Eine als Domteurin verkleidete Schauspielerin steht auf einer Bühne und interagiert mit drei Puppenspielern, die die Köpfe und Pfoten von weißen Tigern tragen
Arbeitstreffen der besonderen Art – beim 9. Sächsischen Puppentheatertreffen in Radebeul kommen Puppenspielerinnen und Puppenspieler aus ganz Sachsen mit einem Ensemble aus Polen zusammen Bildrechte: Carsten Beier

Landesbühnen Sachsen Radebeul feiert das sächsische Puppentheater

02. Mai 2023, 17:38 Uhr

Die Geschichte des Puppenspiels hat in Sachsen lange Tradition, und tatsächlich gibt es im Freistaat noch immer eine einzigartige Dichte an Puppen- und Figurentheatern – speziell auch an festen Ensembles. Vom 2. bis 6. Mai 2023 kommt die Szene an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul zusammen. Worum es beim 9. Sächsischen Puppentheatertreffen geht, darüber hat MDR KULTUR mit Franziska Till, Puppenspielerin und Theaterpädagogin am Theater Radebeul, gesprochen.

MDR KULTUR: Frau Till, Theatertreffen heißt ja, nicht nur das Publikum kommt in den Genuss vieler verschiedener Inszenierungen. Das Ganze ist ja auch ein Arbeitstreffen für Sie. Welche aktuellen Themen stehen auf Ihrer Agenda?

Franziska Till: Wir haben – neben den Nachgesprächen, die es immer nach den Vorstellungen gibt, zum Beispiel zu den Themen interdisziplinäre Vorstellungen oder auch Stückentwicklung oder das Theater der Zukunft – verschiedene Workshops eingeladen. Also, wir haben Workshopleiter*innen, die mit uns Fortbildungen machen, in denen wir uns austauschen können, zum Beispiel zum Thema "Theatre of Senses". Das ist eine Theatergruppe aus Litauen, die machen inklusives Theater, das heißt, wir proben die Mittel, die man benutzen kann, wenn man beispielsweise nichts sehen oder nichts hören kann. So auch im Sound Loop Beatbox-Workshop geleitet von Daniel Barke aus Leipzig. Dieser Workshop beschäftigt sich mit den auditiven Mitteln, die man zur Verfügung hat, wie man mit Rhythmus arbeiten kann, mit Loops und Sounds.

Wir haben außerdem zwei kleinere Formen, mit denen wir ein bisschen über den Tellerrand schauen: Und zwar haben wir das Thema Lampe-Lampe-Theater. Das ist eine ganz kleine Form, ein Theater für einen Zuschauer eigentlich, und das wird in einer Box präsentiert. Wer vielleicht schon mal in der Ausstellung "Imaginarium" war, im Japanischen Palais in Dresden, der wird das schon einmal gesehen haben. Das ist also wirklich so eine kleine Box, bei der man an einer Schraube oder einem Rädchen dreht und dann bewegt sich darin eine ganze Welt. Eine andere kleine Form ist das Koffertheater unter der Leitung von Anne Swoboda. Dabei geht es auch darum, dass man mit möglichst wenig Mitteln und auch als Solospieler eine Geschichte aus dem Koffer erzählen kann.

Wenn ich da gleich mal einhaken kann: Diese kleinen Formate, also, Theater im Koffer – worin sehen Sie da das Potenzial für Ihre Arbeit? Ich meine, gerade das Guckkastentheater klingt ja nicht so, als ob es finanziell irgendwie großartig lukrativ sein könnte.

Wenn es für einen Zuschauer ist, dann lohnt sich das natürlich nicht. Aber uns hilft es extrem, sich von anderen Kunstformen mal inspirieren zu lassen. Es ist außerdem ein Austausch mit den verschiedenen Teilnehmenden, die in den Workshops sind. Also, dieser Ideenaustausch und die Möglichkeit, eine Idee mal nur so in eine Box zu stecken, das ist sehr, sehr reichhaltig und bringt uns weiter.

Ein Puppenspieler spielt eine lebensgroße Puppe, die auf ein Smartphone schaut
Szene aus dem Stück "Rauschen" Theatertreffen gezeigten Stücke machen die Vielfalt der sächsischen Puppentheaterszene deutlich – die Bildrechte: Carsten Beier

Und genau darum geht es eigentlich. Also, es geht weniger darum, jetzt genau diese Form dann auf unsere große Bühne zu bringen, sondern welche Elemente davon kann man vielleicht verwenden? Welche Inspiration bekommt man dadurch? Und das kann natürlich dann auch schon Anlass sein, um neue, auch eine größere Produktion daraus zu stricken oder vielleicht auch zusammenzuarbeiten, mal mit einem anderen Theater, mit einer anderen Spieler*in, die man eben vorher bei dem Workshop getroffen hat.

Neben den sechs festen Ensembles gibt natürlich auch ganz viele freie Puppenspielerinnen und Puppenspieler in Sachsen. Inwieweit sind die auch eingeladen, an dem Treffen teilzunehmen?

Wir haben das Festival geöffnet und zwar besonders für Student*innen der Figurentheater-Hochschulen, die gibt es einmal in Berlin und einmal in Stuttgart, das sind die zwei renommierten Puppenspieler*innen-Schulen, weil es tatsächlich ein Problem ist, die jungen Spieler*innen an ein Haus zu binden. Das heißt, wir wollten das gern öffnen, dass man mal ein institutionelles Theater kennenlernt, und dazu einladen, hier teilzunehmen.

Puppenspieler liegt mit einer lebensgroßen Puppe in einem Bett, das auf einer Theaterbühne steht
Deutsch-polnische Koproduktion – Szene aus dem Stück "Rauschen" der Landesbühnen Sachsen, des Cloud Theaters und des Theaters "Lalek" aus Wrocław Bildrechte: Carsten Beier

Die Student*innen sind aber natürlich auch in ihrem Studium voll ausgeplant, wir haben da also nicht ganz so viele Rückmeldungen bekommen, sodass wir tatsächlich auch ein paar Plätze öffnen konnten für externe freie Spieler*innen. So zum Beispiel für eine ukrainische Puppenspielerin, mit der wir auch schon zusammengearbeitet haben, oder auch eine freie Regisseurin, weil es auch schwierig ist, explizit für das Puppenspiel Regisseur*innen zu finden. Und deswegen freuen wir uns ganz besonders, dass wir da auch mit den Kolleg*innen aus der freien Szene zusammen hier sein können.

Weiterführende Informationen

9. Sächsisches Puppentheatertreffen an den Landesbühnen Sachsen
Meißner Straße 152 | 01445 Radebeul

2. bis 3. Mai 2023: Begegnung und Austausch der Ensembles
4. bis 6. Mai 2023: Festival fürs Publikum mit folgenden Aufführungen:

"Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zaunes schaute" (theater junge generation Dresden)
Donnerstag, 4. Mai 2023, 10 Uhr
tjg. theater junge generation Dresden

"Rauschen" (Kooperationsprojekt der Landesbühnen Sachsen mit der Künstlergruppe Cloud Theater und dem Wrocławski Teatr Lalek)
Donnerstag, 4. Mai 2023, 16 Uhr
Landesbühnen Sachsen – Studiobühne

"Die Zirkusprinzessin" (Kooperationsprojekt des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters Bautzen und der Landesbühnen Sachsen)
Donnerstag, 4. Mai 2023, 19.30 Uhr 
Landesbühnen Sachsen – Hauptbühne

"Bääätsch – Zunge raus" (Theater der jungen Welt Leipzig)
Freitag, 5. Mai 2023, 10 Uhr
Landesbühnen Sachsen – Studiobühne

"Der Erlkönig" (Puppentheater Zwickau)
Freitag, 5. Mai 2023, 15/15.30 Uhr
Landesbühnen Sachsen – Glashaus

"Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute" (Die Theater Chemnitz)
Freitag, 5. Mai 2023, 19.30 Uhr
Landesbühnen Sachsen – Hauptbühne

"Kulka" (Wrocławski Teatr Lalek)
Samstag, 6. Mai 2023, 11 Uhr
Landesbühnen Sachsen – Studiobühne

Das Gespräch führte Annett Mautner für MDR KULTUR. (Redaktionelle Bearbeitung: Tina Murzik-Kaufmann)

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. Mai 2023 | 12:10 Uhr