Medizintechnik Medizinische Implantate aus Thüringen: Langes Warten auf Freigabe

27. Juli 2022, 04:00 Uhr

Bis 2024 müssen laut EU-Gesetz alle Medizinprodukte neu zertifiziert werden. Die hohen Zertifizierungskosten rechnen sich jedoch kaum für selten gebrauchte Produkte. Dazu fehlt es an Prüfstellen in Thüringen: Von einst 80 Prüfstellen gibt es heute weniger als die Hälfte.

Die Thüringer Hersteller von medizinischen Implantaten fürchten, seltener gefragte Produkte aus Kostengründen nicht mehr herstellen zu können. Grund sei die novellierte Medizinprodukteverordnung, so der Geschäftsführer von Königsee-Implantate, Frank Orschler. Danach müssten jetzt auch bereits am Markt etablierte Produkte neu zertifiziert werden.

Auch die Medizintechnik Sattler in Königsee sowie Ibismed Medizintechnik in Kahla schilderten derartige Probleme gegenüber MDR THÜRINGEN. Hohe Kosten und lange Wartezeiten beim Tüv seien problematisch, so Orschler.

Bis 2024 müssen alle Medizinprodukte neu zertifiziert sein. Doch eine Stelle zu finden, die die passenden Prüfzertifikate ausstellen kann, ist schwierig. Nur noch rund 30 der benannten Stellen gibt es, 50 weniger als vor zehn Jahren.

Rund 40.000 Euro für Produktzertifikate

Für Medizinprodukte gelten strenge Regeln. Reinigungsmittel am Arbeitsplatz, die Sorte des Öls in den Maschinen und die Unterweisung der Mitarbeiter - alles wird dokumentiert und muss ständig nachweisbar sein. Das sind die Hersteller gewöhnt. Der Aufwand für eine neue Zertifizierung ist immens: So müssen zum Beispiel für eine Knochenplatte sechs Aktenordner Papier vorgelegt werden. Die Produkte zu zertifizieren, kostet rund 40.000 Euro.

Beim Königseeer Hersteller sind die 8.000 Produkte, die sich seit Jahren bewährt und alle schon Zertifikate haben, in 600 Produktgruppen zusammengefasst. Alle Produktgruppen neu zu prüfen, sei nicht möglich, und selten gebrauchte Produkte würden erheblich teurer, heißt es.

Welche Produkte den Chirurgen in eineinhalb Jahren vielleicht nicht mehr zur Verfügung stehen, ist aber noch offen. Beispiel für ein laut Orschler "zum Glück selten gebrauchtes Produkt" ist eine Platte, die den Wachstumsspalt am Oberschenkel von Kindern bei Wachstumsstörungen zusammenhält.

Die Platte wird weniger als 20-mal im Jahr gekauft und wäre mit den Kosten für ein neues Zertifikat deutlich teurer. Auch würden Hersteller keine Produktinnovationen auf den Markt bringen, weil erst einmal bestehende Produkte ein neues Zertifikat brauchen.

MDR (uwk)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 26. Juli 2022 | 12:00 Uhr

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