Grundschüler während des Unterrichts
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Dienstags direkt | 16.01.2024 | 20-23 Uhr Pisa-Schock: Wie lässt sich die Bildung retten?

17. Januar 2024, 11:38 Uhr

Seit Jahren warnen Pädagogen. Jetzt bestätigt die aktuelle Pisa-Studie alle Befürchtungen: Deutschlands Schüler sind so schlecht wie nie, besonders in Mathe weit abgefallen hinter Singapur, Macau in China und Taiwan. Die Lesefähigkeit liegt längst nur noch im Durchschnitt. Besonders alarmierend: Der Anteil der leistungsschwachen Schüler und Schülerinnen hat stark zugenommen.

Seit Jahren ächzen die Lehrer unter Personalmangel und verschwinden im Burnout. Dazu kommen die Auswirkungen der Pandemie, die Digitalisierung, Sanierungsstau, Bürokratie, fehlende Bildungskonzepte und Ressourcen für die Migration sowie Nachwuchsprobleme (sogar bei den Direktorenposten) und ein schlechtes Image des Lehrerberufs. Wie lässt sich die Bildung in Sachsen retten? Darüber sprechen wir bei Dienstags direkt.

Realschüler arbeiten in einer Unterrichtsstunde mit Tablets. 116 min
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Gäste:

  • Anna Vogt, Lehrerin für Deutsch und Geschichte an der Fichte-Oberschule in Mittweida
  • Burkhard Naumann, Landesvorsitzender GEW
  • Jens-Uwe Jopp, Lehrer am Schillergymnasium Leipzig
  • Ralf Ittermann, Grundschullehrer in Dresden
  • Matthias Böhme, Kultusministerium Sachsen, Referatsleiter "Grundsätze, Qualitätsentwicklung, Bildungsmonitoring, Internationales", Projektleiter "Bildungsland Sachsen 2030"
  • Ami Kirchoff, Vorsitzende des Landesschülerrates Sachsen und ehemalige Oberschülerin

Interviews:

  • Professor Olaf Köller, Psychologe und Bildungsforscher am Kieler Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), hat beim Erstellen der Pisa-Studie mitgewirkt
  • ARD Studio Stockholm (angefragt)

Jens-Uwe Jopp, Lehrer am Schillergymnasium Leipzig

Jens-Uwe Jopp, Lehrer am Schillergymnasium in Leipzig.
Bildrechte: Jens-Uwe Jopp

"Schule lediglich als "Kostenfaktor" zu betrachten, sendet fatale Signale an die "Adressaten" von Bildung. Dort Mittel zu kürzen, zeugt von einer sehr kurzsichtigen Perspektive. Wir können es uns nicht leisten, Menschen zu verlieren, die unsere Gesellschaft und unsere Demokratie in Zukunft erhalten und stärken sollen.

Schule stelle ich mir als einen Ort vor, der aufs Leben vorbereiten soll, aber gleichzeitig vor den Verwerfungen und Schattenseiten des Lebens schützen soll. Schule soll Schutz- und Gestaltungsraum sein oder wieder werden. Dort wo Gemeinsinn, Freude, Kreativität und Zeit zum Verstehen zu Hause sind. Die Jugendlichen von Menschen mit Herz und Verstand geführt werden, die fachlich gut ausgebildet und aber vor allem pädagogisch gut geschult sind. Damit sie selbst einmal im Leben allen Menschen - solchen mit guten oder weniger guten Leistungen - einfühlsam begegnen können. Dazu befähigt werden, Beziehungen sozial erfolgreich gestalten zu können. So wie der "Meister" (Schiller) es beschreibt: "Der Weg zum Kopf durch das Herz muss geöffnet werden."

Anna Vogt, Lehrerin für Deutsch und Geschichte an der Fichte-Oberschule in Mittweida

Anne Vogt
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"Es braucht mutige Menschen, die sich der wunderschönen Herausforderung stellen, Lehrer zu werden. Und es braucht eine Gesellschaft, die authentisch, ehrlich und tolerant genug ist, um diese Menschen zu unterstützen."

Burkhard Naumann, Landesvorsitzender der Bildungsgewerkschaft GEW in Sachsen

Burkhard Naumann
Bildrechte: Burkhard Naumann

"Die Qualität der schulischen Bildung steht und fällt vor allem mit der Belastung der Lehrkräfte. Der Unterricht ist nur ein Drittel der Arbeitszeit von Lehrkräften, denn sie werden mit Verwaltungsaufgaben überhäuft, während die pädagogischen Herausforderungen an Schulen steigen. Deshalb müssen Lehrkräfte entlastet werden, um sich auf ihre Kernarbeit konzentrieren zu können. Dazu benötigen Schulen qualifizierte Fachkräfte für die digitale Infrastruktur, für die Verwaltung und für pädagogische und therapeutische Angebote. Und Schulen in besonders herausfordernden Lagen brauchen zusätzliche Unterstützung.”

Amy Kirchhof, Vorsitzende Landesschülerrat Sachsen

Ami Kirchoff
Bildrechte: Ami Kirchoff

"Die PISA-Studie zeigt offensichtliche Defizite im Bildungssystem auf. Deshalb müssen wir Schule insgesamt neu denken. Das Projekt 'Bildungsland Sachsen 2030‘ vom sächsischen Staatsministerium bietet enorme Chancen, welche jetzt auch genutzt werden müssen.“

Ralf Ittermann, Grundschullehrer Dresden

"Die Grundschule sollte sich darauf konzentrieren, die Kinder die essentiellen Grundlagen so zu lehren, dass sie diese am Ende der Grundschulzeit wirklich beherrschen. Deshalb sind alle bisherigen Inhalte in Deutsch, Sachunterricht und Mathematik genau zu hinterfragen. Der musische, künstlerische und sportliche Bereich muss als Ausgleich ausgebaut werden."

Moderation: Sina Peschke
Redaktion: Katrin Tominski
Redaktionsleitung: Katrin Tominski

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 16. Januar 2024 | 20:00 Uhr