Energiekrise und Inflation Kneipensterben in Sachsen: Gaststätten und Wirtshäuser unter Druck

05. November 2022, 12:49 Uhr

Steigende Energie- und Lebensmittelpreise machen Restaurants, Cafés und Kneipen in Sachsen zu schaffen. Doch das sind nicht die einzigen Probleme in der Branche. Die Unternehmen sind verunsichert und einige geben auf. Neugründungen sind eher selten.

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Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Sachsen sieht wegen hoher Energie- und Lebensmittelpreise vor allem klassische Gaststätten und Wirtshäuser unter Druck. "Diese haben aktuell die größten Schwierigkeiten", sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführer Axel Klein bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Jedes Jahr drei Prozent weniger Kneipen

Die Zahl der Betriebe sinke jährlich um etwa drei Prozent. Es gebe geradezu ein Kneipensterben. "Es wird immer wichtiger, dass die Betriebe ihre Effizienz im Blick haben", sagte Klein. Der vom Bund angekündigte Preisdeckel für Energie gehe in die richtige Richtung. "Das schafft Planungssicherheit."

Umsätze deutlich zurückgegangen

Klein zufolge lagen die Umsätze der sächsischen Gaststättenbetriebe in den ersten zehn Monaten dieses Jahres im Schnitt noch immer etwa zwölf Prozent unter denen von 2019. Bei den Reservierungen etwa für Dezember sei fast jedes zweite Unternehmen unzufrieden. "Die Gäste achten genau auf die Preise und entscheiden immer kurzfristiger, ob sie sich die Gaststätte leisten können", so Dehoga-Hauptgeschäftsführer Klein.

Dauerhafter Leerstand im ländlichen Raum

Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) in Dresden nimmt nach eigenen Angaben bereits seit einiger Zeit Schließungen von Restaurants, Gasthäusern und vereinzelnd Hotels wahr. Diese Beobachtung lasse sich aber vor allem im ländlichen ostsächsischen Raum machen.

Die Industrie- und Handelskammer in Dresden nimmt schon seit einiger Zeit vor allem im ländlichen ostsächsischen Raum Schließungen von Restaurants, Gasthäusern und vereinzelnd Hotels wahr.

Maximilian Meinert Industrie- und Handelskammer Dresden

In gastronomisch guten Lagen, etwa in Dresden, finde sich nach wie vor schnell Ersatz, so der stellvertretende Geschäftsführer Standortpolitik und Kommunikation der IHK Dresden, Maximilian Meinert: "Bei schlechten städtischen Lagen und im ländlichen Raum sehen wir allerdings immer häufiger dauerhaft Leerstand."

Steigende Preise, fehlender Tourismus

Allerdings hat im Oktober auch das Café "Johanna" in bester Lage am Dresdner Neumarkt mit Blick auf die Frauenkirche dichtgemacht. In der Corona-Krise war die Abhängigkeit vom Tourismus eher nachteilig, wurde Geschäftsführer Martin Enk in einem Bericht zitiert. "Jetzt kommen die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel hinzu."

Vielschichtige Probleme

Die Schließungen würden meist nur in Einzelfällen von gestiegenen Energiepreisen verursacht, sagte Meinert von der IHK Dresden. Meist kämen mehrere Gründe zusammen wie fehlendes Fachpersonal, keine Nachfolge oder die allgemein gestiegenen Preise. Ein Großteil der gastronomischen Einrichtungen reagiere mit verkürzten Öffnungszeiten, mehr Ruhetagen, Einschränkung von Serviceleistungen und Preissteigerungen.

Dunkelziffer der von Schließung bedrohten Betriebe hoch

Die Branche sei verunsichert, bestätigte Ramona Nagel von der IHK Chemnitz. "Wie viele Unternehmen tatsächlich den Betrieb einstellen und ihr Gewerbe abmelden wollen, ist aktuell nur schwer einzuschätzen." Es sei davon auszugehen, dass die Mehrheit der Unternehmen nach Lösungen suchen werde, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.

Keine Besserung in Sicht

Laut Nagel verschwinden selbst Traditionsunternehmen, die keine Nachfolger finden, vom Markt. Das werde sich vermutlich fortsetzen. Es gebe aber auch Existenzgründer, die mit unterschiedlichen Konzepten an den Markt gingen, die in der Krise auch eine Chance sähen. Ob sie sich länger am Markt halten können, sei jedoch nicht absehbar.

MDR (lt),dpa

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