Reisende warten im Hauptbahnhof in Hamburg auf einen Zug.
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Dienstags direkt | 07.11.2023 | 20-23 Uhr Faszination Bahn: Über die Qual und Freuden des Zugverkehrs

07. November 2023, 23:20 Uhr

Ausgefallene Züge, Verspätungen en masse, überteuerte Fahrscheine und Streit um das 49-Euro-Ticket, ausgefallene Klimaanlagen und Heizungen, holpriges W-LAN und schlechter Handyempfang. Im Hochtechnologieland Deutschland scheint der Bahnverkehr nicht in Topform. Ist die Bahn wirklich so schlecht wie ihr Ruf? Was funktioniert richtig gut? Darüber sprechen wir bei Dienstags direkt.

Unsere Gäste:

  • Dr. Lukas Iffländer, Stellvertretender Bundesvorsitzender, Fahrgastverband PRO BAHN e.V.
  • Sebastian Fröschke, Zugbegleiter und Eisenbahner mit Herz
  • Jörg Gamisch, Heimatverein Oberneuschönberg e. V, kämpft für die Erhaltung einer Bahnstrecke im Erzgebirge
  • Achim Stauß, Sprecher der Deutschen Bahn

Im Interview:

  • Arno Luik, Autor des Buches "Schaden in der Oberleitung"; Arno Luik, geboren 1955, war Reporter für Geo und den Berliner Tagesspiegel, Chefredakteur der taz, Vizechef der Münchner Abendzeitung und langjähriger Autor der Zeitschrift Stern. Für seine Berichterstattung in Sachen Stuttgart 21 erhielt er 2010 den "Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ des Netzwerks Recherche. 2015, bei der Anhörung des Deutschen Bundestags zum Thema "Offene Fragen zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 aufklären“, war Luik als Sachverständiger geladen.

Achim Stauß, Sprecher der Deutschen Bahn
Achim Stauß, Sprecher der Deutschen Bahn Bildrechte: Achim Stauß

"Wir haben jetzt den nötigen Rückenwind der Politik, um Schienennetz und Bahnhöfe fit für das Wachstum zu machen – zum Wohl unserer Fahrgäste und zum Nutzen der Industrie. Beide haben eine bessere Pünktlichkeit verdient. Dem klimafreundlichen Schienenverkehr gehört die Zukunft!"

Lukas Iffländer, Fahrgastverband Pro Bahn
Lukas Iffländer, Fahrgastverband Pro Bahn Bildrechte: Fahrgastverband Pro Bahn

"Beim Bahnverkehr hakt es an allen Ecken und Enden - Personal, Fahrzeuge und Infrastruktur sind am Limit. Die Branche ist kein attraktiver Arbeitgeber und investiert oft nur kurzsichtig und unkoordiniert. Alle Ebenen - Bund, Land und Kommunen - müssen eine klare und langfristige Strategie entwickeln und auch umsetzen. Gleichzeitig muss die Infrastruktur zukunftsfähig mit Wachstumsreserven ausgebaut werden und die Automatisierung voranzutreiben. Letzteres aber nicht mit dem Ziel, Lokführer arbeitslos zu machen, sondern dort zu automatisieren, wo heute schon nicht genug Personal vorhanden ist und gleichzeitig bestehendes Personal so zu unterstützen, dass es gesundheitlich problemlos bis zum Ruhestand durchhält.

Sebastian Fröschke, Zugbegleiter und Eisenbahner mit Herz 2021
Sebastian Fröschke, Zugbegleiter und Eisenbahner mit Herz 2021 Bildrechte: Sebastian Fröschke

"Die Bahn ist die Seelenlandschaft der Republik. Egal, was politisch entschieden wird, spätestens am nächsten Tag bemerkt man die Stimmung im Zug. Bei Fußballspielen spiegelt sich sogar alles in Echtzeit. Vom Babyalter, Schulkindern, Auszubildenden, Studierende, Familien und gestresste Business-Menschen und entspannten Rentner - ich Zug erlebe ich alle querbeet und in allen Gefühlslagen, von freundlich bis frech, von emotional bis abgestumpft, von entspannt bis genervt. Der Reiz für mich als Zugbegleiter besteht darin, jeden Fahrgast mit viel Humor an sein Ziel zu bringen."

Jörg Gamisch, Heimatverein Oberneuschönberg e. V,
Jörg Gamisch, Heimatverein Oberneuschönberg e. V, kämpft für die Erhaltung einer Bahnstrecke im Erzgebirge. Bildrechte: Jörg Gamisch

"Die Obere Flöhatalbahn GmbH will ihre Strecke von Olbernhau-Grünthal nach Neuhausen im Erzgebirge aufgeben. Die Strecke hat jedoch eine große Bedeutung für die Menschen vor Ort. Unser Herz hängt an der Bahn, unser Vereinsgelände ist stark damit verbunden. In Olbernhau haben wir vier Haltepunkte, Oberneuschönberg hält der Zug bislang nicht. Wenn die Bahnstrecke nicht nur erhalten bliebe, sondern auch der Ortsteil angebunden würde, wäre das für die Menschen eine enorme Verbesserung. Viele Senioren sind auf Unterstützung und können nicht mehr mit dem Auto fahren.

Eine Bahnstrecke nach Olbernhau und Chemnitz wäre eine echte Lebensverbesserung für die ältere Menschen, doch auch für Schülerinnen und Schüler und für Berufstätige, sie alle hätten eine regelmäßige Verbindung und wären weniger auf das Auto angebunden. Mit dem Erhalt der Strecke und einem neuen Haltepunkt würden wir unseren Ortsteil wirtschaftlich und gesellschaftlich wieder viel mehr anbinden und attraktiver machen. Das wäre ein echter Schritt gegen die Entwicklung, dass ländlicher Raum immer stärker abgehängt wird."

Moderation: Sina Peschke
Redaktion: Katrin Tominski
Redaktionsleitung: Ines Meinhardt

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 07. November 2023 | 20:00 Uhr