Die BND-Akte Politbüro Hermann Axen

* 6.3.1916 - † 15.2.1992

17. Dezember 2023, 13:43 Uhr

Mitglied des Politbüros des ZK der SED

Der wegen seiner auffälligen Statur vielen DDR-Bürgern bekannte Hermann Axen wurde vom BND als "fähiger und erfahrener Außenpolitiker" eingeschätzt, "diesbezüglich unbestrittene Nr. 1", ein ruhiger und ausgeglichener Agitator. Im Gegensatz zu den meisten Politbüro-Mitgliedern würdigte ihn der BND als einen "sehr angenehmen", ruhigen und humorvollen Menschen, der im Übrigen sehr gut Französisch sprechen würde. Er bemühe sich um einen intellektuellen Habitus und zitiere manchmal Shakespeare. Honecker würde ihm in Fragen der Außenpolitik und in ideologisch-theoretischen Fragen vertrauen. Vielleicht, so vermutete der BND, lag der Grund in der ähnlichen Vergangenheit von Axen und Honecker. Beide saßen unter den Nationalsozialisten im Gefängnis. Axen überlebte als Jude Auschwitz. Später begannen beide Funktionäre ihre Karriere bei der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Allerdings, so teilten Quellen dem BND mit, leide Axen unter Minderwertigkeitskomplexen, er sei klein, korpulent und sehe sehr schlecht. Er sei zuckerkrank, habe oft Kreislaufprobleme und trage einen Herzschrittmacher. Vielleicht sei das ein Grund, dass er "sehr rücksichtsvoll älteren erkrankten Mitarbeitern gegenüber" sei. Axen solle menschlich sehr angenehm sein.

Informationen über Axens Privatleben liegen für den Zeitraum ab 1976 vor. Der BND notierte, dass Axen eine Datscha am Gudelacksee in Lindow (Kreis Neuruppin) besitze. Seine Frau arbeite als Redakteurin bei der Kinderzeitschrift "Bummi", wo sie 1985 für ihre Mitarbeit den Vaterländischen Verdienstorden bekommen habe. Seine Tochter, so wusste der BND, sei mit einem bulgarischen UNO-Diplomaten liiert. In der DDR organisiere sie Veranstaltungen zum Judentum. Wie etliche andere hohe SED-Politiker machte Axen gern Urlaub an der Ostsee. So ging es in das Erholungsheim des Ministerrates in Dierhagen, auf die Insel Vilm oder nach Baabe auf Rügen. Außerdem baute Axen ein Ferienhaus an der Ostsee – in Born auf dem Darß. Aber auch im Thüringer Wald war Axen unterwegs: Tabarz und Wilhelmsthal waren die Ziele.

Axens Position war aus BND-Sicht stets unsicher. Ende der 1970er-Jahre gab es Gerüchte über politische Differenzen. Paul Verner vertrat Axen mehrfach. Der BND glaubte, dass interne Meinungsverschiedenheiten zur Interpretation des Sozialismus eine Rolle spielten. In den 1980er-Jahre beobachtete der BND, dass Axen zunehmend ins politische Aus geschoben wurde. Es gab Gerüchte, dass er durch Herbert Häber abgelöst werden soll und bei Honecker in Ungnade gefallen sei.  Mitte der 1980er-Jahre hieß es: "A. sei z.Z. auf Kur und werde wohl nicht mehr lange zu leben haben."

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