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Auch auf dem Wirtschaftsforum Harz wurde über die Bürokratie im Handwerk diskutiert, wie Sie sich hier anschauen können. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Sachsen-Anhalt Im Handwerk: Wirtschaft kritisiert wenig Fortschritt bei Bürokratieabbau

31. Dezember 2024, 13:11 Uhr

In Sachsen-Anhalt gibt es Kritik – und zwar an dem Bürokratieabbau, der zu langsam voran geht, wie die Handwerksbetriebe und Handelskammern finden. Um auf bürokratische Probleme hinzuweisen, gibt es ein Online-Portal, das die Landesregierung im März veröffentlicht hat. Doch das werde bisher selten genutzt.

Industrie und Handwerk in Sachsen-Anhalt kritisieren, dass es trotz politischer Versprechen bislang nur wenig Fortschritt beim Bürokratieabbau gebe. Trotz eines Portals zur Meldung von zu viel Bürokratie, habe sich für die Betriebe nichts geändert, kritisiert der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, Burghard Grupe. "Das Thema Bürokratie ist in der politischen Diskussion endlich wieder ein Stück weit nach oben gerückt", sagt Grupe. "Jetzt müssen Taten folgen."

Jetzt müssen Taten folgen.

Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg

Online-Portal um Bürokratie zu melden seit März

Im März dieses Jahres hatte die Landesregierung ein Online-Portal freigeschaltet, über das Bürger oder Unternehmen Beispiele für zu viel Bürokratie melden können. Ziel sei es, unnötige Bürokratie abzubauen, hieß es damals in der Ankündigung. Wie die Staatskanzlei mitteilte, gab es in diesem Jahr rund 70 Hinweise. Diese seien überwiegend an die fachlich zuständigen Ministerien und Behörden weitergeleitet worden. Pro Monat besuchten demnach im Schnitt etwa 570 Nutzerinnen und Nutzer die Seite.

Hinweise gebe es vor allem zu einer stärkeren Digitalisierung, dem Wegfall paralleler Berichtspflichten etwa bei Statistiken sowie einfacheren und einheitlichen Formularen, so ein Sprecher der Staatskanzlei. Das Portal sei ein Angebot an Bürgerinnen und Bürger, sich mit konkreten Beispielen zum Bürokratieabbau aktiv einzubringen.

Könnte ein Normenkontrollrat helfen?

Auf der Homepage des Online-Portals steht als Erklärung: "Der konsequente Abbau von Bürokratie ist im Koalitionsvertrag vereinbart und daher ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Darum sind Sie gefragt, die Landesregierung auf unliebsame Amtsschimmel hinzuweisen." Und hinweisen tun nicht nur die Handwerksbetriebe und Handelskammern, sondern im September beispielsweise auch die Landtagsparteien, die sich alle für einen Bürokratieabbau in der Politik ausgesprochen haben. Die CDU-Landtagsfraktion teilte damals auf Anfrage mit: "Derzeit denkt die CDU-Landtagsfraktion über die Einsetzung eines parlamentarischen Gremiums zur Erarbeitung und Begleitung konkreter Entbürokratisierungsmaßnahmen nach."

Daraufhin hat die schwarz-rot-gelbe Koalition die Idee eines sogenannten Normenkontrollrat erarbeitet, der dabei helfen solle Bürokratie abzubauen und diese bei der Einführung neuer Gesetze zu vermeiden. Guido Kosmehl, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, kommentierte das Vorhaben Anfang Dezember: "Wir müssen schauen, wo es zu viel Bürokratie für Bürger und Unternehmen gibt." Die Auswirkungen von Gesetzen und Verordnungen sollen damit von Anfang an auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden. Der dazugehörige Gesetzesentwurf wurde im vergangenen Landtag thematisiert und an die Ausschüsse für "Recht, Verfassung und Verbraucherschutz" und "Wirtschaft und Tourismus" überwiesen. Laut Informationen der Deutschen Presseagentur könnte das Gremium noch im ersten Halbjahr 2025 eingesetzt werden.

Problem vor allem für kleine Betriebe

"Bürokratie ist gerade für die kleinen Betriebe des Handwerks ein Problem", sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, Dirk Neumann. "Es gibt kaum Unternehmen, die bürokratische Auflagen bejubeln, sondern die Grundaussage ist: Lasst uns tun, was wir am besten können – in unserem Handwerk."

Es gibt kaum Unternehmen, die bürokratische Auflagen bejubeln, sondern die Grundaussage ist: Lasst uns tun, was wir am besten können – in unserem Handwerk.

Dirk Neumann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle

Vieles davon sei allerdings auf Bundesebene geregelt. Allerdings würden die Handwerker nicht zwischen Bundes-, Landes- oder EU-Ebene unterscheiden. Von den Betrieben sei bislang noch keine deutliche Abnahme von Bürokratie gespiegelt worden. "Im Gegenteil." Allerdings sei es dem Land auch gelungen, etwa bei Programmen zum Schülerferienpraktikum, dem Meisterbonus oder der Meistergründungsprämie, diese bürokratiearm zu halten.

Vor allem die EU mache viele Vorgaben

"Der Abbau bürokratischer Lasten ist eine Daueraufgabe", sagt der Geschäftsführer für Standortpolitik bei der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Hendrik Senkbeil. "Die Bürokratiebelastung steigt jedoch in der Praxis immer weiter an." Speziell die EU überziehe die Wirtschaft mit immer neuen Anforderungen und Berichtspflichten. Senkbeil kritisiert, dass die Online-Plattformen zur Meldung nur wenig bekannt seien. Es handele sich um reine Meldeplattformen und es sei nicht ersichtlich, was dort bereits gemeldet und was angegangen worden sei.

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MDR SACHSEN-ANHALT Di 22.10.2024 05:05Uhr 00:41 min

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Die Digitalisierung der Verwaltung sieht der IHK-Geschäftsführer dabei allerdings erst als den zweiten Schritt an. Zunächst müsse es eine strikte Aufgabenkritik des Staates geben. Wenn nicht darauf geschaut werde, ob der Staat überhaupt die richtigen Dinge tue, werde es keinen echten Bürokratieabbau geben.

Vorschläge für einen Bürokratieabbau

Die IHK Magdeburg wies darauf hin, dass bereits zahlreiche Vorschläge für einen Bürokratieabbau auf dem Tisch lägen. Verwaltungsprozesse müssten vereinfacht werden, für jede neue Regelung müsse eine alte wegfallen und in den Kommunalverwaltungen müssten Beauftragte für den Bürokratieabbau eingesetzt werden. Die Kammern starteten im vergangenen Jahr auch ein eigenes Portal zum Bürokratieabbau. Hier sollen erste Ergebnisse im Laufe des ersten Quartals vorliegen.

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dpa, MDR (Johanna Daher)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 31. Dezember 2024 | 13:00 Uhr

3 Kommentare

Pattel vor 13 Wochen

So ein unsinn,was alle verɓraucher wollen abzubauen.
Ich pers.möchte was erwerben oder kaufen was vorschriftsmäßig gebaut wurde Garantie und andere Dinge regelt. Eine Handschlagmentalität gibt es nicht ist auch keine rechtsgrundlage. Steuern müssen bezahlt werden und nicht nur was suchen wie man diese umgehen kann.

Wilhelm vor 13 Wochen

Yep, zum Jahresende noch einmal ein Lobbyartikel für die deutsche Wirtschaft. Geknechtet von hohen Löhnen, teurer Energie und umstellter Bürokratie verliert die deutsche Wirtschaft den Blick in die Zukunft.
Der Satz: "Wenn nicht darauf geschaut werde, ob der Staat überhaupt die richtigen Dinge tue, werde es keinen echten Bürokratieabbau geben." ist ein echter Kracher. Natürlich tut der Staat nicht die richtigen Dinge, weil zu wenig Steuerprüfer/innen, zu wenige Lebensmittelkontrolleure/innen, zu wenige Leherer/innen, zu wenige etc. Ach so, diese Dinge sind nicht wichtig. Warten wir deshalb auf die IHK und auf Herrn Musk. Die wissen, welche richtigen Dinge der Staat zukünftig tun muss.

Shantuma vor 13 Wochen

Ein Onlineportal ...

Hinter dem Onlineportal sitzen dann Leute die jetzt schon (ohne dem Portal) völlig ausgelastet sind.
Dann werden die Anträge gesichtet, ausgedruckt, bewertet und abgeheftet.
Wenn dann irgendwann mal sich einer bemüht diese Aufgabe anzunehmen, dann haben diese Personen keine Befehlsgewalt, sondern müssen bei kleinsten Änderungen erstmal die interne Bürokratie überwinden.
D.h. alles ausdrucken, abheften, Erlaubnis erbitten, erhalten, ausdrucken und abheften.

Wer ein Online-Portal braucht, welches wohl auch bürokratisch ist, der hat schon lange den Überblick verloren und versucht nur noch irgendwie Hipp und Trendy zu wirken.

Ich habe es vorher gesagt und es ist auch genauso eingetreten.

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