Russischer Angriffskrieg Historiker: Frieden in der Ukraine 2023 unwahrscheinlich

03. Januar 2023, 12:25 Uhr

Ein Frieden zwischen der Ukraine und Russland ist nach Ansicht des Historikers Sönke Neitzel noch in weiter Ferne. Beide Seiten hätten ihren Preis dafür sehr hochgeschraubt. Zudem stelle sich die Frage, wie eine Friedensordnung aussehen könnte.

Der Potsdamer Militär-Historiker Sönke Neitzel hält einen wirklichen Frieden zwischen Russland und der Ukraine in diesem Jahr für unwahrscheinlich. Der Wissenschaftler sagte MDR AKTUELL, ein solcher Friede würde ja bedeuten, dass der Konflikt zwischen Moskau und Kiew gelöst sei. Das könne er sich beim besten Willen nicht vorstellen: "Da reicht meine Phantasie nicht aus."

Beide Seiten haben Preis für Frieden hochgeschraubt

Neitzel erklärte, ein Ende der Kampfhandlungen werde es erst geben, wenn beide Seiten sähen, dass sie mit militärischen Mitteln nicht weiterkommen. Bisher hätten aber weder Russland noch die Ukraine da die letzte Karte ausgespielt.

Zudem hätten beide Seiten in der Öffentlichkeit den Preis für einen Frieden sehr hoch geschraubt. So wolle Russlands Präsident Wladimir Putin weiterhin die Ukraine zerschlagen und Präsident Wolodymyr Selenskyj wolle die Krim und den Donbass zurück. Da würden Bedingungen gesetzt, die einen Kompromiss sehr schwierig machten.

Sieg der Ukraine muss nicht Rückeroberung der Krim bedeuten

Neitzel äußerte zugleich Verständnis für Selenskyj, wenn dieser wie in seiner Neujahrsrede den Sieg der Ukraine wünscht. Er müsse die Ukrainer bei der Stange halten und die Frage beantworten: "Wofür kämpfen wir eigentlich?" Der Historiker betonte aber, ein Sieg heiße nicht unbedingt die Rückeroberung der Krim oder des Donbass. Preußen habe den Siebenjährigen Krieg im achtzehnten Jahrhundert gewonnen, weil es ihn nicht verloren hat. So würde er es auch für die Ukraine sehen. "Solange die Ukraine als Staat erhalten bleibt, hat sie diesen Krieg gewonnen angesichts der strategischen Lage."

Zudem müsse es nach dem Krieg darum gehen, eine konstruktive Friedensordnung zu finden. Das hänge natürlich auch von innenpolitischen Entwicklungen in Russland ab. Die entscheidende Frage aber werde sein: "Kann die russische Bevölkerung, die russische Politik damit leben?" Oder werde es lediglich eine Waffenpause geben, in der sich beide Seiten auf den nächsten Krieg vorbereiten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 03. Januar 2023 | 10:00 Uhr

12 Kommentare

Copper am 03.01.2023

Da haben Sie recht aber niemand will hier das Gesicht verlieren. Die Bedingungen zwischen Aggressor und Überfallenen liegen aber für eine schnelle Beendigung einfach zu hoch. Hier muss die die internationale Gemeinschaft reagieren und mit Lösungen kommen die eben nicht nur immer mehr Waffen sein sollten. Bspw. mit eine entmilitarisierten Pufferzone oder einen Verteidigungsring welcher von dieser Gemeinschaft, die nun mal größer ist, geschützt werden kann. Ich weiß, die Situation ist schwierig und verfahren aber niemand will sich für Lösungen einsetzen um die Dauer und die Folgen dieses Kriegs zu mindern. Klar, wird Putin irgendwann nackt dastehen, das russische Volk endlich erwachen und merken, das es nur getäuscht worden ist. Aber zu welchen Preis, und wollen wir bis zu dieser Erkenntnis weiter nur zuschauen und nur weiter Benzin ins Feuer gießen? Momentan denkt niemand an die Opfer dieses Krieges, nur das Ziel. Der Rest ist egal. Ich dachte gerade der Westen wäre klüger.

Peter am 03.01.2023

"Solange die Ukraine als Staat erhalten bleibt, hat sie diesen Krieg gewonnen angesichts der strategischen Lage."
Putin wird genau das Gegenteil von dem erreichen, was er gewollt hat.
Das ukrainische Volk wird den Russen angesichts derer Kriegsführung auf absehbare Zeit nicht vergeben. Die Ukraine wird sich noch weiter in Richtung Westen und Freiheit aufmachen.
Und der Krieg wird nicht nur durch Waffen entschieden. Er wird auch von Soldaten entschieden, die wissen, wofür sie kämpfen. Und in dieser Beziehung haben die Ukrainer einen unschätzbaren Vorteil.

Peter am 03.01.2023

kleinerfrontkaempfer: Mich würde mal interessieren, wie Sie die Verhandlungsbereitschaft der Herrschers im Kreml einschätzen.
Insbesondere von Interesse wären da die "Kompromisse und Abschläge", welche der Aggressor bereit ist zu machen.

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