Windenergie-Parks Alte Windräder machen Platz für neue Riesen
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29. November 2024, 11:40 Uhr
Ausgetauscht wird gerade vor allem dort, wo schon viele Anlagen stehen – in Sachsen-Anhalt zum Beispiel. Viel Potential für "Repowering" gibt es auch in Sachsen. Denn nirgendwo sonst in Deutschland sind die Anlagen so alt.
- Nach 20 Jahren Betrieb endet die Förderung über das Erneuerbare-Energien-Gesetz.
- Experte: Austausch der Windkraftanlagen ist Puzzleteil der Energiewende und neue Anlagen in bestehenden Windparks werden besser angenommen.
- In Thüringen wird nur etwa jedes zehnte neue Windrad ein altes ersetzen.
Immerhin einhundert Meter hoch und trotzdem geradezu niedlich erscheinen die alten Windräder im Windpark Bertkow-Baben im Norden von Sachsen-Anhalt. Daneben stehen Windräder, die rund 250 Meter hoch sind. Hier wird gerade ausgetauscht – "gerepowert". Das Ziel: Noch mehr Strom produzieren, erklärt Andreas Tränapp vom Windparkbetreiber Alterric. "Das Repowering ermöglicht uns, auf der gleichen Fläche die Leistungen, den Ertrag und auch die Verstetigung des Stroms, den wir ernten, deutlich zu erhöhen."
Ein grauer Novembertag, Tränapp steht mitten in dem sich wandelnden Windpark – neben ihm auf dem auf Boden liegen drei Rotorblätter. Von oben sehen sie aus wie abgelegte Insektenflügel. Die alten und die neuen Anlagen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Größe. Während die Gondel der neuen Generation einem länglichen Schuhkarton gleicht, ist die der alten Windräder ellipsenförmig.
Rund zwanzig Jahre haben sich die Rotorblätter gedreht. Nach genau dieser Zeit bekommen Betreiber für Windenergieanlagen keine Förderung mehr über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Ob sich der Weiterbetrieb trotzdem lohnt, hängt zum Beispiel vom aktuellen Strompreis und dem Zustand der Anlage ab. Hier hat sich der Betreiber für den Austausch entschieden. Und obwohl sich am Ende nur noch 12 statt 31 Windräder drehen: "Die Leistung steigert sich dabei auf den Windpark gerechnet um knapp 50 Prozent", erklärt Andreas Tränapp.
Sachsen: Ältester Windradbestand in Deutschland
Aus Sicht von Jürgen Quentin von der Fachagentur Wind und Solar ist der Austausch "neu gegen alt" ein Puzzleteil der Energiewende und für mehr Versorgungssicherheit. Ein Vorteil von Repowering: Die Akzeptanz für neue Anlagen in bestehenden Windparks ist größer als an ganz neuen Standorten. Alte Windräder gibt es hierzulande genug. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben eher in die Jahre gekommene Anlagenbestände. Die Windräder in Sachsen sind im Durchschnitt mit knapp 20 Jahren sogar so alt wie in keinem anderen Bundesland.
Doch Verjüngung kündigt sich an. In allen drei Ländern zeichnet sich im Vergleich zu den Vorjahren ein Genehmigungsplus ab. Mit Blick auf andere Länder bescheinigt Jürgen Quentin Sachsen und Thüringen aber eine bescheidene Bilanz. "Die beiden Bundesländer sind zusammen etwa so groß wie Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen ist aber dreimal dichter besiedelt und hat dieses Jahr bereits 560 Anlagen genehmigt. Sachsen und Thüringen kommen in diesem Jahr bislang auf 105 Anlagen."
Wenig Repowering in Thüringen – viel in Sachsen-Anhalt
In Thüringen wird nur etwa jedes zehnte neue Windrad ein altes ersetzen. Der Rest entsteht an neuen Standorten. Quentin wundert das nicht. Repowering sei dort am verbreitetsten, wo schon jetzt viele Anlagen stünden – wie in Sachsen-Anhalt. Mehr als die Hälfte der rund 100 genehmigten neuen Windräder dort sind Repowering-Projekte.
Dass gerade viele Windenergieanlagen abgebaut werden, merkt auch Jens Monsees. Sein Unternehmen, Neowa, ist spezialisiert auf den Rückbau. "Wir haben letztes Jahr 37 Anlagen abgebaut, dieses Jahr 103 Anlagen. Und das geht ja nicht nur uns so. Das geht auch den Betreibern so. Die bekommen auf einmal mehr Genehmigungen, Anlagen zu bauen."
In Mitteldeutschland wurden in diesem Jahr übrigens bisher mehr Anlagen ab- als aufgebaut. Und trotzdem wurde unterm Strich mehr Leistung installiert. Denn: Jeder neue Riese erzeugt rund fünfmal mehr Strom als ein altes Windrad.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. November 2024 | 09:21 Uhr