Im Porträt Gunter Schoß – Der Geschichtenerzähler

28. März 2017, 16:03 Uhr

Bekannt ist Gunter Schoß für seine Charakterstimme im Fernsehen und als Gesicht der MDR-Reihe "Geschichte Mitteldeutschlands", die er 16 Jahre lang und durch 17 Staffeln moderierte. Das historische Fach entdeckte er bereits zu DEFA-Zeiten für sich.

Er ist bekannt wie der sagenhafte "bunte Hund": der Schauspieler Gunter Schoß. Er war 24, als mit dem DEFA-Film "Egon und das achte Weltwunder" seine Karriere begann. Doch mehrere Jahre und einige Filme später spielte er die Hauptrolle in dem Film, der für seine Entwicklung prägend sein sollte: "Die Bilder des Zeugen Schattmann" nach dem Buch des jüdischen Schriftstellers und KZ-Überlebenden Peter Edel. Gunter Schoß, auf dessen Familiengeschichte ein dunkler Fleck lag, identifizierte sich tief und nachhaltig mit dem Thema um Schuld und Verantwortung.

Ich wusste von meinem Vater, dass er in Sachsenhausen, einem Lager der Sowjets, umgekommen ist. Es gab Gerüchte, dass er bei der SS war und deshalb von den Russen erschossen wurde. Bei uns zu Hause wurde darüber nie gesprochen. Wenn ich Fragen stellte, bekam ich keine Antwort. Eine wohl typische Reaktion der Generation unserer Eltern. 1989 habe ich dann von meinem Bruder, der in der Bundesrepublik lebte, zwei Kassiber meines Vaters bekommen, die aus dem Lager geschmuggelt worden waren. Dann habe ich recherchiert, aber erst zehn Jahre später Details erfahren. Sicher ist, dass mein Vater an Tuberkulose starb – aus den Akten des sowjetischen Lagers weiß ich auch das Todesdatum.

Gunter Schoß im MDR-Gespräch

Die Geschichte wird ihn von nun an nie mehr loslassen, nicht privat und nicht als Schauspieler. Er spielt in beinahe allen historischen Filmen mit, ist Scharnhorst und Bebel, der polnische Graf Sulkowski in "Sachsens Glanz und Preußens Gloria". Für die großen politischen Filme wie "Thälmann" oder "Liebknecht" wählt man ihn indes nicht aus. Zu kritisch, zu unverblümt, zu unsicher scheint der Mann, dessen Bruder in den Westen "abgehauen" war und der einen aufmüpfigen Brief an Kurt Hager verfasst hatte, unbekümmert ob der möglichen Konsequenzen.

Nach der Wende

Aber ohnehin, so sagt Gunter Schoß selbst, waren ihm die kleinen Geschichten oft viel wichtiger. Nach dem Untergang der DDR aber bricht dieser Teil seiner Karriere ab. Es sind andere Rollen, die man ihm nun anbietet: distinguierte Ärzte, Professoren mit sonorer Stimme, der Staatsanwalt in "Rosa Roth". Nicht, dass es ihn nicht ernährte, doch seine Leidenschaft für die Geschichte bleibt unbefriedigt. Bis sich ihm ein neues Betätigungsfeld auftut: Wenn im Fernsehen seine tiefe, unverwechselbare Stimme zu hören ist, kann man mit großer Sicherheit annehmen, dass es sich um ein historisches Thema handelt. Er moderierte 16 Jahre lang und durch 17 Staffeln die Reihe "Geschichte Mitteldeutschlands", ab 2007 auch das Geschichtsmagazin des MDR, gibt seine Stimme Dokumentationen und Hörbüchern.