Urteil in Karlsruhe Verfassungsschutz darf Ramelow nicht mehr überwachen

09. Oktober 2013, 21:03 Uhr

Seit Jahren wird Bodo Ramelow, der Fraktionschef der Thüringer Linken, wegen des Verdachts linksextremistischer Umtriebe der Partei vom Verfassungsschutz beobachtet. Ramelow wehrte sich und bekam nun vom Bundesverfassungsgericht Recht.

Die Überwachung des Linken-Politikers Bodo Ramelow durch den Verfassungsschutz verstößt gegen das Grundgesetz. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Ramelow sei keiner anti-demokratischen Bestrebung verdächtig, heißt es im Urteil. Der Geheimdienst habe die Beobachtung ausschließlich mit Ramelows Mitgliedschaft in der Linkspartei begründet. Eine dauerhafte Beobachtung sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in das freie Mandat des Abgeordneten. Das oberste deutsche Gericht bestätigte jedoch auch, dass die Beobachtung von Abgeordneten grundsätzlich möglich sei, stellte dafür aber hohe Hürden.

Über 30 Jahre wurde ich ausspioniert und ausgeschnüffelt! 10 Jahre habe ich geklagt, nun höre ich das ich in Karlsruhe gesiegt habe!

Bodo Ramelow auf Twitter

Ramelow nahm das Urteil mit großer Genugtuung auf. "Ich gebe zu, ich habe heute geweint", sagte der Fraktionschef. Er sei völlig unvorbereitet gewesen. "Ich habe zehn Jahre lang gelächelt, um zu zeigen, dass ich mich nicht einschüchtern lasse." Es sei jetzt an der Zeit, "die Observation der Linken grundsätzlich zu beenden." Es könne nicht sein, dass ein staatlicher Geheimdienst die Opposition kontrolliere. Scherzhaft fügte Ramelow hinzu, sein Hund sei "der einzige Schnüffler, den ich an mich ranlasse". Ramelow hält einen Jack-Russell-Terrier namens Attila, den er hin und wieder bei Twitter oder in seinem Blog thematisiert.

Ich bin eine sehr öffentliche Person. Wenn ich es nicht bin, ist es mein Hund. Das ist der einzige Schnüffler, den ich an mich ranlasse

Bodo Ramelow zum Bespitzelungsverbot für den Verfassungsschutz

Im Visier des Geheimdienstes seit 1986

Ramelow war lange Jahre als Gewerkschafter in Hessen und später in Thüringen aktiv. Ende der 1990er-Jahre trat er in die PDS ein und wurde in den Landtag gewählt. Von 2005 bis 2009 war er Mitglied des Bundestags und Vizefraktionschef. Seit 2009 ist er Vorsitzender der Linksfraktion im Thüringer Landtag. Ins Visier des Bundesamts für Verfassungsschutz geriet er 1986. Begründet wurde die Beobachtung später mit seiner Arbeit in der PDS und späteren Linkspartei, die auch Kontakt zu radikalen Gruppen hat. Dem Politiker Ramelow selbst wurde jedoch auch in Vorinstanzen bescheinigt, keine Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verfolgen.

Gysi: Wichtiger Schritt zur Gleichstellung

Linke-Chefin Katja Kipping forderte nach dem Karlsruher Urteil, die Beobachtung ihrer Partei durch den Verfassungsschutz sofort einzustellen. "Das ist ein klares Signal dafür, dass generell die Beobachtung und Kriminalisierung der Linken eingestellt werden muss", sagte Kipping am Mittwoch. Fraktionschef Gregor Gysi sprach von einem wichtigen Tag in der Geschichte der Linken. "Es ist heute ein Schritt zur Gleichstellung unserer Partei vollzogen worden."

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gekippt

Die Richter in Karlsruhe hoben mit ihrem Urteil eine gegenteilige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf und verwiesen den Fall nach Leipzig zurück. Das BVerwG hatte 2010 entschieden, dass die Überwachung der Linken und ihrer Spitzenpolitiker nicht gegen geltendes Recht verstoße. Begründet wurde das mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb der Partei. Der Thüringer Verfassungsschutz hat schon 1999 die Überwachung von Ramelow und seiner Partei gestoppt. Eine Ausnahme blieb die Kommunistische Plattform innerhalb der Linken. Dass diese weiter unter Beobachtung steht, bestätigte am Mittwoch das Bundesinnenministerium. Ein Sprecher sagte nach dem Urteil, zwar sei die Observierung der Linkspartei als Ganzes eingestellt worden, doch würden offen extremistische Strukturen weiter beobachtet.

Urteil in Karlsruhe zur Überwachung Bodo Ramelow Az: 2 BvR 2436/10

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