Yvonne Herber
Yvonne Herber, 42, kennt die Diagnose erst seit wenigen Wochen: Sie hat Alzheimer. Sie ist eine von etwa 100 Alzheimerpatienten, die so früh daran erkranken. Bildrechte: MDR/WDR/privat

Reportage Leben, lieben, vergessen – Alzheimer mit 40

22. Juli 2023, 15:01 Uhr

Bei Yvonne Herber wird Alzheimer im Frühstadium diagnostiziert. Sie ist 42. Autor Thomas Liesen hat sie und ihre Familie drei Jahre lang bei ihrem mutigen Kampf gegen das Vergessen begleitet. Der Film ist ein ungewöhnlich intensives Porträt einer Familie, die den Kampf antritt gegen eine der gefürchtetsten Krankheiten.

Als Yvonne Herber immer häufiger ihr Handy verlegt und Passwörter vergisst, ist sie selbst nicht allzu beunruhigt. Sie arbeitet als Kauffrau im gleichen Unternehmen wie ihr Mann. Doch ihre Arbeitskollegen wenden sich besorgt an ihren Mann: Yvonne sei zunehmend verwirrt, man müsse etwas unternehmen. Die Untersuchung in der Uniklinik Frankfurt ergibt schließlich die unfassbare Diagnose: Alzheimer im Frühstadium – mit gerade mal 42 Jahren. Eine klassische Alterskrankheit, die brutal in den Alltag einer berufstätigen Frau mit Familie einschlägt.

Geistiger Verfall im Zeitraffer

Yvonne und Hans auf Motorradtour - kaum ein Jahr nach der Diagnose, die ihr Leben verändert hat: Alzheimer.
Yvonne und Hans auf Motorradtour - kaum ein Jahr nach der Diagnose, die ihr Leben verändert hat: Alzheimer. Bildrechte: MDR/WDR/privat

Es gibt kaum eine Erkrankung, die mehr gefürchtet wird. Denn mit Alzheimer droht nicht nur der Tod. Die Persönlichkeit, die Würde stehen auf dem Spiel, wenn nach und nach unzählige Nervenzellen im Gehirn zugrunde gehen. Was kaum jemand weiß: Alzheimer trifft nicht nur alte Menschen. Etwa jeder hundertste Patient bekommt die Krankheit schon sehr früh – manche schon mit Ende 30. Anders als beim "normalen" Alzheimer ist meist ein Gendefekt Ursache des frühen Ausbruchs. Der geistige Verfall läuft dann ab wie im Zeitraffer.

Hans Herber muss sich nun um alles kümmern: die Organisation des Haushalts, Yvonnes Therapien, die Schulprobleme seines Sohnes. Und wichtiger noch: Er will die Familie zusammen halten, seiner Frau und seinem Sohn gerade jetzt Sicherheit und Geborgenheit geben. Hans Herber, der im Schichtdienst arbeitet, kommt bald an seine Grenzen.

Denn der innere Rückzug belastet die Familie fast noch mehr als Yvonnes Vergesslichkeit. Sie nimmt immer weniger Anteil.

Yvonne wirkt zunächst geschwächt. Sie spürt, dass ihr Gedächtnis und die Orientierung beeinträchtigt sind. Doch dann nimmt sie die Herausforderungen der Krankheit an. Was ihr besonders schwer fällt: Dass es ohne Hilfe kaum noch geht.

Ich habe auch die Angst, meinen Mann oder meinen Sohn nicht mehr zu erkennen. So Sachen. Aber ich bin guter Hoffnung, dass es lange dauert bis zu so einem Status.

Yvonne

Derweil hoffen die Ärzte, den rapiden Krankheitsverlauf mit ganz neuen Therapien stoppen zu können. Dazu wollen sie die Ursache genau kennen: Trägt Yvonne wirklich eines der seltenen Alzheimergene? Ein Test soll Aufschluss geben. Aber die Wahrheit könnte auch eine Bürde sein: Denn wenn bei Yvonne das fatale Gen gefunden wird, könnte sie es auch an ihren Sohn vererbt haben – mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent.

Wenn ich mal mit Marc spreche oder irgendwas vergessen habe, dann guckt er mich immer so an und sagt 'Mama' – und streichelt mir über die Schulter. Dann weiß ich: Hat nicht geklappt, was ich sagen wollte.

Yvonne

Dieses Thema im Programm: Nah dran | 18. Juni 2017 | 22:35 Uhr