Wahl im Landtag Bodo Ramelow zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt

04. März 2020, 18:14 Uhr

Es brauchte einen zweiten Anlauf: Bodo Ramelow ist am Mittwoch zum neuen Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen gewählt worden. Er wurde im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt.

  • Ramelow zum neuen Ministerpräsidenten gewählt
  • Er erhielt im dritten Wahlgang 42 Stimmen und somit die einfache Mehrheit
  • Ramelow verweigert Höcke Handschlag

Einen Monat nach Beginn der Regierungskrise ist Bodo Ramelow (Linke) zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden. Bei der neuerlichen Wahl am Mittwoch erhielt Ramelow im dritten Wahldurchgang 42 von 90 Stimmen. Es gab 23 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen. Im dritten Wahlgang reicht nach Thüringer Verfassung eine einfache Mehrheit aus.

In den ersten zwei Wahlgängen hatte Ramelow zwar ebenfalls 42 Stimmen erhalten - und damit genauso viele wie Rot-Rot-Grün Sitze im Landtag hat. Allerdings ist in den ersten beiden Durchgängen eine absolute Mehrheit nötig, die bei 46 Stimmen liegt.

Björn Höcke trat in den ersten beiden Wahlgängen für die AfD an und erhielt mit 22 genauso viele Stimmen wie seine Fraktion Sitze hat. Im dritten Wahlgang verzichtete er auf eine Kandidatur.

Kooperation mit der CDU

Der 64-jährige Ramelow will eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung anführen und setzt dabei auf die Kooperation der CDU. In seiner Rede sagte Ramelow, heute sei der erste Tag, um stabile Verhältnisse zu schaffen. Am Mittwochmorgen sei der Stabilitätsmechanismus unterschrieben worden, der festlegt, welche Projekte in den kommenden Monaten bis zu Neuwahlen im April 2021 umgesetzt werden sollen. Linke, SPD, Grüne und CDU hatten vereinbart, unter anderem einen Haushalt für das Jahr 2021 beschließen zu wollen.

Nach seiner Wahl ernannte Ramelow außerdem seine Minister. Im Vergleich zum ersten Kabinett Ramelow gibt es nur eine Veränderung: Dirk Adams, bisherige Fraktionschef der Grünen, übernimmt das Justizministerium von Dieter Lauinger.

Ramelow zur AfD: "Sie sind die Brandstifter in diesem Saal"

Bei den obligatorischen Glückwünschen verzichtete Ramelow auf einen Handschlag mit AfD-Chef Björn Höcke. Zur Begründung führte der gewählte Ministerpräsident die Wahl Kemmerichs an. Die Aussage der AfD, man habe Kemmerich eine Falle gestellt, lasse jeden Respekt vor dem Amt des Ministerpräsidenten vermissen. Er verwies auf die Bedrohungen gegen Kemmerichs und gegen seine eigene Familie. Höcke habe die Demokratie mit Füßen getreten.

In Richtung AfD sagte Ramelow: "Sie sind die Brandstifter in diesem Saal." Er wolle sich nicht mehr treiben lassen von denen, die "Leimruten auslegen und Fallen legen", so Ramelow.

Bei der Wahl stimmten nur 85 von 90 Abgeordneten ab. Die FDP-Fraktion hatte zuvor angekündigt, nicht teilnehmen zu wollen. Die FDP-Abgeordneten blieben bei der Wahl auf ihren Plätzen sitzen. Die FDP-Abgeordnete Ute Bergner war nicht im Landtag anwesend.

Im Vorfeld hatte Ramelow angekündigt, notfalls über drei Wahlgänge gehen zu wollen. Die CDU-Fraktion kündigte ihrerseits an, sich enthalten zu wollen, um die Regierungsfähigkeit des Landes zu sichern. In den ersten zwei Wahlgängen gab es 21 Enthaltungen und damit genauso viele wie die CDU Sitze hat. Im dritten Wahlgang wurden nur noch 20 Enthaltungen gezählt.

Landtagspräsidentin Birgit Keller (Linke) eröffnete die Sitzung am Mittwoch mit einer Gedenkminute für die Opfer des rechtsextremistischen Anschlags in Hanau vor zwei Wochen, bei dem neun Menschen getötet wurden. Keller sagte, "eine Blutspur des Hasses, die durch unser Land zieht, ist nicht weniger als eine Schande für unsere Gesellschaft". Sie bezeichnete den Rechtsextremismus als größte Gefahr für das Land.

Nach der Wahl Ramelows sagte sie, "das Vertrauen der Menschen in die Politik hat in den vergangenen Wochen gelitten. Höchste Priorität hat nun, dieses Vertrauen zurückzugewinnen". Das gelinge mit einem respektvollen und konstruktiven Miteinander, "wie die Menschen es vom Thüringer Landtag zu Recht erwarten".

Ein Monat Regierungskrise

Mit der Wahl Ramelows endet vorerst eine einen Monat andauernde Regierungskrise in Thüringen. Amtierender Ministerpräsident von Thüringen ist seit dem 5. Februar der FDP-Politiker Thomas Kemmerich. Er war mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD im dritten Wahlgang gewählt worden.

Am Samstag nach der Wahl trat Kemmerich bereits wieder vom Amt zurück, nachdem er sowohl von seiner eigenen Parteispitze als auch aus anderen politischen Lagern scharf kritisiert worden war - blieb aber geschäftsführend im Amt.

Quelle: MDR THÜRINGEN/sar

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Extra | 04. März 2020 | 13:55 Uhr

369 Kommentare

Anita L. am 06.03.2020

"irgendwie ist es absurd, dass ich damals für jeden Ministudentenjob und dann meine Berufstätigkeit in öffentlichen Einrichtungen in Sachsen die Persilerklärung jedesmal unterschreiben musste, geschätzt 30x, um dann doch mir bekannte und tw. mir damals das Leben schwer gemacht habende SED-Willfährige da wiederzufinden"

Ja, Menschen, die immer wieder "auf die Füße fallen", gibt es immer und überall. Und um jemanden das Leben schwer zu machen, bedarf es für manche noch nicht einmal das richtige Parteibuch, das kann der Bürokrat nach Lehrbuch auch so und unter allen Bedingungen. Nicht umsonst funktionierten die deutschen Behörden bisher immer bis zum Schluss...

Anita L. am 06.03.2020

"Dass die Linke zurück zum Kommunismus möchte, steht ja eindeutig auf deren Homepage und in vielen Reden."

Auf der Homepage finde ich den Kommunismus nicht. Haben Sie vielleicht eine genauere Angabe? Auch für die Reden? Dankeschön.

Anita L. am 06.03.2020

@*Sascha*, Sie möchten den Nachweis für die AfD-Zitate?
Es gibt zum Beispiel einen Artikel bei der ARD: "Mit Rechten reden?
Wie soll die Demokratie mit denen umgehen, die sie zerstören wollen?" vom 4. Februar 2020. Sie können auch auf der Internetseite von "Kontext" suchen, denen die Chatmitschriften 2018 übergeben wurden.

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