Ex-Bundestagskandidat Nach Rassismus-Äußerungen: CDU drängt Maaßen zum Austritt - er will bleiben

25. Januar 2023, 10:49 Uhr

Mit seinen Äußerungen stößt Hans-Georg Maaßen immer wieder auf Kritik. Nach neuerlichen Aussagen geht nun auch die CDU in Thüringen deutlich auf Distanz zu dem früheren Verfassungsschützer, der für die Union im Süden des Freistaats noch im Jahr 2021 in den Bundestag einziehen sollte. Auch auf Bundesebene erhält Maaßen nun heftigen Gegenwind aus der Union.

Die Thüringer CDU möchte ihren ehemaligen Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen loswerden. CDU-Generalsekretär Christian Herrgott sagte MDR THÜRINGEN, die jüngsten Äußerungen des ehemaligen Verfassungsschutz-Chefs passten weder in Stil noch Inhalt zu Werten und Zielen der Thüringer CDU. Daher habe er Maaßen aufgefordert, die Partei zeitnah zu verlassen.

Jetzt muss Schluss sein.

Kai Wegner CDU-Chef in Berlin

CDU prüft Parteiausschluss gegen Maaßen

Ähnlich äußerten sich am Dienstag auch der Generalsekretär der Bundes-CDU, Mario Czaja, und der Berliner CDU-Landeschef Kai Wegner. Wegner sagte, Maaßen habe eine weitere Grenze überschritten: "Jetzt muss Schluss sein. Wer sich so äußert, hat in der CDU nichts mehr zu suchen." Czaja kritisierte, dass Maaßen die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen gebrauche und sich wieder und wieder in Nähe der AfD stelle. Der Generalsekretär habe die Prüfung von Parteiordnungsmaßnahmen bis hin zum Parteiausschluss gegen Maaßen in Auftrag gegeben, sagte eine Parteisprecherin. CDU-Bundesvize Karin Prien ergänzte: Falls Maaßen bei der nächsten Sitzung des Parteivorstands am 13. Februar noch Mitglied der CDU sein sollte, werde sie einen Antrag stellen, ihn aus der Partei auszuschließen.

Maaßen: "Vertrete die Positionen der CDU"

Maaßen selbst hält ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn für aussichtslos. "Durch die Forderung eines Parteiausschlussverfahrens lasse ich mich nicht einschüchtern und auch nicht beeindrucken, weil ich nicht glaube, dass ich in irgendeiner Weise die Voraussetzungen für ein Parteiausschlussverfahren erfüllt habe", sagte er der Wochenzeitung "Junge Freiheit". Das in Berlin erscheinende Blatt wurde einst über mehrere Jahre vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtet und gilt als rechtskonservativ.

"Ich vertrete die Positionen des Grundsatzprogramms der CDU und die Positionen der CDU von Adenauer, Erhard und Helmut Kohl - und nicht die einer öko-woken Parteielite", sagte er. Er habe die Rückendeckungen vieler Parteifreunde. Wem nicht passe, wofür er stehe, müsse eben aus der CDU austreten.

Früherer Verfassungsschutz-Chef seit Jahren umstritten

Maaßen war in den vergangenen Monaten immer wieder auf Kritik gestoßen. Zuletzt hatte er in den sozialen Medien der Politik einen "Rassismus gegen Weiße" vorgeworfen. Der ehemalige Verfassungsschützer hatte als CDU-Direktkandidat bei der Bundestagswahl 2021 vergeblich versucht, den Wahlkreis Südthüringen für die Union zu gewinnen. Diesen hatte der SPD-Kandidat Frank Ullrich für sich entschieden.

Maaßen war 2018 nach relativierenden Äußerungen über rechtsextreme Ausschreitungen in Chemnitz in die Kritik geraten. Abgelöst wurde er nach langem Hin und Her, als er später zudem von "linksradikalen Kräften" in der SPD sprach. Im November 2018 wurde er auf Antrag von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Vorwurf: Maaßen bedient rechtsextreme Erzählmuster

Mitte Januar hatte der Leiter der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, die CDU aufgefordert, sich von Maaßen zu trennen. Die Forderung hatte er in einem Gastbeitrag in der "Jüdischen Allgemeine" formuliert. Hintergrund sind Maaßen Äußerungen, die er auf Twitter geschrieben hatte: Ziel der "treibenden Kräfte im politisch-medialen Raum" sei ein "eliminatorischer Rassismus gegen Weiße". Maaßen habe damit "erneut in den antisemitischen Giftschrank gefasst", so Wagner. Mit dem Wort "eliminatorisch" stelle er ganz bewusst einen Bezug zum Holocaust her. NS-Verbrechen würden mit dem Zerrbild eines auf Vernichtung zielenden "Rassismus gegen Weiße" gleichgesetzt, so Wagner.

Der Gedenkstättenleiter sieht darin eine klassische rechtsextreme Schuldumkehr. Maaßen sei ein Geschichtsrevisionist. Als demokratische Partei bleibe der CDU nur eine Wahl, sich so schnell wie möglich von dem Mann zu trennen, so Wagner.

Eliminatorischer Antisemitismus Erstmals tauchte dieser Begriff in der Studie von Daniel Jonah Goldhagen auf. Der amerikanische Soziologe und Politikwissenschaftler hatte 1995 die Bezeichnung "eliminatorischer Antisemitismus" für die gesellschaftliche Haltung in Deutschland gegenüber der jüdischen Bevölkerung geprägt.

Mit seinem Buch "Hitlers willige Vollstrecker – Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust" entfachte er 1996 eine erneute Debatte über die Ursachen des Holocaust. Goldhagen stellte die kontroverse und wissenschaftlich umstrittene These auf, dass Hitler und die Deutschen die Juden gleich aus mehreren Gründen verunglimpften, verfolgten und vernichteten. So herrschten in Deutschland zur damaligen Zeit die radikalsten Antisemiten der Geschichte, zudem dachte die Mehrheit der Bevölkerung schlecht über Juden und das bereits schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Außerdem hätte der Staat zusätzlich über die militärische Macht verfügt, den Großteil der jüdischen Bevölkerung in Europa in seine Gewalt zu bringen. In diesem "eliminatorischen Antisemitismus" lag nach Goldhagen die gesellschaftliche Ursache für die Ermordung von über sechs Millionen Juden bis 1945. 

Der Leiter der KZ-Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner sagte in der "Jüdischen Allgemeinen", Maaßen müsse diese Bezeichnung kennen. Auf der Grundlage stelle Maaßen einen "klaren Bezug zum Holocaust auf" - und äußere sich so antisemitisch.

Maaßen will Vorsitzender der Werteunion werden

Maaßen will nach eigenen Angaben am Samstag als Vorsitzender der Werteunion kandidieren. Die erzkonservative Gruppierung hat nach eigenen Angaben rund 4.000 Mitglieder - nicht alle von ihnen sind auch Mitglieder der CDU oder CSU. Die Gruppierung stellte sich hinter Maaßen. "Zu keinem Zeitpunkt hat es je eine antisemitische Aussage von Hans-Georg Maaßen gegeben", teilte die Werteunion mit. Diese ist zwar ein eingetragener Verein, aber keine anerkannte Parteigliederung der CDU wie etwa Junge Union oder Frauenunion und in der Partei selbst auch umstritten.

Noch im Januar 2022 hatte Maaßen den Austritt aus der Werteunion erklärt, weil der damalige Vorsitzende der Werteunion, Max Otte, als AfD-Kandidat bei der Wahl des Bundespräsidenten antreten wolle. "Es ist nicht akzeptabel, dass sich ein Unionsmitglied als Bundespräsidentenkandidat von der AfD aufstellen lässt", hatte Maaßen seinen Schritt damals begründet. Später war Otte als Vorsitzender der Werteunion zurückgetreten, weil er durch seine Kandidatur bis auf Weiteres von der CDU ausgeschlossen wurde.

MDR (usb/jml/maf)/dpa/epd

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 24. Januar 2023 | 12:00 Uhr

586 Kommentare

Lumberjack am 26.01.2023

"eliminatorischer Rassismus gegen Weiße" (H.-G. Maaßen)
"eliminatorischer Antisemitismus" (Daniel Jonah Goldhagen)
Eli|mi|na|ti|on französisch élimination, eliminieren (Duden)
Der Gedenkstättenleiter (Wagner) sieht darin eine klassische rechtsextreme Schuldumkehr? Er sieht einen "klaren Bezug zum Holocaust".
Das ist eine nie dagewesene Verharmlosung des Holocaust durch Wagner. Unfassbar.

Der Matthias am 26.01.2023

@ Haller
"Warum ist das benennen von Rassismus gegen Weiße selbst Rassismus?"

Sie sollten sich vlt. mal näher mit Rassismus-Theorien auseinandersetzen und darüber besser informieren! Dann wüssten Sie vlt. auch, dass das gezielte, dreiste Umdeuten und Sinnverkehren von eindeutig definierten, wissenschaftliche Fachtermini zur gängigen Praxis und Strategie von Neurechten und Rechtsextremisten gehört, der eine vermeintliche (in ihren Augen gefährdete) "white supremacy" ideologisch, ethnisch und politisch als Grundlage dient!

Der Matthias am 26.01.2023

@ Tpass

"wer nicht für uns ist der muss wohl gegen uns sein.."

Hat doch der Thüringer AfD-Führer Höcke so in seinem Buch ("Nie zwei Mal in denselben Fluss") formuliert: Man werde nach der Machtübernahme durch seine AfD und der grundlegenden gesellschaftlichen Neugestaltung Deutschlands "leider ein paar Volksteile verlieren, die nicht willens oder zu schwach sind", mitzumachen.

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