Chatprotokoll vom 22.05.2012 Mehr Sicherheit für Radfahrer!?

22. Mai 2012, 23:08 Uhr

Wie sicher ist man auf dem Rad? Wie müssten Städte aussehen, um Radfahrern mehr Radwege und vor allem mehr Sicherheit zu bieten? Müssen Radfahrer besser vor Autofahrern geschützt werden oder müssen vielleicht auch Autofahrer besser vor den Radfahrern geschützt werden? Das war unser Thema im Chat mit Alexander John, Jens Georgi und Lars Hannawald.

  • Chat-Moderator: Liebe User, herzlich willkommen zum Chat. Es kann losgehen.
  • Jochen: Wäre eine allgemeine Helmpflicht für Radfahrer nicht sinnvoll?
  • Lars Hannawald: Das Schutzpotential des Radhelmes ist wissenschaftlich mehrfach belegt. Eine Radhelmpflicht birgt aber die Gefahr, das der gelegentliche Radfahrer dann auf das Rad verzichtet und somit die Volksgesundheit zurück geht.
  • kalle: gibt es eine Prüfung für Radkuriere oder kann jeder und immer professionell radfahren?
  • Jens Georgi: Eine Prüfung gibt es nicht, zunächst erstmal gibt es ein Gespräch, bei dem der gesamte Rahmen abgesteckt wird. Das Thema "Wie verhalte ich mich im Verkehr?" gehört da mit rein.
  • Chat-Moderator: Unsere Gäste sind heute Alexander John vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub, Jens Georgi, Inhaber eines Fahrradkurierdienstes, und Lars Hannawald von der Verkehrsunfallforschung der TU Dresden.
  • frank: Radfahren macht in einer Stadt wie Dresden nicht unbedingt Spaß. Ich sage nur fehlende Radwege oder Kopfsteinpflasterpisten.
  • Alexander John: Es muss nicht immer Radwege geben. Wenn es aber Radwege gibt, müssen sie so gestaltet sein, dass sie durchgängig und im Sichtfeld des Kfz-Verkehrs sind. Kopfsteinpflaster ist tatsächlich ein großes Problem in den sächsischen Städten. Deshalb setzt sich der ADFC auch dafür ein, dass auch in den Nebenstraßen ein Asphaltband entsteht.
  • marie: was sind denn so die Unfallschwerpunkte in der Stadt, an denen Radfahrer beteiligt sind?
  • Lars Hannawald: Unfallschwerpunkte sind vorrangig Kreuzungen und Einmündungen
  • Jens Georgi: Zu den Kindern gebe ich Ihnen Recht, aber nicht zu den Kurieren. Erstens ist der Zeitdruck gar nicht so groß, wie immer behauptet, zweitens würde uns die Betriebshaftpflicht-Versicherung sehr schnell kündigen, wenn es regelmäßig zu crashs käme und drittens müssten wir auch um unsere Kunden fürchten, wenn wir nur im Piratenstil unterwegs wären.
  • ticker: könnten nicht autos auch so gebaut werden, dass fußgänger und radfahrer nicht so verletzt werden können?
  • Lars Hannawald: Unfälle zwischen Fahrzeugen und Radfahrern machen insgesamt 70% aller Radfahrunfälle mit Personenschaden aus. Interne Untersuchungen haben gezeigt, dass die meisten Verletzungen durch den Aufprall auf die Straße passieren. Das heißt, man kann Regionen am Fahrzeug optimieren, am besten ist es jedoch, wenn der Unfall gar nicht erst passiert, beispielsweise durch vorausschauende Sicherheitssysteme die warnen oder die Geschwindigkeit automatisch reduzieren.
  • Silvio: Habe heute was erlebt was noch schärfer ist. Fahre mit meiner Frau im Auto. Auf der linken Seite steht ein Junge mit einem Roller. Ich schaue auf den Jungen, da ja er plötzlich auf die Straße rennen kan. plötzlich ruft meine Frau "pass auf" Ich dachte ich draue meien Augen nicht. Direkt vor dem Auto Rollt ein anderer Junge auf dem Skateboard liegend die Straße entlang. Ich dachte ich spine. Dann fährt man so ein Kind um, dann ist der autofahrer der dumme.
  • Michael: Kinder sollten nicht jetzt vor´s Lochgeschoben werden, Kinder gehören generell auf den Fußweg weil sie auch nicht so fahren wie viele Radfahrer. Fahrradkuriere nehmen keine Rücksicht es sind nur Aussreden die Firma macht ja druck.
  • Chat-Moderator: Jens Georgi hat geantwortet: "Zu den Kindern gebe ich Ihnen Recht, aber nicht zu den Kurieren. Erstens ist der Zeitdruck gar nicht so groß, wie immer behauptet, zweitens würde uns die Betriebshaftpflicht-Versicherung sehr schnell kündigen, wenn es regelmäßig zu crashs käme und drittens müssten wir auch um unsere Kunden fürchten, wenn wir nur im Piratenstil unterwegs wären."
  • christa geyer: Wir wohnen 5 km von der Stadt entfernt und benutzen sehr oft das Rad für kleine Besorgungen. Einzige Möglichkeit ist die Hauptstraße. Die meisten Berufskraftfahrer verhalten sich sehr vorbildlich gegenüber Radfahrern. Nur PKW-Fahrer überholen oft einen Radfahrer sehr unüberlegt.
  • Lars Hannawald: Wir haben Untersuchungen durchgeführt die belegen, dass vorrangig Pkw-Fahrer unüberlegt überholen, die selbst kaum Fahrrad fahren.
  • frank: Wer einmal auf dem Elberadweg im typischen Sonntagsverkehr mit einem anderen Radfahrer oder Inline-Skater zusammengerauscht ist, wird doch wohl auf einen Helm nicht verzichten wollen, oder? Hässlich hin oder her, wenn er hilft, muss er zur Pflicht gemacht werden.
  • Lars Hannawald: Das sehe ich genauso, kann jedoch einige Argumente der Radhelmgegner nicht widerlegen.
  • kalle: welche vorraussetzung muss man denn als kurier mitbringen?
  • Jens Georgi: Das steht auf unsrer homepage www.fahrradkurier-dresden.de
  • marie: Wie kann man den Mitglied werden, im ADFC?
  • Alexander John: Hallo, unter http://adfc-leipzig.de/index.php/mitglied-werden finden Sie sowohl die Vorteile einer Mitgliedschaft, als auch den Mitgliedsantrag online. In den Geschäftsstellen in Leipzig und Dresden können Sie auch das Antragsformular ausfüllen.
  • Olaf: Hallo ich habe meinen Helm auch schon einmal ganz gut genutzt auf der alten Albertbrücke in Dresden - mit dem Kopf gegen das Brückengeländer da ich bei Nässe an der Längsfuge der Granitplatten abgerutscht bin. Das Fahrrad war nahezu hin - für mich ging es aber glimpflich ab. Ich fühle mich inzwischen etwas unwohl ohne Helm unterwegs zu sein. Dazu trage ich übrigens noch eine Warnweste und habe den Eindruck, dass man besser beachtet wird...
  • Lars Hannawald: Fahrradfahrer werden hauptsächlich übersehen. Daher kann ich Ihren Eindruck, dass man besser beachtet wird durchaus nachvollziehen.
  • Chat-Moderator: Liebe User, es ist quasi Halbzeit. Sie haben also immer noch reichlich Zeit, Ihre Fragen an unsere Gäste zu stellen.
  • Silvio: warum können Radfahrer nicht mit Punkten in Flensburg bestraft werden?
  • Alexander John: Radfahrende werden bei Regelverstößen auch mit Punkten in Flensburg belegt. Es kommt immer auf die Regelwidrigkeit drauf an. Rote Ampel bringt z.B. einen Punkt.
  • ticker: was haben diese punkte für eine bedeutung?
  • Chat-Moderator: Welche Punkte meinen Sie?
  • Chat-Moderator: @ticker: Sie meinen die Punkte in Flensburg, von denen eben die Rede war, oder?
  • ticker: ja!
  • Chat-Moderator: In Flensburg wird ein Register geführt, in dem Regelverstöße im Straßenverkehr in Form von sogenannten Punkten erfasst werden. Punkte gibt es zum Beispiel, wenn Sie zu schnell fahren. Wieviele Punkte Sie bekommen, hängt davon ab, wie schwer sie gegen die Verkehrsregeln verstoßen haben. Haben Sie auf Ihrem Konto zuviele Punkte angesammelt, droht zum Beispiel Fahrverbot oder Führerscheinentzug.
  • Lars Hannawald: Die Verteilung der Altersgruppen von verunfallten Fahrradfahrern in unserer Datenbank ist nahezu homogen. Es lässt sich also keine direkte Risikogruppe ausmachen. Sicherheitsvorrichtungen am Fahrrad können nicht wirklich schwere Schäden abwenden, da sich beim Zusammenprall der Aufsasse in der Regel vom Fahrrad löst. Die Rundumleuchte bietet natürlich eine bessere Erkennbarkeit ist aber sicher nicht wirklich praktisch.
  • Silvio: Es gibt ja auch die Verkehrswacht, die eine gute Arbeit in der Radfahrerschule für Kinder macht. Durch Sparmaßnahmen der Regierung ist der verein in seiner Arbeit eingeschränkt. Wenn diese Vereine mehr geld bekommen würden, könnten sie auch wieder die Arbeit in dem Umfang machen, wie vorm Sparen.
  • Alexander John: Ich kann die Arbeit der Verkehrswacht nicht beurteilen. Ich weiß jedoch, dass in Leipzig die Verkehrswacht jährlich 25.000 Euro institutionelle Förderung vom Verkehrs- und Tiefbauamt der Stadt erhält. Diese Summe ist seit Jahren konstant.
  • Silvio: Herr Hannawald: Welche Altersgruppen sind von Fahrradunfällen am meisten betroffen? Können z.b. Sicherheitsvorrichtungen am fahrrad (spezielle Polsterungen, Airbags o.ä.) Schwerere Schäden abwenden? wie ist die Forschung. Ich wäre auch dafür, das Kinder eine Rundumleuchte in 1,80 m höhe haben. da sieht jeder Autofahrer das Kinder unterwegs sind.
  • Lars Hannawald: Die Verteilung der Altersgruppen von verunfallten Fahrradfahrern in unserer Datenbank ist nahezu homogen. Es lässt sich also keine direkte Risikogruppe ausmachen. Sicherheitsvorrichtungen am Fahrrad können nicht wirklich schwere Schäden abwenden, da sich beim Zusammenprall der Aufsasse in der Regel vom Fahrrad löst. Die Rundumleuchte bietet natürlich eine bessere Erkennbarkeit ist aber sicher nicht wirklich praktisch.
  • ticker: Was hat Sie denn moziviert, Herr Georgi - mit einem Radkurier zu beginnen? - Ist das wirklich gewinnbringend? Wie kommen Sie an Kunden und die Kunden zu ihnen???
  • Jens Georgi: Reich wird man damit nicht, das stimmt. :-) Ich wollte damals einfach was mir dem Rad machen, weil ich mich damit gut fühle. Das funktionierte damals auch mit wenig Geld und ich habe auch nicht wirklich darüber nachgedacht, ob ich das in 20 Jahren auch noch machen werde. Zu den Kunden kommen wir auf ganz verschiedenen Wegen. Manche sprechen wir bei Zustellungen an, andere kommen direkt auf uns zu. 98% der Kunden sind Firmen.
  • Anne: Wie sollten denn die Stadt der Zukunft aussehen? Sollten Straßen zurückgebaut werden? Und was machen die Pendler, die z.B. aufgrund der schlechten Anbindung aufs das Auto angewiesen sind?
  • Jens Georgi: Ich denke mal, dass zumindest nicht noch mehr Straßen rein nur für den motorisierten Verkehr gebaut werden sollten. Es wird noch mehr ÖPNV und mehr Angebote für Radfahrer geben. Autofahren wird ja auch immer teurer.
  • Jens Georgi: Dass Autofahren im Allgemeinen teurer wird, könnte vielleicht auch dazu führen, dass pendeln weniger lukrativ wird. Vielleicht führt es auch dazu, das Waren nicht mehr durchs ganze Land transortiert werden, weil es dann wieder günstiger ist, sie vor Ort zu produzieren.
  • Silvio: Herr Hannawald: es gebe ja die Möglichkeit, das <kinder am Fahrrad ein Sensor haben, der im Auto ein Signal auslösen, damit der Autofahrer weiß, es ist ein Kind oder Radfahrer unterwegs. wäre das nicht eine Lösung
  • Lars Hannawald: Die Schwierigkeit liegt hier darin, dass nicht jedes Kind das unterwegs ist wirklich gefährlich ist. Somit kommt es bei solchen Systemen die derzeit in der Erprobung sind noch sehr häufig zu Fehlauslösungen und somit zu fehlender Akzeptanz der Systeme.
  • Chat-Moderator: Liebe User, unsere Zeit im Chat ist leider um. Vielen Dank für Ihre Fragen. Herzlicher Dank vor allem an unsere Studiogäste Alexander John, Jens Georgi und Lars Hannawald. Das Chatprotokoll finden Sie in wenigen Minuten unter www.mdr1radiosachsen.de
  • Chat-Moderator: Bis nächsten Dienstag