Blick in den ersten Burghof der Wartburg mit einem Plakat "Mythos Wartburg".
"Mythos Wartburg – 10 Fragen an die ideale Burg" heißt die neue Sonderausstellung auf der Wartburg in Eisenach. Bildrechte: Wartburg-Stiftung, Fotothek, Foto: Rainer Salzmann

Die "ideale Burg" Mythos Wartburg: Ausstellung stellt zehn Fragen an Deutschlands bekannteste Burg

14. Juni 2023, 12:15 Uhr

Die Wartburg bei Eisenach gilt als wichtigste Burg Deutschlands. Das 900-jährige Bauwerk, in dem Martin Luther das Neue Testament übersetzte, zählt seit 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wichtige Persönlichkeit und historischer Eregnisse sind mit der "idealen Burg" verknüpft. Doch was macht die Magie der geschichtsträchtigen Burganlage aus? Eine neue Sonderausstellung nähert sich dem "Mythos Wartburg" mit zehn Fragen. Dabei wird nicht nur in die Vergangenheit geblickt – die Besucher*innen sollen sich auch Gedanken zur Zukunft der Wartburg machen.

Mitten in der Ausstellung steht ein hell erleuchteter runder Tisch, darauf zehn Symbole mit Fragen. Wie wurde die Wartburg zum heutigen Erinnerungsort, wie inspirierte sie die Künste? Wofür steht das Wartburgfest von 1817, war sie im 20. Jahrhundert ein Spielball der Diktaturen? Sind die Botschaften von Elisabeth von Thüringen und Martin Luther zeitlos – und: wie wahr sind Sagen und Geschichten wie Rosenwunder oder Tintenfleck? Das Ziel ist, sagt Frau Burghauptmann Franziska Nentwig, "Themen zu eruieren, von denen wir denken, hier müssen wir forschen, hier ergründet sich vielleicht der Mythos."

Martin Luther und die Heilige Elisabeth

Impressionen aus der Sonderausstellung MYTHOS Wartburg
Die Sonderausstellung "Mythos Wartburg" ist in zehn Themenbereiche unterteilt. Bildrechte: Wartburg-Stiftung, Fotothek, Foto: Rainer Salzmann

Von der zentralen Frageninsel breiten sich die zehn Themenbereiche sternförmig im Raum aus. Boden und Wände sind jeweils in einer anderen Pastellfarbe gestaltet. In jedem Segment steht ein besonderes Exponat im Vordergrund: Für die Künste wurde die seltene Wartburg-Harfe aus dem 15. Jahrhundert ausgewählt, für Martin Luther und die Heilige Elisabeth der Glasbecher der Heiligen, der sich später in Martin Luthers Besitz befand. Eine rund 120 Jahre alte hölzerne Reisekamera mit mächtigem Balg illustriert für die Burg als Reiseziel.

Ein vergleichsweise neues Thema ist die Frage nach dem Zusammenspiel von Natur und Kultur. Der Ausblick auf den Wald rund um die Wartburg, der jeden Gast für den Aufstieg entschädigt, ist weitsichtigen Forstleuten des 19. Jahrhunderts zu verdanken: Gottlob König legte damals den Wald nicht nur nach wirtschaftlichen, sondern auch nach ästhetischen Kriterien an, erschloss die Drachenschlucht, aber eben auch Wege und Blickbeziehungen zur Burg. Als "Waldpark Wartburg" steht er deshalb seit 2011 unter Denkmalsschutz. Eine Symbiose, die aber auch gefährdet ist durch Klimawandel und Waldsterben.

Impressionen aus der Sonderausstellung MYTHOS Wartburg
Die Natur um die Wartburg spielt in der Ausstellung ebenfalls ein Rolle. Bildrechte: Wartburg-Stiftung, Fotothek, Foto: Rainer Salzmann

Wartburg im Nationalsozialismus und zu DDR-Zeiten

Bisher wenig beleuchteter Stoff steckt auch in der Frage, wie die Wartburg im 20. Jahrhundert instrumentalisiert wurde – war sie ein Spielball der Diktaturen? Das ist klar zu bejahen angesichts der Fotos von Bergfried und Festsaal mit Hakenkreuzen. An einer Audio- und Videostation können sich die Besucher Zeitzeugnisse anhören vom sogenannten "Heldengedenken" im Jahr 1933 und Fernsehberichte sehen aus den 1960er und 80er Jahren, als die DDR-Oberen die Burg besuchten. Die Wartburg sei "wie Teflon", sagt Franziska Nentwig. Nichts davon sei an ihr hängen geblieben, aber es sei Teil ihrer Geschichte, sie sei "in Dienst genommen" worden.

Selbst zum Burgenbauer werden können die Besucher an einem großen Kunststoff-Modell der Burg. Für Palas, Vorburg, Bergfried und andere Teile der heutigen Wartburg stehen jeweils zwei Ersatzteile bereit. Und zwar nicht irgendwelche, sondern diejenigen, die Architekten des 19. Jahrhundert im Zuge der Neugestaltung für Großherzog Carl Alexander entworfen hatten. Die Wartburg als maurisch-arabische Burg mit golden schimmernden Kuppeln? Das hätte durchaus passieren können.

Ein Bild in schwarz-weiß zeigt eine lange Menschenschlange, die auf einen Berg zu einer Burg wandert.
1817 fand das erste Wartburgfest statt. Bildrechte: Wartburg-Stiftung, Fotothek, Foto: Rainer Salzmann

Die "ideale Burg" im 21. Jahrhundert

Jedes einzelne Thema wäre eine eigene Ausstellung wert, sagt Franziska Nentwig, die Sonderschau habe experimentellen Charakter und sei auch eine Art "Fingerübung" für eine künftige neue Dauerausstellung. Vor allem aber solle sie "neugierig machen, sie soll Anregungen unterbreiten, über den Mythos Wartburg selbst nachzudenken – und das durchaus auch auf unterhaltsame Art und Weise." Die zehnte Frage richtet die Wartburg-Stiftung an ihre Gäste: Was zeichnet die ideale Burg im 21. Jahrhundert aus – wie soll die Zukunft der Wartburg aussehen? Dazu wünscht sich die Stiftung möglichst viele Rückmeldungen – mit Stift und Zettel, aber auch digital.

Angaben zur Ausstellung:

"Mythos Wartburg – 10 Fragen an die ideale Burg"
Sonderausstellung vom 14. Juni 2023 bis 7. Januar 2024

Die Sonderausstellung ist Teil des Rundgangs durch Palas, Museum und Lutherstube (im Ticketpreis enthalten).

Wartburg-Stiftung
Auf der Wartburg 1
99817 Eisenach

Öffnungszeiten:
Sommer (April bis 6. November): 9 bis 17 Uhr
Winter (7. November bis 31. März): 9:30 bis 15:30 Uhr

Redaktionelle Bearbeitung: Lilly Günthner

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 14. Juni 2023 | 08:10 Uhr