Ein Schild - Fahrschule - auf einem Autodach.
In Thüringen fehlt es an ausgebildeten Fahrlehrern. Bildrechte: IMAGO / Karlheinz Pawlik

Angesprochen - ausgesprochen Fahrschulen in Thüringen: Lehrermangel, schwere Prüfungen und steigende Kosten

01. April 2023, 11:00 Uhr

Nachwuchsmangel und deutliche Preissteigerungen belasten auch die Thüringer Fahrschulen. Damit geht es der Branche wie vielen anderen. Dabei, so sagt Harry Bittner, Vorsitzender des Thüringer Fahrlehrerverbandes, könne man als Fahrlehrer eigentlich inzwischen ganz ordentlich verdienen.

Eigentlich, so sagt Harry Bittner, hätten die Fahrschulen die Corona-Pandemie recht gut überstanden. Viele Fahranfänger würden eben jetzt, in der Zeit nach dem Lockdown, ihren Führerschein nachholen. Fraglich sei jedoch, ob die Nachfragen tatsächlich erfüllt werden können.

Denn mittlerweile sei der Fahrlehrermangel das drängendste Problem. Es gebe in Thüringen einfach keine verfügbaren auf dem Arbeitsmarkt. Jahrelang habe der Beruf eines Fahrlehrers als nicht besonders lukrativ gegolten, erzählt Bittner. Die Gehälter seien mittlerweile deutlich gestiegen.

Geblieben seien jedoch die "nicht so tollen Arbeitszeiten". Fahrlehrer seien eben Dienstleister und würden dann arbeiten, wenn andere frei hätten, beispielsweise wenn im Sommer verpflichtende Nachtfahrten anstünden. Außerdem erfordere der Fahrlehrerberuf "viel Nerven" und sei eine tägliche Herausforderung.

50 Fahrstunden und mehr

Belastend für die Fahrschulen seien wie bei anderen Branchen zusätzlich die deutlichen Preissteigerungen. Der Preis für einen Satz Reifen habe sich in kurzer Zeit verdoppelt. Ständig müssten Unterrichtsmaterialien aktualisiert werden, in neue Fahrzeugtechnik investiert oder neue Motorräder gekauft werden. Von Autopreisen ganz zu schweigen, sagt Bittner.

Damit erhöhe sich auch der Preis für die Fahrausbildung beträchtlich. Viele Fahranfänger benötigten inzwischen 50 Fahrstunden, das bei einem Preis zwischen 50 bis 60 Euro. Hinzu kämen Theoriestunden, Lehrmaterialien und die behördlichen Kosten.

Schwere Prüfung, Handy stört Konzentration

Immer wieder wird berichtet, dass immer mehr Fahranfänger in Deutschland durch die Prüfungen fallen. Harry Bittner glaubt nicht recht, dass sich Jugendliche weniger konzentrieren könnten als früher. Klar bemerke er, dass es für viele schwer sei, sich für anderthalb Stunden von ihrem Handy zu trennen, und es überhaupt auf stumm zu schalten.

Als Fahrlehrer fühle man "so eine Unruhe" beim Fahrschüler neben sich. Er denke, dass die Anforderungen zum Bestehen von Prüfungen deutlich gestiegen seien. Der Fragenkatalog für die Theorieprüfung sei viel größer als noch vor 30 Jahren. Mehr als 1.000 Fragen müssten die Jugendlichen beantworten können - vieles gehe nicht mehr über einfaches Einpauken.

Bei der praktischen Prüfung müssten Fahranfänger nunmehr zunehmend sowohl herkömmliches Fahren beherrschen als auch das Fahren mit allen möglichen Assistenzsystemen. Das dürfe mittlerweile vom Prüfer abverlangt werden. Auch in einem Elektroauto könnten die Assistenzsysteme einmal ausfallen, dann muss der Fahrer trotzdem sein Fahrzeug noch beherrschen.

Eine junge Frau nimmt bei Fahrlehrer eine Fahrstunde
Fahrschüler müssen mit den unterschiedlichsten Assistenzsystemen zurechtkommen. Bildrechte: Colourbox.de

Straßenverkehr nimmt zu

Besonders in Städten steige trotz Klimadiskussionen und steigendem Umweltbewusstsein weiter der Individualverkehr. Bittner sagt, in den letzten zehn Jahren seien in Deutschland jährlich 500.000 Fahrzeuge je Jahr dazugekommen, Verkehr werde also dichter. Insofern bedürfe es eines hohen Maßes an sozialer Kompetenz, am Straßenverkehr teilzunehmen. Und diese soziale Kompetenz und Verantwortung zu übernehmen, sei "für viele Menschen nicht ganz so einfach".

Auch Harry Bittner denkt, dass es mit dem Anwachsen des Autoverkehrs nicht wie bisher weitergehen könne. Trotzdem, so denke er, müsse der Rückbau des Verkehrs "maßvoll" erfolgen. Autofahren solle nicht zum Luxus werden. Dann werde es wieder welche geben, die sich statt einem Auto nur den Bus leisten könnten. Damit werde die Gesellschaft weiter gespalten. Als Fahrlehrer sehe er seine Aufgabe auch darin, das Recht auf allgemeine Mobilität durchzusetzen.

MDR (eri/dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Morgen | 01. April 2023 | 06:10 Uhr

3 Kommentare

Tamico161 am 01.04.2023

Wenn Sie so wenig verdienen…

Tamico161 am 01.04.2023

Also mir tun die Betreiber (Unternehmer) einer Fahrschule fast so leid wie die eines Taxi Unternehmens. Schlimm schlimm schlimm

Haller am 01.04.2023

3500 Euro ist weit mehr als ein monatliches durchschnittliches Einkommen.

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