Ddrei Männer halten die Verfassung des Freistaates Sachsen in den Händen.
Zum zweiten Mal in 31 Jahren wird die Verfassung angetastet: die Regierungskoalition will die Landesverfassung ändern. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arno Burgi

Mitsprache stärken Sächsischer Landtag berät Verfassungsreform

14. Dezember 2023, 19:49 Uhr

Niedrigere Hürden für Volksanträge und Volksbegehren, die Möglichkeit von Volksklagen und der Klimaschutz als Staatsziel. Das soll in der sächsischen Verfassung verankert sein. Die Abgeordneten des Parlaments haben sich das erste Mal mit der geplanten Reform beschäftigt.

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Die Regierungsparteien CDU, Grüne und SPD haben ihren Entwurf zu einer Verfassungsreform in den Landtag eingebracht. Damit sollen zum Beispiel die Hürden für die Volksgesetzgebung sinken. Für Volksanträge wären nur noch knapp 20.000 statt wie bisher 40.000 Unterschriften notwendig. Für Volksbegehren läge die Quote bei etwa 200.000 statt 450.000 Unterschriften.

Auch das Element der Volksklage ist vorgesehen: Bürger könnten vom Landtag verabschiedete Gesetze vor dem sächsischen Verfassungsgerichtshof anfechten - wenn mindestens 20.000 Unterschriften zusammenkommen. Klimaschutz soll Staatsziel werden, behinderte Menschen besser geschützt und die Schuldenbremse beibehalten werden.

Grüne sehen "klugen Kompromiss"

Vertreter der Regierungsparteien zeigten sich froh darüber, den Entwurf nun fertig zu haben. Wirklich zufrieden äußerten sich nur die Grünen. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Valentin Lippmann, sagte MDR SACHSEN, es sei ein kluger Kompromiss gefunden worden. "Die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt. Das braucht Anpassung." Jetzt müsse im parlamentarischen Verfahren eine Zweidrittelmehrheit gefunden werden. Diese ist für Verfassungsänderungen nötig.

Matthias Rößler (CDU), Landtagspräsident in Sachsen, nimmt an der Sitzung im Landtag teil.
Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) nimmt an der Parlamentssitzung teil. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Die SPD hätte gern die Schuldenbremse geändert, das Recht auf Bildung festgeschrieben und sich mehr Bewegung bei der Gleichberechtigung gewünscht, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin Sabine Friedel. "Das war aber nicht mehrheitsfähig mit drei Partnern." Sollten sich in Zukunft neue gemeinsame Nenner ergeben, könne man ja die Verfassung noch einmal ändern.

CDU: Verfassungsänderung nicht um jeden Preis

Für die CDU sei es darum gegangen, die Verfassung weitgehend zu bewahren und zu schauen, was wichtige Aspekte für Sachsens Zukunft sind, sagte deren parlamentarischer Geschäftsführer, Sören Voigt, MDR SACHSEN. "Das hat lange gedauert und ist nun der Verhandlungsstand, mit dem wir ins Verfahren gehen. Eine Verfassungsänderung um jeden Preis wird es aber nicht geben," betonte Voigt mit Blick auf die Einhaltung der Schuldenbremse.

AfD lehnt Klimaschutz als Staatsziel ab

Die AfD hält die Begründungen für die Reform für "dünn". Der rechtspolitische Sprecher der Partei, Joachim Keiler, sagte: "Es sieht so aus, als soll noch kurz vor Ende der Legislaturperiode eine Verfassungsänderung durchgedrückt werden." Er hoffe nun auf die weiteren Verhandlungen imzuständigen Ausschuss. Die AfD sieht einzelne Punkte wie mehr Bürgerbeteiligung oder der besondere Schutz behinderter Menschen positiv. Klimaschutz als Staatsziel eines Bundeslandes nannte Keiler dagegen "juristisch vollkommen überflüssig".

Gebhardt: Linke kein Mehrheitsbeschaffer

Die Linke will kein Mehrheitsbeschaffer für eine Verfassungsänderung sein. Fraktionschef Rico Gebhardt sagte MDR SACHSEN, im Entwurf seien viele Sachen dabei, die die Linke seit Jahren fordere. Dazu gehörten die Volksgesetzgebung, der Klimaschutz und die Gleichstellung. "Jetzt muss man sich das im Detail angucken. Reicht das aus, um die Modernisierung der Verfassung auch zu begründen oder ist das nur ein bisschen angemalt, damit es schöner und glänzender aussieht?" Reden müsse man unter anderem auch über die Schuldenbremse; ob man sie ganz raus nehme oder im Hinblick auf Kreditaufnahmen und Rückzahlungsfristen modifiziere, so Gebhardt.

Christian Hartmann (l-r), Fraktionsvorsitzender der CDU Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, Martin Dulig (SPD), Wirtschaftsminister von Sachsen, Katja Meier, Spitzenkandidatin Bündnis 90/Die Grünen, und Dirk Panter, Fraktionsvorsitzender der SPD Sachsen, kommen zur Unterzeichnung des Koalitionsvertrags zwischen der CDU, Bündnis90/Die Grünen und der SPD in Sachsen in den Landtag.
Vielleicht gibt es bald eine neue Ausgabe: Der Entwurf zu einer Verfassungsänderung wird jetzt im Rechtsausschuss weiter diskutiert. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Die Abgeordneten des Landtages verwiesen den Entwurf der Regierungskoalition zur Verfassungsänderung erwartungsgemäß in den Ausschuss für Verfassung und Recht. Das Plenum könnte im Mai oder Juni 2024 darüber abstimmen. Für eine Änderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament erforderlich. Es wäre die zweite Reform innerhalb 31 Jahren Landesverfassung in Sachsen.

MDR (jk)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 14. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

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