Wetterstationen stehen auf einer Wiese.
Wetterstationen am Ortsrand von Martinfeld. Bildrechte: MDR/Marie-Theres Engemann

Eichsfeld Martinfeld setzt auf digitale Technik - und steuert Laternen übers Internet

21. Oktober 2023, 16:09 Uhr

Wie kann digitale Technik dabei helfen, das Dorfleben praktischer zu gestalten? Martinfeld im Eichsfeld probiert einiges aus - und geht ins Rennen um die "smarteste Kommune Deutschlands".

Martinfeld im Eichsfeld hat sich im Sommer in der Kategorie "Smarte Kommune" für das Finale des bundesweiten Wettbewerbs "Digitale Orte im Land der Ideen“ qualifiziert.

Mit einer neuartigen Technologie sammeln die Martinsfelder unter anderem Umweltdaten zur Luft- und Wasserqualität, haben smarte Straßenlampen eingerichtet und feilen aktuell an einer eigenen Dorf-App und einem Energiekonzept, um den Alltag auf dem Land effizienter, nachhaltiger und eben digitaler zu gestalten.

Am 14. November wird in Berlin bekannt gegeben ob Martinfeld mit seinen Ideen und Projekten die "smarteste Kommune Deutschlands" ist.

Wie kam es zu der Idee?

Die Idee kam auf, als 2016 die Straßenlampen auf LED umgerüstet werden mussten. Da hatte der ortsansässige IT-Unternehmer Jan Bose die Idee, die Laternen zusätzlich mit einer neuartigen Funktechnologie auszustatten, um die Straßenlampen aus der Ferne übers Internet zu steuern.

Dafür wurde ein Controller an den Straßenlampen angebracht, über den die Leuchten an- und ausgestellt oder gedimmt werden können. So ließe sich der Stromverbrauch besser kontrollieren und besser überprüfen, ob die Lampe defekt ist, teilte der Unternehmer mit.

Neben dieser Funktionalität haben wir auch die Möglichkeit, zeitgesteuert individuell nach oben oder nach unten zu dimmen. Wenn zum Beispiel Straßenfeste durchgeführt werden in Martinfeld, kann man auch sagen, die Straßenleuchten werden nicht um 0 Uhr nach unten gedimmt, sondern eben erst um 4 Uhr.

Jan Bose Unternehmer aus Martinfeld

Das war Martinfelds Einstieg in das "Internet of Things" und der Beginn des Projekts "SMARTinfeld". Das Wort soll verdeutlichen, dass Martinfeld auf dem Weg ist, ein "smartes Village" zu werden.

Ein Mann steht in einem Vorgarten neben einem Messgerät.
Entwickler und IT-Unternehmer Jan Bose vor einem Messgerät. Bildrechte: MDR/Marie-Theres Engemann

Was wurde im Ort schon alles digitalisiert und installiert?

  • An verschiedenen Orten in Martinfeld wurden Sensoren angebracht, um verschiedene Umwelt-Daten zu sammeln. So können zum Beispiel Stickstoff und Sauerstoff in der Luft gemessen werden, sowie auch die Ozonbelastung. Außerdem können die Sensoren die Temperatur und die Feuchtigkeit des Straßenbelags messen - so kann der Winterdienst gegebenenfalls besser vorbereitet sein.
  • Ein Sensor wurde an der Brücke über dem Fluss Rosoppe angebracht, um die Wasserqualität zu überprüfen, sowie die Temperatur, den pH-Wert und den Sauerstoffgehalt des Gewässers. Die Daten werden alle 15 Minuten auf ein sogenanntes Dash Board übertragen.
  • Die aufgestellten Wetterstationen messen nicht nur Temperatur, Luftdruck oder Luftfeuchtigkeit, sondern ermitteln auch Regenmengen, Regenintensität und Blitzeinschläge oder auch die Entfernung der Blitze.

Der Mast einer Straßenlaterne.
Eine Straßenlaterne mit Controller in Martinfeld. Bildrechte: MDR/Marie-Theres Engemann

All diese Daten werden gesammelt und im Internet gespeichert - und jeder Bürger kann jederzeit darauf zugreifen und sich die Daten auf smartinfeld.de anschauen. Das Ganze funktioniert auch ohne schnelles Internet. Dank einer speziellen Technologie können die Daten mit wenig Energie extrem weit übertragen werden.

Das nennt sich "LoRaWAN Technologie" und steht für Low Power Wide Area Network. Dafür reicht ein ganz normaler DSL-Anschluss. Die Sensoren sind batteriebetrieben. Sie schicken die Daten auf ein Empfangsgerät, das mit dem Internet verbunden ist, und können so leicht übertragen werden.

Messgeräte an einem hohen Pfosten am Straßenrand.
Diese Geräte können die Straßentemperatur und Geschwindigkeiten messen. Bildrechte: MDR/Marie-Theres Engemann

Wie wird das Projekt finanziert und organisiert?

Aktuell werden alle digitalen Projekte, wie etwa die komplexe Sensorik, von Jan Bose und seinem IT-Unternehmen Alpha-Omega-Technology privat finanziert. In Martinfeld kann er so die Technik testen und weiterentwickeln, bevor sie zu seinen Kunden in ganz Europa geht.

Was Martinfeld noch auf den Weg bringen möchte

Ein wichtiger Punkt, den die engagierten Martinfelder gerade angehen, ist, den Grundwasserpegel genau messen zu können, um vor Hochwasser besser geschützt zu sein.

Das ist ja in aller Munde durch die vergangenen Jahre: dass wir Hochwasser haben und das auch zu Katastrophen führen kann. Und man kann durch präventive Maßnahmen diese Schäden minimieren, Risiken reduzieren.

Jan Bose Unternehmer aus Martinfeld

Messen kann man den Grundwasserpegel zum einen mit Ultraschall-Sensoren, die an Brücken installiert werden, oder über Drucksonden, die in den Boden eingelassen werden.

Ein Messgerät ist an einer Brücke über einem Fluss angebracht.
Auch die Wasserqualität wird gemessen. Bildrechte: MDR/Marie-Theres Engemann

Abseits von den ganzen digitalen Innovationen plant die Gemeinde aber noch viel mehr. Aktuell steht die Gründung einer Bürgergenossenschaft auf dem Plan. Die "SMARTinfeld e.G." möchte dann auch Themen angehen wie Mobilität und erneuerbare Energien.

So sei bereits in Planung, Energieanlangen zu bauen, damit Martinfeld in naher Zukunft Strom und Wärme selbst erzeugen kann. Auch eine eigene Dorf-App wird gerade entwickelt, über die Einkäufe organisiert werden sollen oder auch Carsharing möglich ist. Die Vision der Martinfelder: In den nächsten zehn bis 20 Jahren zu einem digitalen, nachhaltigen und autarken Ort werden.

MDR (mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | DAS FAZIT VOM TAG | 21. Oktober 2023 | 18:00 Uhr

1 Kommentar

DanielSBK vor 27 Wochen

LoRA sendet in der Regel auf 433 MHz (ISM-Frequenz) und ist damit nur ein Gast (Sekundärnutzer) in diesem Amateurfunk(!)-Bereich und reit sich ein in Wetterstationen, KFZ-Funkschlüssel, Babyfones, Smart-Meter der Stadtwerke usw. usf. Ob man diese ganzen Verkabelungen, Ausstrahlungen, Datengesammle und Sendeantenne haben will????
Wenn mal ein lizenzierter Funkamateur irgendwo seine mächtige Kurzwellenrichtantenne aufbaut, ist das Geschrei auch gleich wieder hoch wegen angeblichen "Elektrosmogs" - obwohl das alles Käse ist, da Funkamateure ihre Sendeanlage anmelden müssen. Ansonsten kann man auch einfach das Fenster aufmachen und analog rausgucken, wie das Wetter ist. Dazu müsste man nicht das ganze Dorf verschandeln. Und der Wink mit der "Nachhaltigkeit" und "Car-Sharing" ...mal wieder Grünes Wunschdenken...

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