Landwirtschaft Gelbe Felder in Thüringen durch Glyphosat

28. April 2023, 13:27 Uhr

Einige Thüringer Felder sehen gerade aus wie Stoppeln im Herbst: gelb und kurz. Tatsächlich steckt das umstrittene Pflanzengift Glyphosat dahinter. Für Landwirte und den Boden bringt es Vorteile. Doch es gibt Kritik.

Man sieht sie gerade an vielen Orten in Thüringen, etwa bei Waltershausen im Kreis Gotha, bei Sondershausen, im Erfurter Becken oder bei Altenburg: gelbe Ackerflächen mit abgestorbenen Pflanzen. Dabei handelt es sich um Unkraut und ausgefallene Saat von der letzten Ernte, die aufgegangen ist. Das alles muss weg, bevor in den nächsten Wochen der Mais gesät wird. Und manche Landwirte greifen dabei auf Pflanzengift zurück.

Wir setzen so wenig wie möglich davon ein und bevorzugen andere Methoden.

André Rathgeber Thüringer Bauernverband

André Rathgeber vom Thüringer Bauernverband weiß, dass das umstritten ist: "Wir wissen, dass wir so wenig wie möglich davon einsetzen und andere Methoden vorziehen. Aber in extremen Jahren wie diesem, wo die Böden feucht sind, hat der eine oder andere Betrieb sich dafür entschieden, Glyphosat oder ein anderes Totalherbizid einzusetzen."

Einsatz von Pflanzengiften schützt Boden

Totalherbizid - das heißt: Das Mittel vernichtet alle grünen Pflanzen an der Oberfläche und macht den Boden frei für die Aussaat. Das hat mehrere Vorteile. Der Boden werde weniger verdichtet, weil schwere Maschinen nicht so oft übers Feld rollen müssen, sagt Rathgeber. Außerdem blieben die Wurzeln auf dem Feld und schützten den Boden somit vor Starkregen.

Doch es gibt auch Nachteile. Nicht ohne Grund sind Totalherbizide seit Jahren in der Kritik. Besonders heftig wird über den Wirkstoff Glyphosat diskutiert. Dieser wurde insbesondere im Zusammenhang mit dem US-amerikanischen Hersteller Monsanto bekannt, der 2018 vom deutschen Bayer-Konzern übernommen wurde. Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Außerdem kann es Insekten schaden.

Sebastian König vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ruft Landwirte dazu auf, Unkraut und Pflanzenrückstände mit alternativen Methoden zu bekämpfen: "Das reicht von Mischkulturen und Zwischenfrüchten bis zu einer gezielten Sortenwahl. Aber da braucht es natürlich eine aktive Beratung und Unterstützung unserer Landwirte."

Man muss dann mehrere Arbeitsgänge machen. Das ist nicht schön, denn jede Bodenbearbeitung kostet Geld und setzt CO2 frei. Man muss da einen Mittelweg finden.

Gunter Scharf Bio-Landwirt aus Ollendorf

Weniger Pflanzengift bedeutet mehr Arbeit

Der Verzicht auf Pflanzengift schont Menschen und Ökosystem, macht aber den Landwirten mitunter mehr Arbeit. Das weiß auch Bio-Bauer Gunter Scharf aus Ollendorf, der den Boden nur mechanisch bearbeitet: "Man muss dann mehrere Arbeitsgänge machen. Das ist nicht schön, denn jede Bodenbearbeitung kostet Geld und setzt CO2 frei. Man muss da einen Mittelweg finden."

Ab 2024 darf Glyphosat nicht mehr eingesetzt werden, das ist bereits ein Jahr länger als ursprüngich geplant. Aber: Gelbe Felder könnten auch danach in Thüringen zu sehen sein. Denn andere Pflanzengifte bleiben erlaubt. In Deutschland wird noch immer viel gespritzt, während andere europäische Länder den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eingeschränkt haben. Das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Minister Özdemir will 2023 ein Gesamtkonzept vorlegen, um die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln deutlich zu reduzieren.

MDR (lls)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 27. April 2023 | 18:40 Uhr

3 Kommentare

Ralf G am 28.04.2023

Die Europäische Chemikalienagentur ECHA kam nach der Prüfung zu dem Ergebnis, Glyphosat sei nicht krebserregend. So wie übrigens fast alle Institute der Welt. Nur eine Unterbehörde der WHO kommt zu dem Ergebnis: wahrscheinlich krebserregend.
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bestreiten das Krebsrisiko.

maulwurf am 28.04.2023

Aber wehe, Fritzchen Müller will das Unkraut auf dem Pflaster-Weg vor seinem Haus bekämpfen... Ich habe letztens etwas gelesen von Tausenden Euro Strafe für den Einsatz von Essig - einem Lebensmittel! Aber Glyphosat war ja auch nur beliebt, um Getreide kurz vor der Ernte "komplett reif" zu spritzen. So kommt das Zeugs dann wirklich in die Nahrungskette...

kleinerfrontkaempfer am 28.04.2023

Glyphosat und andere "nützliche" Zusatzmittel auf dem Feld. Das hat was für eine massenhafte (gesunde) Ernährung. Die man sich natürlich leisten kann.
Dazu gibt es noch Nitrate. Und aus der Tierhaltung war schon länger her Fibrinol aufgetaucht. Weitere Wundermittel gibt es sicher auch dort.
Weiter in der Kette kommen dann hinzu: diverse Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Antioxidanzien, Geschmacksverstärker, Verdickungsmittel, Phosphate, zuviel Zucker, Salz, Mikroplastik,.....
Für leckere Produkte ist also immer und in jedem Fall gesorgt. Da stört Glyphosat auch nicht weiter.

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