Sascha Bilay (Die LINKE) am Redepult.
Sascha Bilay (Archivbild von 2021) Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Thüringer Landtag Wahl der Geheimdienst-Kontrolleure: Linke-Kandidat fällt durch

17. März 2023, 20:57 Uhr

Bei der Neubesetzung der Landtagskommission zur Kontrolle des Verfassungsschutzes ist der Kandidat der Linken zweimal durchgefallen. Rot-Rot-Grün reagierte mit Vorwürfen an die CDU, die den Ball zurück spielte.

Auch nach der Änderung des Wahlmodus ist im Thüringer Landtag keine vollständige Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) zur Kontrolle des Verfassungsschutzes gelungen.

Bei der Wahl am Freitag fielen im ersten Wahlgang zwei Kandidaten durch - Sascha Bilay von der Partei Die Linke sowie Ringo Mühlmann von der AfD. Bilay erhielt im ersten Wahlgang 53 von 84 abgegebenen Stimmen und verfehlte damit die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Später stellte sich Bilay ein zweites Mal zur Abstimmung und bekam wieder nicht genügend Stimmen.

Gewählt wurden dagegen Dorothea Marx von der SPD, Raymond Walk und Jörg Kellner von der CDU sowie Dirk Bergner von der FDP. Mit der Wahl Bilays oder eines anderen Vertreters der rot-rot-grünen Minderheitskoalition wäre die PKK nach der nunmehr geltenden Vorgabe vollständig besetzt.

Wie CDU Vorwürfe kontert

Das rot-rot-grüne Lager reagierte verärgert. Linke, SPD und Grüne gaben der CDU die Schuld, dass der Linke-Kandidat Bilay durchfiel. Eine gemeinsam verabredete Wahl der PKK derart zu torpedieren, sei weder professionell noch verantwortungsbewusst, sagte Linke-Fraktionschef Steffen Dittes.

Laut CDU-Fraktionschef Mario Voigt gab es aber nur zwei Abweichler in der CDU. Ansonsten habe seine Fraktion das an Stimmen geliefert, was sie zugesagt habe. Offenbar habe Bilay bei den eigenen Leuten zu wenig Rückhalt. Rot-Rot-Grün sollte einen Kandidaten aufstellen, der im Parlament und in den eigenen Reihen weniger umstritten sei.

Die Linke will jetzt nach eigenen Angaben intern beraten, wie sie weiter vorgeht. Also, wann ein neuer Wahlgang versucht wird und mit welchem Kandidaten. Laut Landtagspräsidentin Birgit Pommer ist die neue Parlamentarische Kontrollkommission nicht vollzählig und damit nicht arbeitsfähig.

Wie die Besetzung aktuell geregelt ist

Nach einer Änderung des Verfassungsschutzgesetzes müssen die Mitglieder der PKK im Thüringer Landtag nicht mehr zwingend nach der Stärke der Landtagsfraktionen gewählt werden. Es ist nur noch vorgeschrieben, dass der fünfköpfigen Kommission zwei Vertreter der Regierungskoalition und drei Vertreter der Opposition angehören. Die Mitglieder sind mit Zweidrittelmehrheit zu wählen.

Vor der Gesetzesänderung waren Kandidaten, die die AfD für die PKK aufgestellt hatte, immer wieder durchgefallen. Vor allem Rot-Rot-Grün hatte sich geweigert, Kandidaten der AfD in die Kontrollkommission zu wählen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die PKK den Thüringer Verfassungsschutz kontrolliert, der Verfassungsschutz wiederum aber die AfD beobachtet. Deswegen war die aktuelle Kommission zuletzt nicht vollständig besetzt.

MDR (seg)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 17. März 2023 | 19:00 Uhr

75 Kommentare

Der Matthias am 19.03.2023

@ knarf
Unsinn! Ich bin nicht per se gegen Absprachen in der Demokratie. Ich weiß selber, dass Absprachen und Kompromisse (bzw. das Aushandeln derselben) auch zur parlamentarischen Demokratie gehören können. Absprachen können aber nun einmal scheitern, q.e.d.! Wenn frei gewählte Abgeordnete das Recht haben, einen AfD-Abgeordneten NICHT zu wählen, dann gilt dasselbe auch in umgekehrte Richtung für die NICHT-Wahl eines LINKEN-Politikers. Das kann ja nicht plötzlich falsch sein bzw. werden, nur weil es eben dieses Mal einen LINKS-Politiker trifft.

Der Matthias am 19.03.2023

@ Ines W.

"Extremisten zu wählen hat halt schon negative Auswirkungen auf das LAnd, selbst wenn diese nicht in Regierungsverantwortung gelangen. Vielleicht denken manche bei ihrer nächsten Denkzettelwahl mal daran."

Ich befürchte nur leider, dass diese Zeitgenossen so weit gar nicht erst denken! Ich wage mal zu behaupten, dass nicht wenige von diesen, die extremistisch wählen, ohnehin nur an politischer Destruktion und der Demontage unserer Demokratie interessiert sind (siehe 'Faschist' Höcke & Co.!).

Der Matthias am 19.03.2023

@ Atze Ton

"Eine Absprache vor einer Abstimmung, die das Ergebnis bereits im Vorfeld berechenbar macht und derart undemokratisch. Ja, genaugenommen schon diktatorisch."

Also, sind Sie dann auch der Meinung, dass die Höcke-AfD seinerzeit diktatorisch gehandelt hat, als sie ihren Pappkameraden-Kandidaten Kindervater nur zum Schein aufgestellt und sich im Vorfeld intern abgesprochen hatte, im entscheidenden, 3. Wahlgang den eigenen Kandidaten quasi fallen zu lassen und stattdessen geschlossen für einen Kandidaten der von der AfD achso verhassten 'Alt-Parteien' (nämlich für Kemmerich) zu stimmen?

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