IHK Azubis bei Vertragsunterzeichnung.
In Gera wurde der 1.000. Ausbildungsvertrag der IHK in diesem Jahr unterzeichnet. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Ausbildung 1.000 Verträge: Firmen in Ostthüringen gewinnen wieder mehr Azubis für sich

27. Juli 2024, 06:00 Uhr

Schulabgänger haben auch in diesem Jahr wieder die Qual der Wahl des richtigen Ausbildungsberufes. Viele Unternehmen suchen händeringend Nachwuchs. In Ostthüringen wurde am Freitag der 1.000. Ausbildungsvertrag unterschrieben.

Staunend steht Michelle Gruner vor der riesigen Bandsäge, die gerade einen tonnenschweren Aluminiumblock in kleine Teile schneidet. Die 18-Jährige beginnt am 1. August eine dreijährige Ausbildung zur Industriekauffrau beim Aluminium-Spezialisten Bikar in Korbußen im Landkreis Greiz.

Heute zeigt ihr Niklas Heinike die Produktion. Er ist ebenfalls 18 Jahre alt und lernt bereits seit zwei Jahren bei Bikar. "Durch mein Schülerpraktikum konnte ich damals die Menschen hier kennenlernen", sagt er. "Die Stimmung ist einfach super hier."

Ausbildung: Früh eigenes Geld verdienen

Im Juni hat Michelle Gruner ihr Abitur in Gera abgelegt. Eigentlich, erzählt sie, wollte sie Grundschullehrerin werden. Auch über einen sozialen Beruf oder eine Ausbildung im Handwerk hat sie nachgedacht, sich dann aber doch für eine klassische Berufsausbildung entschieden. "Ich finde es schön, jetzt schon mein eigenes Geld zu verdienen", sagt sie. "Und hier bei Bikar fühlte ich mich von Anfang an willkommen."

IHK Azubis bei Vertragsunterzeichnung.
Erst einmal eigenes Geld verdienen, später vielleicht noch ein Studium anhängen - das ist der aktuelle Plan von Michelle Gruner. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Erste Kontakte gab es bei der Studienmesse in Gera. Dann absolvierte Michelle ein Praktikum in Korbußen. Heute kann sie ihren Ausbildungsvertrag unterzeichnen. Es ist der 1.000. im Bereich der Industrie- und Handelskammer Ostthüringen in Gera. Bei den Ausbildungsplätzen in der Industrie bedeutet das einen Anstieg von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Klassische duale Ausbildung als attraktiver Einstieg

Für IHK-Ausbildungsleiter Matthias Säckl ein Zeichen, dass immer mehr junge Leute die klassische duale Ausbildung als attraktiven Einstieg ins Berufsleben sehen. Michelle Gruner kann das bestätigen. Auch in ihrer Klasse wählten einige Abiturienten eine Ausbildung in der Industrie. "Viele sagen, sie wollen erst einmal einen Beruf lernen“, sagt Michelle. "Und man kann ja später auch noch eine Meisterausbildung machen oder ein duales Studium."

Solche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es auch bei Bikar, die aktuell 27 junge Leute in verschiedenen Berufen ausbilden. Allein elf Azubis beginnen am 1. August ihre Ausbildung. Gern würde Ausbilder Marcel Herzog noch mehr Plätze besetzen.

Wir haben schlicht nicht genug Platz für so viele Azubis.

Marcel Herzog Ausbilder, Bikar Aerospace

Das scheitert derzeit nicht an Interessenten, sondern an den Kapazitäten im Unternehmen. "Wir haben schlicht nicht genug Platz für so viele Azubis", sagt er. "Mit unserer neuen Produktionshalle wollen wir auch in Sachen Ausbildung wachsen." Schon im Herbst sollen am Standort die Arbeiten für die neue 20.000 Quadratmeter große Halle beginnen.

IHK Azubis in einer Werkshalle.
Azubi Niklas Heinike zeigt Michelle Gruner, wie die Materialqualität bei Bikar geprüft wird. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Nachwuchs kommt nicht von selbst

Bikar wächst und will vor allem im Bereich Luftfahrt in den nächsten Jahren einen großen Schritt nach vorn machen. Das zeigt sich auch im neuen Namen "Bikar Aerospace". Flugzeugbauer schätzen die Qualität aus Korbußen. Die 280 Mitarbeiter in Ostthüringen liefern zum Beispiel Rohmaterialien für Tragflächen und Flugzeugtürrahmen.

Mit dem Thema Luftfahrttechnik können die Mitarbeiter von Bikar auch bei jungen Leuten punkten. Bei der Azubi-Suche sind die Ausbilder viel in Sozialen Medien unterwegs, bieten außerdem Praktika an. Trotzdem ist die Nachwuchsgewinnung kein Selbstläufer.

Man darf ja nicht vergessen, dass wir damals viel mehr Schulabgänger hatten als heute.

Matthias Säckl IHK-Ausbildungsleiter

Das merken auch die beiden anderen Industrie- und Handelskammern in Erfurt und Suhl. Dort stagniert die Zahl der Neuverträge auf dem Niveau des Vorjahres. In Ostthüringen dagegen rechnet die Kammer mit rund 2.000 Verträgen in diesem Jahr - erstmals seit mehr als 15 Jahren.

Matthias Säckl ist begeistert. "Man darf ja nicht vergessen, dass wir damals viel mehr Schulabgänger hatten als heute", sagt er. Also eine hervorragende Bilanz für die Ostthüringer Ausbildungsbetriebe.

Firmen locken mit Übernahme

Vor allem in den Industrieberufen konnte die IHK Gera zulegen. Dafür bieten die Ausbildungsfachleute ein breites Spektrum an Maßnahmen. Gemeinsam mit den Betrieben werden Messen und Praktika angeboten - wie das "IHK-Schülercollege", bei dem sich die jungen Leute in den Ferien bei vielen Unternehmen ausprobieren können.

Manche Unternehmen bieten auch Arbeitsgemeinschaften an. Fast alle werben inzwischen auch in den Sozialen Netzwerken um Nachwuchs. Viele Firmen locken auch mit Übernahmegarantien und Weiterbildungsangeboten für die Zeit nach der Ausbildung.

Das gefällt auch Michelle Gruner. "Dadurch, dass der Beruf der Industriekauffrau so vielfältig ist, bin ich am Überlegen, danach vielleicht doch noch zu studieren", sagt sie, und nimmt den Stift in die Hand. Mit der Unterschrift unter ihren Ausbildungsvertrag ist für die nächsten drei Jahre erstmal alles klar.

MDR (adr/lou)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 26. Juli 2024 | 19:00 Uhr

10 Kommentare

DanielSBK vor 11 Wochen

"Bei welcher Armee haben sie gedient, wenn ich fragen darf?"

Fragen dürfen Sie alles; aber eine Antwort werden Sie nicht bekommen. Das hat was mit Sympathie zu tun.

randdresdner vor 11 Wochen

Was wollen Sie damit sagen?
Es gibt Menschen, die die beenden die Schule mit der 9 Klasse, viele mit der 10. , einige mit der 12. und dann gibt es welche, die haben nach 13. Schuljahren ihren Abschluss in der Tasche. Deswegen ist doch keiner auf Grund dieser Tatsache ein besserer oder schlechterer Mensch.
Bei welcher Armee haben sie gedient, wenn ich fragen darf?

DanielSBK vor 11 Wochen

Und bitte nicht eines vergessen: das heutige "Abi" hat wohl nicht mehr all zu viel mit einem Abitur z.B. Ende der 70er zu tun ... so beklagen sich z.B. Handwerker darüber, dass Schüler keinen Dreisatz (wieviel Estrichbeton brauche ich für 26m²....) beherrschen und beim Prozentrechnen gehen auch die Lichter aus...

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