"Der starke Osten" Interview mit Chefredakteur Wolfgang Kenntemich zur Programm-Intiative

19. Juni 2019, 13:02 Uhr

Vor dem offiziellen Start am 6. März hat MDR.DE-Redakteurin Heike Möhler den Chefredakteur des MDR FERNSEHENS, Wolfgang Kenntemich, zum Anliegen der Programm-Initiative befragt. Hier das Interview, das auch im Begleitangebot zu "Der starke Osten" nachzulesen ist, im Wortlaut:

Am 6. März startet das MDR FERNSEHEN mit der Kampagne "Der starke Osten". Was ist der starke Osten?

Das sind vor allem die Menschen dieser Region, die geprägt sind durch Innovation, Phantasie, Mut, Lebenswillen, Mitmenschlichkeit. Die ein Beispiel dafür geben, dass es in Deutschland nicht nur Mutlosigkeit und Schwarzmalerei , sondern viele Ansätze dafür gibt, dass sich das moderne Deutschland auch in der globalisierten Welt behaupten kann.

Das sind z.B. viele junge Betriebe mit zum Teil noch wenig Arbeitsplätzen aber schon weltweiten Vertriebsnetzen. Das sind ältere Menschen, die selbstlos Initiativen ins Leben rufen, um behinderten Kindern zu helfen, oder eine Bücherei am Leben zu halten, für die es keine staatlichen Mittel mehr gibt. Es gibt eine Reihe von Beispielen, die in der öffentlichen Disskusion in den Hintergrund geraten sind, insbesondere durch Schlagzeilen in Westmedien wie "Jammertal Ost" oder "Milliardengrab Ost". Insofern ist "Der starke Osten" ein Stück weit natürlich auch ein Gegenprogramm gegen diese Art von Vorurteilen.

Nehmen Sie an, dass die entsprechenden Medien darauf antworten werden?

Das kann ich nicht beurteilen. Ich wünsche mir aber in ganz Deutschland eine differenziertere und fairere Berichterstattung.

Was ist das Ziel der Initiative?

Unser Ziel ist es, stärker noch als bisher schon im Bewusstsein der Zuschauer zu verankern, dass es auch im Osten Zuversicht und Mut gibt, der durchaus beispielhaft für Deutschland stehen kann. Wir gehen im MDR FERNSEHEN natürlich auch jetzt schon vielfältig auf diese Themen ein. Deshalb soll der Programmschwerpunkt gerade jetzt, wenn Sie so wollen, plakativ hervorheben, was die Menschen hier leisten.

In der Kommunikation der Kampagne wird von "Mission O" gesprochen. Was steckt dahinter?

"Mission O“ Ist die etwas provokante, plakative Übersetzung des Ziels der Initiative. Es ist ja der Programmauftrag des MDR, deutlich zu machen, was die Region und die Menschen hier stark macht. „Mission O: Der starke Osten ist unser Programm".

Was ist im MDR FERNSEHEN konkret geplant, was kommt auf die Zuschauer "sozusagen" zu?

Unter anderem wird es einen Themenabend geben, an dem Peter Escher 90 Minuten lang Menschen mit Mut vorstellt. Dabei wird u.a.die Geschichte eines Mädchens aus Rumänien vorgestellt, dessen Haut zu 80 Prozent verbrannt war. Ärzte und Privatpersonen haben diesem Mädchen geholfen. Jetzt ist sie 17 und erlernt den Beruf einer Altenpflegerin. Sehr anrührend, die Hilfsbereitschaft zu sehen, den Lebensmut des Mädchens, das jetzt lernt anderen zu helfen. Oder die Geschichte, dass Anfang März hier in Leipzig ein neuer 3-er BMW vom Band läuft. Weltweit wird in der Autoindustrie Kapazität abgebaut, aber hier gibt es ein völlig neues Werk und einen neuen BMW. Das sind die Erfolgsgeschichten, die wir meinen.

Das sind aber auch Erfolgsgeschichten von Menschen, die die Möglichkeiten dazu haben, etwas zu bewegen und anderen zu helfen. Wie aber erreichen Sie die Menschen, die im Moment keine Möglichkeiten dazu haben?

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Aber wenn man sich die Menschen anschaut, dann gibt es auch unter den Arbeitslosen nicht nur verzweifelte Menschen, viele machen etwas aus ihrer Situation. Es gibt auch viele Initiativen, in denen sich arbeitslose Menschen oder Rentner sehr intensiv um andere Menschen kümmern. Viele der Geschichten, die wir erzählen, sollen auch in dieser Richtung Mut machen, sich nicht aufzugeben. Es geht auch nicht um Schönfärberei. Wir wollen mit dieser Initiative auf Probleme hinweisen und Wege aufzeigen, wie diese bewältigt werden können.

Sie sind seit 1991 Chefredakteur des MDR FERNSEHENS. Haben Sie in den vierzehn Jahren beobachtet, dass die Menschen an Mut und Hoffnung verloren haben?

Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Menschen, die leichter damit fertig werden, dass es nicht voran geht. Alles in allem ist das sicherlich eine Art Wellenbewegung. Im Moment hat man jedoch den Eindruck, dass sich die Mutlosigkeit wieder verstärkt breit macht.

Was muss passieren, damit Sie am Schluss sagen: "Die Aktion war erfolgreich!"?

Dass die Zuschauer sagen, dass sie das spannend und aufregend fanden, was ihnen erzählt worden ist: 'Es sind viele Geschichten im Programm gewesen, die wir so noch nicht kannten. Wir haben im MDR FERNSEHEN Menschen kennen gelernt, die uns Mut machen, die uns zeigen, dass man mit Problemen auch positiv umgehen kann, und dass im Osten nicht alles mies und schlecht ist, sondern durchaus immens viel geleistet wurde, was durchaus beispielhaft für ganz Deutschland sein kann.'