Ohne Wenn und Aber: Sparkurs beim MDR erforderlich

03. April 2017, 17:07 Uhr

Im Folgenden lesen Sie die Information des Gesamtpersonalrats über die Antworten des Intendanten auf die im Monatsgespräch September gestellten Fragen:

Im Oktober 2003 wurde bekannt, dass der MDR in der Zeit von 2005 bis 2008 insgesamt 41 Mio. Euro sparen muss, um einen ausgeglichenen Haushalt bis 2009 zu erreichen. Im Juli 2004 stieg diese Summe um mehr als die Hälfte auf 65 Mio. Euro. Wie kommt die Geschäftsleitung auf diese Summe?

Der Intendant bestätigte, dass zunächst eine Sparsumme von 41 Mio. Euro ermittelt worden sei. Hierzu wurde der von der KEF ermittelte Bedarf mit einer Erhöhung von 1,09 Euro zugrunde gelegt. Seit Herbst 2003 habe sich die Lage aber erneut verschlechtert. Die GEZ prognostiziert weitere Ausfälle in Höhe von 24 Mio. Euro für den MDR. Gründe hierfür seien deutlich höhere Zahlen bei den Befreiungen aus sozialen Gründen und Forderungsausfälle. Die Zahl der Befreiungen werde mit der Einführung von Hartz IV erneut steigen.

Ist in diese Einsparsumme der Verbrauch der Rücklagen bereits eingerechnet? Wie hoch ist die Summe der Rücklagen, die aufgeschlüsselt pro Jahr zwischen 2005 bis 2008 verbraucht werden muss?

Die Rücklagen, so Prof. Dr. Reiter, seien in der Einsparsumme eingerechnet. Der MDR verfüge über Rücklagen in Höhe von 191 Mio. Euro. Diese zu halten, mache keinen Sinn, da die Rücklagen von der KEF gebührenmindernd angerechnet werden. Die Rücklagen sollen bis 2008 wie folgt verbraucht werden:

2005: 17 Mio. Euro
2006: 37 Mio. Euro
2007: 19 Mio. Euro
2008: 40 Mio. Euro

Herr Tanhäuser informierte, dass im Wirtschaftsplan 2004 ein Verlust in Höhe von 72,7 Mio. Euro und für 2005 ein Defizit von 16,6 Mio. Euro eingeplant sei. Er weist darauf hin, dass die Sparbemühungen deutlich höher sein müssten, wenn die Rücklagen nicht berücksichtigt werden.

Wofür werden die Rücklagen verbraucht? Wie hoch sind die Einnahmen und die Ausgaben des MDR pro Jahr in der Zeit zwischen 2005 und 2008?

Die Rücklagen werden in den Haushalt fließen, um die Programmleistungen zu erhalten, so Prof. Dr. Reiter. Ab 2009 müsse der MDR ohne Rücklagen auskommen.

Die geplanten Einnahmen und Ausgaben des MDR pro Jahr:

  Einnahmen in Euro Ausgaben in Euro
2005 621 Mio. 638 Mio.
2006 624 Mio. 661 Mio.
2007 622 Mio. 641 Mio.
2008 623 Mio 663 Mio.

Wie hoch ist der MDR-Anteil an den Kosten für die GSEA (das sind die Gemeinschaftssendungen-, einrichtungen und -aufgaben) aufgeschlüsselt pro Jahr von 2001 bis 2004 sowie von 2005 bis 2008?

Hierzu verwies der Intendant darauf, dass diese in den so genannten Sportjahren, wie 2004 durch die Olympischen Spiele oder 2006 durch die Fußball-WM üblicherweise steigen.

MDR-Anteil GSEA
  IST in Euro PLAN in Euro
2001 81,4 Mio.  
2002 101 Mio.  
2003 96,3 Mio.  
2004   113,4 Mio.
2005   101,5 Mio.
2006   119,8 Mio.
2007   102,6 Mio.
2008   119,5 Mio.

Sollen im MDR über das bereits bekannte Maß hinaus (KEF – Vorgabe zum Outsourcing – das bedeutet jährlich werden 3 Planstellen gestrichen - sowie erstes Ergebnis der Projektgruppe Stellenplanoptimierung für 2004/2005 – siehe Intranet-Meldung vom 13.04.04, u. a. werden 14 Planstellen nicht nachbesetzt) weitere Planstellen abgebaut werden?

Für das Jahr 2005 seien, so der Intendant, 10 Stellen – resultierend aus der KEF-Vorgabe – geplant. 2006 werde man nur freiwerdende kW-Stellen (aus Personalgestellung und von den Klangkörpern) nicht wieder besetzen. Prof. Dr. Reiter versicherte auf Nachfrage, dass, wenn weitere Planstellen abgebaut werden müssten, nur "kW-Stellen" abgebaut würden.

Wie wird – außer am Personal – künftig gespart? Nennen Sie uns bitte die wichtigsten Punkte.

Gespart werden müsse in allen Bereichen, so der Intendant. Es werde z. B. Einsparungen in Produktionsprozessen geben, eine Absenkung der Kosten von Ausstattungsaufwand und Optimierung der Strukturprozesse. Möglich sind Einsparungen auch durch Abbau der Hierarchien. Der Phantasie seien hierbei keine Grenzen gesetzt. Vorschläge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nimmt Herr Pierre Köhler in der Unternehmensplanung der Intendanz gern entgegen. Die Letztentscheidung habe aber immer die jeweilige Direktion.

Stellen Sie angesichts des verschärften Sparkurses die grundsätzliche Programmstruktur bei Hörfunk und Fernsehen in Frage?

Grundsätzlich nein, so der Intendant. Der jetzige Erfolg solle fortgesetzt werden. Es sei möglich, dass die Zulieferung für die ARD künftig auf den Pflichtanteil zurückgefahren werde.

Im Interview mit der LVZ vom 12.08.04 sagen Sie: "Stünden wir einmal vor der Alternative Programm oder Klangkörper, könnten wir uns nur fürs Programm entscheiden." Wie vereinbart sich dies mit der Feststellung im jüngsten Entwicklungsplan des MDR, der MDR-Rundfunkchor gelte als bester Rundfunkchor Europas und es gelte "die hohe Qualität der MDR-Klangkörper zu bewahren, um den öffentlich-rechtlichen Kulturauftrag zu erfüllen"?

Derzeit wolle keiner die Klangkörper auflösen, versicherte Prof. Dr. Reiter. Trotz der scharfen Gebührendiskussion sei dies kein Thema. Wie es nach 2009 weitergehe, dafür könne derzeit niemand eine Garantie geben. Dies sei u. a. auch von der Außenkonjunktur abhängig. Der MDR könne nicht mehr Geld ausgeben, als er hat. Im Notfall habe der Programmauftrag Priorität.

Wie hoch sind die Einsparvorgaben für die LFH und die zentralen Direktionen für die einzelnen Jahre von 2004 bis 2008?

Prof. Dr. Reiter nannte folgende Einsparvorgaben:

  • Intendanz, (inkl. KoMa+Neue Medien+Gremien): 0,6 Mio. Euro
  • Juristische Direktion: 0,5 Mio. Euro
  • Personalräte: 0,04 Mio. Euro
  • Hörfunkdirektion: 6,1 Mio. Euro
  • Fernsehdirektion: 31,2 Mio. Euro
  • Verwaltungsdirektion: 3,6 Mio. Euro
  • Betriebsdirektion: 11,4 Mio. Euro
  • LFH Sachsen: 3,3 Mio. Euro
  • LFH Thüringen: 3,8 Mio. Euro
  • LFH Sachsen-Anhalt: 4,6 Mio. Euro

Auf Nachfrage informierte der Intendant, dass die Direktionen mit den höchsten Einsparvorgaben auch den höchsten Etat haben. Es bedeute nicht, dass beispielsweise einzelne Sendungen gestrichen werden müssten. Sparen am Programm, hieße nicht automatisch auch Sendungen streichen. Man könne auch die gleichen guten Ergebnisse mit weniger finanziellem Aufwand erzielen. Prof. Dr. Reiter betonte, dass es keine Alternative zu den Sparmaßnahmen gebe.

Wann erfahren die Beschäftigten, welche konkreten Einsparmaßnahmen und sich daraus ergebende Konsequenzen in ihrem jeweiligen Bereich vorgesehen sind?

Die Mitarbeiter werden, wie schon in der Vergangenheit, durch die jeweiligen Direktoren über die konkreten Einsparmaßnahmen und die Konsequenzen informiert.

Was ist konkret unter "Verzahnung der Landesfunkhäuser und Zentralbereiche" zu verstehen? Gibt es Vorgaben für dieses Projekt?

Dies, so der Intendant, sei kein neues Projekt, sondern eine "uralte Geschichte", die es seit 1991 gebe, aber nicht konsequent durchgeführt wurde. Im Zuge der Sparmaßnahmen solle dies nun endlich konsequent durchgeführt werden. Hierbei gehe es zum Beispiel darum, Synergien zu nutzen, die Zusammenarbeit zwischen der Zentrale und den Landesfunkhäusern zu intensivieren, Doppelberichterstattung solle vermieden werden. Außerdem sollen die Landesfunkhäuser stärker zum Zentralprogramm beitragen.

Warum gehört der Verwaltungsdirektor nicht dem Lenkungsausschuss für die Projekte an?

Der Lenkungsausschuss befasse sich im Wesentlichen mit der inhaltlichen und nicht mit der wirtschaftlichen Steuerung der Projekte. Insofern sei die Anwesenheit des Verwaltungsdirektors nicht erforderlich.

Herr Tanhäuser äußerte dazu, dass er andere Aufgaben habe und kein Problem darin sehe, dass er dem Lenkungsausschuss nicht angehöre. Außerdem erhalte er die Protokolle und könne jederzeit "eingreifen".

Gibt es bereits eine neue mittelfristige Finanzplanung? Die uns vorliegende stammt aus dem Entwicklungsplan und ist vom 19.05.03.

Für den Zeitraum 2006 bis 2008 gibt es bereits eine Finanzplanung. Diese werde am 27.09.04 dem Verwaltungsrat vorgelegt. Danach werde sie dem Gesamtpersonalrat zur Verfügung gestellt.

In der Berechnung von Roland Berger und Partner zum Outsourcing vom 14.05.1998 wird bei der dann umgesetzten Teilauslagerung davon ausgegangen, dass bis zum break even im Jahr 2011 der MDR 26,73 Mio. DM investieren muss. Wie hoch sind diese Kosten seit der Auslagerung 1999 bis jetzt und wo werden sie im Wirtschaftsplan ausgewiesen?

Die damalige Berechnung weiche in positiver Sicht von der Realität ab, so Prof. Dr. Reiter. Das Outsourcing habe sich nach dem Bericht der KEF schon längst rentiert. Die genauen Zahlen sind im 14. KEF Bericht ab Seite 229 zu finden.

Wie haben sich die Umsätze des MDR mit den Drefa-Töchtern, insbesondere mit den Firmen, in denen gestellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tätig sind, seit 2000 pro Jahr entwickelt?

Hier gebe es unterschiedliche Entwicklungen, so der Intendant. Einige schreiben schwarze Zahlen – in den MCS der LFH laufe das Geschäft recht gut - und in anderen Töchtern müsse man mit Einbußen rechnen. Hintergründe hierfür seien Preissenkungen, das Auslaufen von Abschreibungen usw.

Umsätze des MDR mit Drefa-Töchtern, in denen gestellte Mitarbeiter tätig sind:

  2000 2001 2002 2003
Media City Atelier 9.807 T Euro 9.424 T Euro 8.254 T Euro 6.328 T Euro
Media Mobil GmbH 3.452 T Euro 3.051 T Euro 3.397 T Euro 2.598 T Euro
Media Service GmbH 3.081 T Euro 4.290 T Euro 2.590 T Euro 2.577 T Euro
MCS Thüringen 7.666 T Euro 9.857 T Euro 9.975 T Euro 10.014 T Euro
MCS Sachsen 7.731 T Euro 7.591 T Euro 7.053 T Euro 7.392 T Euro
MCS Sachsen- Anhalt 6.949 T Euro 6.842 T Euro 7.201 T Euro 7.310 T Euro

Soweit die Antworten des Intendanten auf die Fragen der Personalräte zur wirtschaftlichen Situation des MDR. Im Verlaufe des Gespräches wurde mit dem Intendanten auch erörtert, ob sich die "Boxenluder-Galerie" von JUMP.de nach Auffassung des Intendanten mit den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertrage.

Dieses Programm, so der Intendant, sei lediglich ein programmbegleitendes Angebot zur Formel 1 gewesen, insofern sei es aus seiner Sicht in Ordnung. Die Zugriffszahlen seien enorm hoch gewesen. Juristische Einwände gebe es nicht, so dass man in diesem Fall lediglich unter Geschmacksgesichtspunkten diskutieren könne. Beachten solle man auch, dass der MDR mit JUMP Geld verdienen müsse. Aus Sicht der Personalräte entspricht dieses Angebot nicht den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Gerade aufgrund des Gegenwinds aus Brüssel müsse sich der MDR in seinem Angebot deutlich von den Privatsendern unterscheiden, sonst riskiere er die Gebührenfinanzierung. Prof. Reiter wies darauf hin, dass in Brüssel lediglich geprüft werde, ob Inhalte formal korrekt sind.

Adelheid Scholz
Vorsitzende des Gesamtpersonalrates