlt wird. Alle acht Wochen ist also auch das Redaktionsteam um Joshua Riehl bei Radio Corax in Halle dran.
Das wäre ehrenamtlich nicht stemmbar.
Die EU unterstützt "IndieRE" über das Förderprogramm "Kreatives Europa". Bei Radio Corax in Halle wird dadurch etwa die Projektkoordination mitfinanziert, die sich um Anträge und Abrechnungen kümmert. "Das wäre ehrenamtlich nicht stemmbar", sagt Joshua Riehl. Für Arbeiten rund um die "IndieRe"-Sendungen können zudem kleine Honorare gezahlt werden.
EU-Förderung: Unsichere Zukunft
Auch Reisekosten für Vernetzungstreffen mit den anderen Sendern können durch die EU-Fördermittel übernommen werden – zuletzt etwa für eine Konferenz in Sevilla. Es sei "ganz wichtig, da so eine internationale Verbindung zu anderen freien Radios zu halten", sagt Riehl. Und die EU sei die Institution, die das mit der Förderung eben möglich mache.
Das "IndieRE"-Projekt läuft derzeit in der zweiten Förderperiode, noch in diesem Jahr soll die dritte starten, erklärt Riehl. So dankbar der 35-Jährige aus Halle für das EU-Geld ist – die Unsicherheit über die Zukunft schwingt natürlich immer mit. Denn ob es eine vierte Förderperiode gibt, dass wisse er nicht, sagt Riehl. "Das kann dann auch vorbei sein."
EU-Check: Kultur
- Das überweist die EU nach Sachsen-Anhalt: Dafür gibt es keine feste Summe – denn vor allem findet das Geld über diverse EU-Förderprogramme den Weg in die hiesige Kultur. So flossen nach Angaben der Staatskanzlei in Magdeburg seit 2021 etwa über das Kulturinvestitionsprogramm "REACT-EU" infolge der Corona-Pandemie 6,37 Milliarden Euro aus dem EU-Strukturfonds (EFRE) nach Sachsen-Anhalt – meist für die Digitalisierung von Museen, Theatern oder Veranstaltungsreihen. Zum Vergleich: Der laufende Landeshaushalt umfasst rund 200 Millionen Euro Ausgaben für den Kulturbereich. Von 2014 bis 2020 profitierte Sachsen-Anhalt der Staatskanzlei zufolge zudem mit rund 53,2 Millionen Euro vom EFRE-Kulturerbe-Programm der EU. Im gleichen Zeitraum flossen demnach aus dem Europäischen Sozialfonds außerdem rund drei Millionen Euro in die jährliche Finanzierung von 80 Stellen im FSJ Kultur und 20 Stellen im FSJ Denkmalpflege. Für das Programm "Kreatives Europa", mit dem auch das Radioprojekt "IndieRE" unterstützt wird, stellt die EU unterdessen für die Jahre 2021 bis 2027 nach eigenen Angaben insgesamt 2,4 Milliarden Euro bereit – für alle 27 Mitgliedsstaaten zusammen.
- Wer profitiert davon: Je nach Förderprogramm bekommen verschiedene Kulturbereiche und -einrichtungen Geld aus Brüssel – etwa Kirchen, Klöster, Stiftungen, Museen, Theater, Konzerthallen, aber auch Veranstaltungsreihen, Radiosender sowie Künstlerinnen und Künstler können profitieren.
- Das überrascht: Herauszufinden, welche Förderprogramme für welchen Kulturbereich zur Verfügung stehen und wie viel Geld konkret nach Sachsen-Anhalt fließt, ist nicht einfach zu überblicken. Die EU unterstützt den Kulturbereich durchaus intensiv – doch das genaue Prozedere ist bürokratisch und komplex.
Beispiel: EU-Geld für Sachsen-Anhalt über das EFRE-Kulturerbe-Programm 2014-2020
- Stiftsberg Quedlinburg 6,795 Millionen Euro
- Kulturkirche "St. Martin Stolberg" Stolberg 4,219 Millionen Euro
- Haus der Fürstin, Kulturstiftung Dessau-Wörlitz 3,322 Millionen Euro
- Marktkirche Halle 3,236 Millionen Euro
- Goethe-Theater Bad Lauchstädt 1,298 Millionen Euro
- Händel-Haus Halle 365.990 Euro
- Verborgener Schatz in Ummendorf (Landkreis Börde) 1,912 Millionen Euro
- Blumengartenhaus am Georgium Dessau 588.488 Euro
- Industrie- und Filmmuseum Wolfen 2,454 Millionen Euro
- Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt 2,822 Millionen Euro
- Kirchengemeinde St. Andreas Eisleben 5,066 Millionen Euro
- Kunstgussmuseum Ilsenburg 1,251 Millionen Euro
- Kulturstiftung Wernigerode (Liebfrauens neuer Klang) 5,089 Millionen Euro
- Kloster Magdeburg (Innenraum Kirche) 3,260 Millionen Euro
- Porzellaneum Annaburg 427.075 Euro
- Kloster Magdeburg (Nordflügel) 3,482 Millionen Euro
- Musik-Galerie an der Goitzsche 1,576 Millionen Euro
- Kloster Michaelstein 2,634 Millionen Euro
- Festungsanlage Ravelin 2 Magdeburg 2,379 Millionen Euro
- Kulturhist. Museum Magdeburg 974.320 Euro
(Quelle: Staatskanzlei und Ministerium für Kultur Sachsen-Anhalt)
MDR (Astrid Pawassar, Felix Fahnert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 12. Mai 2024 | 19:00 Uhr
Anita L. vor 30 Wochen
Kann ja nicht jeder in die Hand beißen wollen, die ihn füttert. Das schaffen nur jene, denen erfolgreich eingeflüstert wurde, die Hand wäre böse und würde ihnen ihr Essen wegnehmen.
Thommi Tulpe vor 30 Wochen
Die EU ist eben keine "brotlose Kunst" ... im Gegensatz zu der "Mucke", die vielleicht auch Sie hören!?
Maria A. vor 30 Wochen
Die Vermutung dahingehend war bereits vorhanden. Denn "wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing"...